Stadionbau mit BIM – Supersprint dank digitaler Technologien
- Das Athletics Stadium – Juwel der Südostasienspiele 2019: Für Planung und Ausdetaillierung war das philippinische Büro Aidea Technologies verantwortlich.
- Für die Bauausführung des 73.000 Quadratmeter großen Sportstadions in nur 21 Monaten setzte das Team neben BIM (Building Information Modeling) auch auf konvergente Arbeitsabläufe.
- Dank frühzeitiger Einführung von BIM und digitaler Transformation konnte das Unternehmen trotz Pandemie seine Geschäftskontinuität wahren.
Die Südostasienspiele finden alle zwei Jahre statt. Dann treten Sportler aus elf südostasiatischen Ländern im Wettkampf um die Medaillen gegeneinander an, und die Mitgliedstaaten fungieren reihum als Gastgeber. 2019 waren die Philippinen an der Reihe, die 30. SEA (Southeast Asian) Games auszurichten. Und sie brauchten dafür rasch ein neues Stadion.
Während der Spiele gab es 530 Veranstaltungen in 56 Sportarten. Dafür wünschte sich das Land ein ultramodernes Stadion, das als Herzstück der sportlichen Begegnung dienen sollte. Mit der Umsetzung dieser Vision wurde Aidea Technologies beauftragt. Das weltweit tätige Architektur- und Planungsbüro hat seinen Hauptsitz in der philippinischen Hauptstadt Manila. Zu den Elementen des Architekturprojekts gehörte die Umsetzung des Entwurfs, die Erstellung des digitalen Modells und die Entwicklung des Feinentwurfs für das Athletics Stadium und das Aquatics Center. Der Standort beider Objekte befindet sich etwa 130 km nordwestlich von Manila in New Clark City (Provinz Tarlac). Für das 73.000 Quadratmeter große Sportstadion waren eine Sitzplatzkapazität von 20.000, eine 400-Meter-Ovalbahn mit insgesamt neun Bahnen sowie Aufwärmbahnen im Innen- und Außenbereich vorgesehen. Das Wassersportzentrum „Aquatics Center“ sollte knapp 13.000 Quadratmeter groß sein und mit einem Olympia-Becken, einem Trainingsbecken, einem Tauchbecken und insgesamt 2.000 Zuschauerplätzen ausgestattet sein.
Der Entwurf und die Ausdetaillierung eines Sportstadions sind ein gigantisches Unterfangen. Ein enger Zeitplan erschwerte die Aufgabe zusätzlich. Als das Team von Aidea das Mammutprojekt 2018 in Angriff nahm, blieben ihm bis zum Beginn der Spiele im November 2019 nur ganze 21 Monate. Trotz Arbeitsumfang und Zeitdruck war das Unternehmen fest entschlossen, dieses Projekt zu einem Erfolg für alle Beteiligten zu machen. Zu den Mitwirkenden gehörten neben Aidea die Konzeptarchitekten von Budji + Royal Architecture + Design und das Bauunternehmen Hilmarc’s Construction Corporation sowie AlloyMTD Philippines Inc. als Auftraggeber und Bases Conversion and Development Authority als Eigentümer.
Aldwin Beratio ist stellvertretender Studioleiter bei Aidea. Er stellt deutlich klar, welche Bedeutung das Vorhaben für sie hatte: „Kein Erfolg war hier einfach keine Option, denn es steht mehr als nur der Stolz unseres Unternehmens auf dem Spiel: der Stolz der Philippinen. Das Athletics Stadium ist ein einmaliges Projekt für uns. Für seine Verwirklichung haben wir uns von den immensen Trainingsleistungen, dem Engagement und dem Nationalstolz unserer Athleten inspirieren lassen.“
Kooperation für Planung & Ausführung
„Bei den meisten Projekten gibt es eine Trennung zwischen Konstruktion und Planung: Der Fokus eines Bauunternehmers liegt darauf, sein Projekt fristgerecht und budgetgetreu fertigzustellen, während ein Planer darauf bedacht ist, die Integrität seines Bauplans zu schützen“, erklärt Aldwin Beratio. „Bei diesem Projekt aber einte uns alle das gemeinsame Ziel: Wir wollten ein Sportstadion von Weltrang bauen, auf das die Filipinos stolz sein können.“
Wie bei jedem Design-Build-Projekt war auch beim Stadionbau die Zusammenarbeit entscheidend. Die Planungs- und Bauteams verlegten sich auf eine konvergierende Arbeitsweise, um die fristgerechte Umsetzung des Projekts zu gewährleisten. So brachten Aidea-Mitglieder dem Bauteam z. B. BIM (Building Information Modeling) bei. Dazu Ronil Tamaca, Head of Operations bei Aidea Technologies: „Indem wir sie dabei unterstützten, die Technologie zu verstehen, konnten wir Synergieeffekte erzielen und gleichzeitig die Verpflichtung vermitteln, das Projekt gemeinsam mit uns erfolgreich abzuschließen.“
Einfach gestaltete sich die Zusammenarbeit nicht: Die Auftragnehmer – einschließlich des Hauptauftragnehmers Hilmarc’s Construction Corporation – arbeiteten natürlich vor Ort in New Clark City. Das Aidea-Team saß in Manila, ca. zwei Autostunden entfernt. Die Distanz ließ sich mithilfe von Technologie überbrücken. „Dank E-Mails und Videokonferenzen konnten wir effizient zusammenarbeiten“, so Aldwin Beratio. „Der Auftragnehmer schickte uns Bilder und Videos in Echtzeit, damit wir mögliche Probleme ebenfalls in Echtzeit angehen konnten.“
Will man Fehler oder Nacharbeiten vermeiden oder minimieren, kommt es darauf an, in einer kurzen Durchlaufzeit konstante Qualität zu liefern. Aidea fuhr die strategische Linie, alle potentiellen Probleme auf einer Baustelle vorherzusehen und sie noch vor Baubeginn zu lösen. Mit Autodesk Revit gestaltete das Team ein intelligentes Modell des Gebäudes mit exakten Abmessungen. Anschließend verwendete das Team Autodesk Navisworks für Simulationen, um das Modell zu testen und mögliche Probleme aufzudecken. Mary Anne Nicolas, General Manager bei Aidea Technologies, beschreibt ihre Vorgehensweise so: „Mit BIM konnten wir sicherstellen, dass unsere Planung auf einer soliden Basis steht: Wir glichen alle Parameter mit der Art ihrer Umsetzung ab.“
Und der stellvertretende Studioleiter Beratio fügt hinzu, dass die Bereitstellung des intelligenten Modells dem Bauteam die Gelegenheit gab, die Machbarkeit des Entwurfs zu überprüfen: „Wir konnten noch vor Baubeginn entsprechende Anpassungen vornehmen, sodass alles auf Anhieb stimmte.“
Das Modell diente als zentraler Datenbestand für Planung und Bauausführung, was die reibungslose Zusammenarbeit beider Teams vereinfachte. Mary Anne Nicolas: „Unser BIM-Modell war die einzige Quelle, aus der all unsere Daten generiert wurden. Dadurch konnten wir gewährleisten, dass alles auf dem neuesten Stand war und die Bauunternehmer immer die aktuellsten Zeichnungen erhielten. Das BIM-Modell bot uns einen Systemstandard, mit dem wir uns alle koordinieren konnten.“
Der kollaborative Ansatz bei Planung und Bau erwies sich als effektive Strategie: Das Stadion wurde zwei Monate früher als geplant fertiggestellt. Dazu Aldwin Beratio: „In diesen beiden Monaten konnten unsere philippinischen Sportler ein Gefühl für den Wettkampfbereich gewinnen – ein echter Heimvorteil.“
Frühzeitige BIM-Einführung und digitale Transformation
Aidea hatte sich bereits früh für den Einsatz der damals noch neuen BIM-Methodik entschieden und damit auch den Weg für den Erfolg des Stadionprojekts geebnet. Mary Anne Nicolas berichtet von den ersten Erfahrungen: „2005 haben wir rasch auf BIM umgestellt. Dieses Projekt bestätigte uns in unserer Entscheidung, denn die Technologie versetzte uns in die Lage, unsere Prozesse zu standardisieren, Zeitpläne einzuhalten und einen disziplinierten Ansatz für die Prozessabwicklung festzulegen.“ Zu diesem Zeitpunkt begann BIM sich in der Branche gerade erst durchzusetzen. So war es von Aidea wirklich visionär, den Weg der digitalen Transformation einzuschlagen.
Auch als 2020 die Covid-19-Pandemie ausbrach, kam Aidea die digitale Transformation zugute. „Glücklicherweise hatten wir die Infrastruktur für das mobile Arbeiten schon vor der Pandemie geschaffen“, erinnert sich Aideas CEO Abelardo „Jojo“ Tolentino Jr. „Der Übergang zu BIM war nicht einfach. Unser Lernprozess bestand aus Versuch und Irrtum. Aber dass wir zu den frühen Anwendern gehörten, verschaffte uns auch die Zeit, unsere Systeme und Prozesse zu testen und gewissermaßen unsere Mentalität zu überdenken. Wir erzielten Geschäftskontinuität in Bezug auf Arbeitsabläufe, Koordination und Projektabwicklung. Und die Tatsache, dass wir die Technologie in unserem Unternehmen vorzeitig einführen konnten, hat uns gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg waren.“
Der Weg in die Zukunft: noch mehr Konvergenz
Die neuen Erkenntnisse, die das Aidea-Team beim Stadion-Projekt gewinnen konnte, werden auch schon bei den aktuellen Projekten angewendet. „Früher haben wir zuerst die Planung gemacht und dann die BIM-Modelle. So war BIM einfach nur ein Hilfsmittel für die Bauausführung“, verrät Aldwin Beratio. „Nun setzten wir BIM schon zu Anfang eines Projekts ein, um unsere Entwürfe mit den jeweiligen Daten zu unterfüttern. Außerdem können wir so sicherstellen, dass die Planungen praktikabel sind und dass wir im Kostenrahmen operieren.“
Außerdem ist für das Unternehmen eine konvergentere Arbeitsweise in Sicht – ähnlich der, die sie für das Stadionprojekt entwickelt hatten. „Wir beobachten einen Trend zur Integration anstelle eines linearen, entkoppelten Prozesses“, verrät uns CEO Tolentino. „Früher ging es immer um organisches Wachstum und die Gründung neuer Standorte in verschiedenen Erdteilen. Heute hat sich dieses Modell gewandelt, jetzt stehen Partnerschaften mit gleichgesinnten Fachleuten aus aller Welt im Vordergrund. Die Geografie ist in einer zunehmend digitalen Welt keine Einschränkung mehr. Ich finde es spannend, mitzuerleben, wie sich diese Zukunft entwickelt.“