Goldbeck – ein deutscher Baumeister im Silicon Valley
- Das Bielefelder Traditionsunternehmen Goldbeck ist das größte Bauunternehmen in deutscher Hand
- Jedes zweite oberirdische Parkhaus in Deutschland ist ein „Goldbeck“-Parkhaus, zudem war das Unternehmen maßgeblich an dem Bau der Tesla-Fabrik in Brandenburg beteiligt
- Vor Kurzem zog Goldbeck unter Führung von Maximilian Schütz, Managing Partner von Goldbeck US und Abteilungsleiter für Building Information Modeling (BIM) und Digitalisierung, mit einem Teil der Belegschaft ins Silicon Valley. Die Mission: Mehr Tech ins deutsche Baugeschäft bringen, um die Branche „nachhaltig“ zu verändern
„Jörg-Uwe und Jan-Hendrik Goldbeck leisten gerade Pionierarbeit bei der Weiterentwicklung digitaler Tools in der Baubranche und legen damit das Fundament für weitere Wachstumssprünge in der Zukunft“ – mit diesen Worten wurde Goldbeck 2019 zum deutschen Familienunternehmen des Jahres gekürt.
Inspiration für digitale Innovationen in der Baubranche holt sich Goldbeck derzeit aus dem Silicon Valley – im Sommer 2019 schickte das Unternehmen drei langjährige Mitarbeiter unter Führung von Maximilian Schütz, Managing Partner von Goldbeck US und Abteilungsleiter für Building Information Modeling (BIM) und Digitalisierung, in das Tech-Eldorado. Sie sollen Zukunftstrends aufspüren und ihre Erfahrung nach Deutschland bringen. Damit wollen sie sich die Rolle des Digitalpioniers in der Baubranche langfristig sichern.
„Wir bei GOLDBECK haben als erstes deutsches Unternehmen der Branche einen Tech & Innovation Hub im Silicon Valley gegründet”, so Maximilian Schütz gegenüber dem Pioneers Club.
Durch die Nähe zu Start-ups und etablierten Tech-Firmen wie Autodesk will Goldbeck herausfinden, inwiefern Künstliche Intelligenz auf dem Bau eine Rolle spielen wird, Baustellenroboter die Arbeit erleichtern und Drohnen für neue Aus- und Einblicke sorgen. „Es ist ein großer Vorteil, sich einmal in der Woche face to face mit einem erfahrenen Produktentwickler von Autodesk im Headquarter zu unterhalten. Das bringt die Kooperation auf eine intensive Ebene“, so Tim Schönheit, einer der drei Goldbeck-Mitarbeiter.
Das Interesse an digitalen Tools macht Goldbeck zu einem Digital-Experten in der Branche. Dabei hat das Unternehmen eine eher handwerkliche Vergangenheit. Ortwin Goldbeck gründete als 30-jähriger Ingenieur mit gerade mal sieben Mitarbeitern im Jahr 1969 einen kleinen Stahlbaubetrieb. Über fünf Jahrzehnte später zählt das Bielefelder Unternehmen 7.500 Mitarbeiter und ist immer noch in Familienhand, in zweiter Generation.
Obwohl Goldbeck heute Bürogebäude und Schulen baut, Logistik- sowie Produktionshallen fertigt und reihenweise Parkhäuser auf den Markt bringt, sieht sich das Unternehmen weniger als klassisches Bauunternehmen, sondern mehr als Tech-Experte in der Baubranche.
Digitale Tools sparen Zeit, Geld und Ressourcen im Bau
Goldbeck ist seit jeher technologisch geprägt, weil es Bauprojekte nicht in konventioneller Bauweise realisiert, sondern im System. Das Unternehmen fertigt die Elemente industriell in eigenen Werken vor, montiert sie vor Ort und übergibt schlüsselfertige Gewerbebauten. „Unsere Entwicklung zum Tech-Unternehmen würde ich darum als evolutionär und weniger als revolutionär beschreiben,“ sagt Jan-Hendrik Goldbeck, Geschäftsführender Gesellschafter, in einem Interview mit der Neuen Westfälischen.
In der Bielefelder Traditionsfirma ist man überzeugt, durch automatisierte und cloudbasierte Prozesse Zeit und Geld zu sparen sowie ressourcenschonender zu bauen. „Durch das digitale Projektmanagement-Tool Autodesk BIM 360 können wir viel performanter arbeiten. Das wurde uns vor allem während Corona und der Homeoffice-Zeit bewusst”, so Mark Jäckel. Er ist gemeinsam mit Maximilian Schütz Abteilungsleiter für Building Information Modeling (BIM) bei Goldbeck. Jäckel und Schütz leiten außerdem den neuen Firmen-Standort im Silicon Valley.
„Durch das digitale Projektmanagement-Tool Autodesk BIM 360 können wir viel performanter arbeiten. Das wurde uns vor allem während Corona und der Homeoffice-Zeit bewusst”, so Mark Jäckel.
Goldbeck betrachtet seine Projekte ganzheitlich. Alle Spezialisten, die es für ein Bauprojekt braucht, hat Goldbeck unter seinem Unternehmensdach. In der Integralen Planung bündelt das Unternehmen die Leistungen, die nicht nur für die bauliche Umsetzung, sondern auch für die Konzeption eines Gebäudes notwendig sind. „Niemand würde heute ein Auto bauen auf der Grundlage von Zeichnungen und Plänen eines {…} Designers, eines Radbauers, eines Autoelektrikers und 30 anderer Autofachleute. Beim Bauen von Gebäuden ist das aber oft noch so, weil es immer so war“, sagt Jan-Hendrik Goldbeck gegenüber dem Magazin brand eins. Die Automobilbranche ist deswegen das große Vorbild für Goldbeck.
Goldbeck schafft das Parkhaus der Zukunft
Das Unternehmen betreibt zudem inzwischen einen großen Teil seiner Parkhäuser selbst und hat mit „wannda“ kürzlich eine ÖPNV-App für Wien gelauncht. Die Karte zeigt alle umliegenden GOLDBECK Parkhäuser in Wien an, wo Nutzer ihr Auto stehen lassen und öffentlich weiterfahren können.
In den Augen von Goldbeck wird das Parkhaus digitaler werden und in Zukunft ein multimediales Mobility- und Service-Hub sein. Es wird nicht nur „Parkstelle“ sein, sondern auch E-Tankstelle, während die Besitzer mit einem E-Roller oder E-Bike weiterfahren – so die Zukunftsvision. Der Strom für die Fahrzeuge wird aus regenerativen Quellen kommen. Das Gebäude wird durch Generatives Design weitgehend automatisiert geplant – zudem ist es kleiner, weil durch autonomes Einparken nicht mehr so viel Platz gebraucht wird.
Auf seiner Website schreibt Goldbeck selbst, dass wir ein Parkaus benötigen, das heute schon an morgen denkt, Handlungsfreiheit schenkt und uns fit für die Zukunft macht. Und egal wie die Zukunft ausschauen wird – feststeht, sie muss nachhaltiger sein. „Wenn man sich den Ressourcenverbrauch beim Bauen und die Menge an Abfall ansieht, die produziert wird, wenn wir Gebäude abreißen, sehen wir, dass wir dringend eine Ressourcenwende brauchen und intelligenter bauen müssen“, so der Berliner Staatssekretär für Umwelt und Klimaschutz Stefan Tidow bei dem bautec-Forum zum Thema Recycling Anfang 2020 in Berlin.
Davon ist auch Jan-Hendrik Goldbeck überzeugt: „Wir als Baubranche müssen cradle to cradle denken. Wirklich von der Herstellung der Rohstoffe, über das Bauen, über die Betriebsphase bis hin zum Abriss und der Wiederverwendung der Stofflichlichkeit“. Klimaneutrales Bauen ist deswegen ein ganz klares Ziel von Goldbeck. Vor dem Hintergrund dieses nachhaltigen Ansatzes und mit dem Blick auf den Think-Tank im Silicon Valley scheint es fast folgerichtig, dass Goldbeck auch maßgeblich an dem Bau der Tesla-Fabrik in Brandenburg beteiligt war. Es wird nicht die letzte Nachricht aus dem Hause Goldbeck sein, welche die Baubranche „nachhaltig“ verändern wird.
Dieser Artikel wurde aktualisiert. Er wurde ursprünglich im Juli 2020 veröffentlicht.