Wenn aus CAD BIM wird: So klappt die Umstellung im Bau-Bereich
- Building Information Modeling (BIM) ist ein entscheidender Schritt für die Baubranche, um eine effizientere und reaktionsfähigere Planung und Konstruktion zu ermöglichen
- Der Übergang von CAD zu BIM erfordert eine Änderung der Prozesse, der Richtlinien und der Einstellung der Menschen in der Branche
- Generatives Design, das auf computergestütztem bzw. parametrischem Design basiert, wird die Architektur in Zukunft beflügeln und es Computern ermöglichen, effizienter zu entwerfen als Menschen
Mit Fortschreiten der Technik ergeben sich zwangsläufig Verluste – aber auch Chancen: Mit dem Aufkommen der drahtlosen Kommunikation benötigen die Menschen keine Elektrofachmärkte mehr, sondern vielmehr Cloud-Dienstleister wie Google und Amazon. Im Zeitalter der digitalen Medien mietet man Filme nicht mehr in der Videothek – man streamt sie bei Netflix. Und mit dem Aufstieg der sozialen Medien fotografiert man nicht mehr mit Polaroidkameras – man macht Aufnahmen mit Smartphones und teilt sie dann auf Instagram.
Menschen kommunizieren natürlich immer noch, schauen sich Filme an und machen Fotos. Aber die Mittel bzw. Methoden, die sie dazu verwenden, haben sich verändert. So auch in der Architektur, im Ingenieur- und im Bauwesen (AEC = Architecture, Engineering, Construction), berichtet Bill Allen, Partner und Direktor der Building Information Management (BIM) Services bei EvolveLAB, einem Unternehmen für Computerdesign und BIM-Beratung in Denver. Schritt für Schritt bereicherte BIM CAD als bevorzugte Methode für die Planung und Entwicklung von AEC-Projekten.
Was ist der Unterschied zwischen BIM und CAD?
BIM und CAD sind zwei unterschiedliche Technologien, die in der Architektur- und Baubranche verwendet werden. CAD steht für Computer Aided Design, BIM für Building Information Modeling. Obwohl beide Technologien dazu dienen, Gebäude und Bauprojekte zu entwerfen und zu visualisieren, unterscheiden sie sich in ihrem Ansatz und ihren Funktionen. Kurz gesagt, wird CAD vor allem für die Erstellung von Entwurfszeichnungen verwendet, während BIM Software für die Erfassung von Informationen über das gesamte Bauprojekt und seine Lebensdauer eingesetzt wird.
Im Allgemeinen ist CAD eine 2D- oder 3D-Konstruktionssoftware, die hauptsächlich zur Erstellung von Zeichnungen und Plänen verwendet wird. Sie ermöglicht es Architekten und Ingenieuren, präzise Entwürfe zu erstellen, die dann als Vorlage für die Umsetzung des Bauprojekts dienen.
BIM hingegen ist eine Methode, die den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes von der Planung über den Bau bis hin zur Instandhaltung in der Cloud abdeckt. Sie integriert nicht nur den Entwurf, sondern auch Informationen über Materialien, Kosten, Zeitplanung und Bauprozesse. So können sich Architekten und Ingenieure bereits vor dem Bau ein umfassendes Bild davon machen, wie das Gebäude funktionieren wird und wie es instand gehalten werden kann.
BIM bereichert CAD: Ein entscheidender Schritt Richtung Zukunft
„BIM ist wirklich phänomenal, wenn man überlegt, wie es uns bei der Erreichung unserer Ziele voranbringt“, erklärt Allen. BIM, so sagt er, sei für den Bereich AEC ein entscheidender Schritt in Richtung einer spannenden technologischen Entwicklung: des generativen Designs. Auf der Grundlage von Computerdesign oder parametrischer Konstruktion nutzen Softwarealgorithmen BIM, um Architekten bei der Gestaltung von Gebäuden zu unterstützen, die bestimmten Einschränkungen und Anforderungen – wie beispielsweise Tageslicht oder Wärmeverhalten – unterliegen. „Algorithmen können heute in wenigen Tagen (Gebäude-) Daten verarbeiten und 17.000 verschiedene Gestaltungsoptionen auswerfen“, erklärt er.
Durch die Automatisierung der Konstruktionsoptimierung können Computer selbsttätig aus Tausenden von möglichen Gestaltungsvarianten die Konstruktionen auswählen, die den Anforderungen eines Projekts am besten entsprechen. „Computer werden Dinge um ein Vielfaches effizienter entwerfen können als Menschen“, so Allen.
Drei grundlegende Faktoren für den Übergang von CAD zu BIM
Die flächendeckende Einführung von BIM ist eine vielversprechende Zukunft, in der Planung und Konstruktion für den Endverbraucher günstiger, sicherer, effizienter und reaktionsschneller sein werden. Es gibt nur ein Problem: Trotz der Vorteile von BIM halten manche Branchenprofis immer noch an altbewährten Arbeitsweisen fest. Wer diese Hürde überwinden und die neue Gebäudegeneration einläuten will, muss sich Allen zufolge auf drei grundlegende Faktoren des Fortschritts konzentrieren: Prozesse, Richtlinien und Menschen.
1. Prozesse
Auch Profis, die die Vorteile von BIM verstehen, tun sich bei der Einführung schwer, also versuchen sie, die neue Technologie auf alte Prozesse anzuwenden. „Viele wollen aus Gewohnheit alte Prozesse nutzen“, meint Allen.
Das Ergebnis ist das Äquivalent eines quadratischen Zapfens in einem runden Loch. Zu den Vorteilen von BIM gehören zum Beispiel erhöhte Geschwindigkeit und Effizienz. Dennoch machen viele Planer den Fehler, Daten manuell einzugeben, was weder schnell noch effizient ist.
„Planer haben auf einem Monitor ihren Gebäuderaumplan in Excel und auf einem anderen [die Autodesk-Software] AutoCAD oder Revit und erstellen Daten manuell noch einmal, obwohl sie automatisch Daten aus Excel für Revit konvertieren könnten“, erklärt Allen. Ähnliche Datenabfälle würden über den gesamten Lebenszyklus eines Projekts hinweg produziert. „Meine Aufgabe ist es, die Menschen über neue Prozesse aufzuklären und ihnen bessere Arbeitsweisen aufzuzeigen.“
2. Richtlinien
Manchmal sind auch jenen, die BIM-freundliche Prozesse einführen möchten, durch Firmenrichtlinien die Hände gebunden.
Rechtsabteilungen sind Allen zufolge häufig ein Hindernis, da Verträge in vielen Fällen nicht mit der Technik Schritt halten. Er ist der Meinung, dass BIM am besten funktioniert, wenn alle an einem Projekt arbeitenden Parteien Informationen frei austauschen können. Ein derartiger Informationsaustausch wird jedoch häufig aus Gründen der Haftung und zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten durch Verträge unterbunden: Würde etwas schief gehen, wenn ein Subunternehmer auf der Basis von Informationen vom Architekten handelt, könnten Subunternehmer oder Projektinhaber den Architekten verklagen. Deshalb müssen Lösungen Unternehmen einerseits schützen, dabei aber gleichzeitig die Zusammenarbeit fördern.
Unternehmen können sich schützen, indem sie Filter auf die ausgetauschten Informationen anwenden – Baupläne können grün, gelb oder rot gekennzeichnet werden, je nachdem ob Informationen endgültig, vorläufig oder unvollständig sind. Durch die wechselseitige Zusammenarbeit können alle beteiligten Parteien sich zu Beginn eines Projekts auf Definitionen, Prozesse, Richtlinien und Parameter einigen. Dadurch wird das Risiko reduziert und die Arbeitsabläufe gestrafft.
3. Menschen
Der dritte und letzte Teil im BIM-Puzzle ist das Team hinter den Prozessen und Richtlinien. „Meiner Meinung nach stellt der menschliche Aspekt die größte Herausforderung dar. Sie können noch so viele Best Practices, Richtlinien, White Papers, Anleitungen und Dokumente haben, aber wenn Ihr Team nicht mitzieht, ist es schwer, in einem Unternehmen Veränderungen umzusetzen“, sagt Allen.
Obwohl BIM der besseren Nutzung von Technologie dient, beginnt der kulturelle Wandel offline. Allen betont, wie wichtig der Aufbau zwischenmenschlicher Beziehungen sei und dass diese bei der Einführung technologischer Veränderungen der entscheidende Faktor sein könnten.
„Wenn wir lernen könnten, unsere Egos abzulegen und als Team miteinander statt gegeneinander zu arbeiten, wäre das sehr hilfreich“, sagt er.
BIM Software revolutioniert die Arbeitswelt
Darüber hinaus sei es essenziell, nicht nur mit den beteiligten Personen bessere Beziehungen zu pflegen, sondern auch mit der Technik, und diese nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu sehen.
„Man muss anpassungsfähig sein und sich mit der Technik weiterentwickeln, um langfristig zu überleben“, sagt Allen, der generative Gestaltung mit autonomen Fahrzeugen vergleicht. In einer Welt mit fahrerlosen Autos benötigten Unternehmen keine Lkw-Fahrer mehr, sondern Experten im Lkw-Fahren zur Verwaltung und Beaufsichtigung ihrer autonomen Flotten. „Neue Technologien werden neue Arbeitsplätze und neue Spezialisierungen schaffen. Planer werden gleichzeitig Computerdesigner sein. Und anstelle von Planern, die statische Modelle gestalten, werden Firmen Experten für generative Gestaltung beschäftigen.“
Sofern man sich den neuen Technologien stellt und die entsprechenden Kenntnisse aneignet. Wer dies nicht tut, läuft Gefahr, abgehängt zu werden.
„Es geht nicht nur um einen Job. Es geht darum, dass man dazulernt, sich ständig neu erfindet und innovativ ist“, sagt Allen. Seiner Meinung nach werden diejenigen vorankommen, die kontinuierlich in Bildung, Ausbildung und Entwicklung investieren. „So frustrierend es zuweilen ist: Disruption ist Realität.“
Dieser Artikel wurde aktualisiert. Er wurde ursprünglich im April 2017 veröffentlicht.