Grünes Bauen: So blicken Vertreter der Branche in die Zukunft

Mit einer Marktgröße von über 0,5 Billionen US-Dollar erobern grüne Baukonzepte die Branche. Welche Innovationen weisen den Weg in eine nachhaltige Zukunft?

Blick hinauf an einem Hochhaus mit teilweise begrünter Fassade.

Delaney Rebernik

15. April 2025

Min. Lesedauer
  • Der globale Markt für Green Buildings hat im letzten Jahr die Marke von 0,5 Billionen US-Dollar geknackt und könnte im kommenden Jahrzehnt auf mehr als eine Billion anwachsen

  • Unternehmen, die in nachhaltiges Bauen investieren, profitieren unter anderem von gesteigerten Vermögenswerten, geringeren Betriebskosten und einer schnelleren Amortisierung. Vor diesem Hintergrund legen Fachkräfte ihre Bedenken aufgrund hoher Anfangskosten zunehmend ab

  • Zu den wichtigsten Anwendungsfällen für neue und fortgeschrittene grüne Bautechniken zählen die Realisierung von Netto-null- und Netto-positiv-Gebäuden, die Eindämmung projektbezogener grauer Emissionen („embodied carbon“), die Umsetzung resilienter und passiver Gebäudekonzepte, der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen zur Prozessoptimierung und Planung intelligenter Gebäude sowie die Umrüstung bestehender Strukturen mit grüner Technologie

Für die Zukunft sehen Vertreter der nachhaltigen Bauwirtschaft grün.

Im Jahr 2023 war der globale Markt für sogenannte Green Buildings bereits mehr als eine halbe Billion US-Dollar wert. Im Zuge weltweiter Bemühungen um Klimaneutralität 2050 könnte diese Zahl in den kommenden zehn Jahren auf über eine Billion US-Dollar anwachsen – eine Steigerung auf mehr als das Doppelte.

Der Aufschwung ist ebenso erfreulich wie dringend erforderlich: Laut Architecture 2030 ist der Bausektor für 42 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich und trägt in erheblichem Maße zu Umweltzerstörung, Energieverbrauch, Ressourcenverknappung und Luftverschmutzung bei.

Höchste Zeit also, zu handeln. Mithilfe nachhaltiger Baukonzepte sollen Gebäude entlang ihres gesamten Lebenszyklus umweltschonender und ressourceneffizienter werden. Argumente gibt es genug: Neben enormen Kosteneinsparungen und einer verbesserten CO2-Bilanz lassen sich durch ökologische Ansätze lebenswertere Umgebungen für Menschen, Tiere und Pflanzen gestalten.

Ein wesentlicher Baustein der nachhaltigen Entwicklung ist der Einsatz grüner Bauweisen. Das Vertrauen in die Maßnahmen ist groß: Im Jahr 2023 veröffentlichte der U.S. Green Building Council (USGBC) mit dem Bericht Green Building Trends and Sentiments das Ergebnis einer Umfrage unter mehr als 500 Fachkräften aus dem Bereich nachhaltiges Bauen. Die Befragten zeigten sich zuversichtlich, dass durch Umsetzung geeigneter Methoden wirksam gegen den Klimawandel vorgegangen werden könne.

In seinem 2021 erschienenen Bericht World Green Building Trends von führt das Unternehmen Dodge Data & Analytics (kurz: Dodge) die wichtigsten Anwendungen für neue und fortgeschrittene grüne Bautechniken auf. Dazu zählen demnach die Realisierung von Netto-null- und Netto-positiv-Gebäuden, die Eindämmung projektbezogener grauer Emissionen („embodied carbon“), die Umsetzung resilienter und passiver Gebäudekonzepte und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen zur Prozessoptimierung und Planung intelligenter Gebäude.

Was bedeutet nachhaltiges Bauen?

Moderne Green Buildings mit innovativer Fassaden- und Dachbegrünung.
Green Buildings sollen den Bausektor umweltfreundlicher machen.

Im Zentrum des nachhaltigen Bauens stehen Green Buildings – „grüne Gebäude“ also, die sich durch ihre ökologische, ökonomische und soziale Leistungsfähigkeit auszeichnen und darauf ausgelegt sind, die Belastung durch die gebaute Umwelt für Menschen, Tiere, Pflanzen und Klima zu reduzieren. Strukturen dieser Art entstehen raum- und sektorübergreifend. Besonders stark vertreten sind sie in der Erhebung von Dodge bei gewerblichen und institutionellen Neubauprojekten sowie bei der Umrüstung und Modernisierung von Bestandsbauten (S. 10).

Voraussetzungen, Prinzipien und Prioritäten

Nach Definition von Dodge muss ein Bauprojekt jedes der folgenden Kriterien erfüllen, um als „grün“ zu gelten (S. 75):

  • Effiziente Nutzung von Ressourcen wie Energie und Wasser

  • Minimierung von Schadstoffbelastung und Abfällen sowie Förderung von Wiederverwendung und Recycling

  • Gute Innenraumluftqualität

  • Einbeziehung der Umwelt in Planung, Bau und Betrieb

Dazu kommen weitere Merkmale und Verfahren, die nach Möglichkeit berücksichtigt werden sollten:

  • Bezug von Energie aus erneuerbaren Quellen und Einsatz gesundheitlich und ethisch unbedenklicher sowie nachhaltiger Baumaterialien

  • Einbeziehung der Wohnqualität in Planung, Bau und Betrieb

  • Adaptive Gestaltung zur Anpassung an sich verändernde Umweltbedingungen

  • Verpflichtung zu Netto-null-Emissionen

Der Erfolg eines nachhaltigen Bauprojekts misst sich insbesondere an der Energiebilanz, wie der USGBC in seiner Studie feststellt: Für 77 % der Befragten ist sie der wichtigste Indikator. Weitere Erfolgsindikatoren sind:

  • Zertifizierung als Green Building (69 %)

  • Höhere Nutzer- und Bewohnerzufriedenheit (53 %)

  • Verbesserte Innenraumluftqualität (52 %)

  • Reduzierter Wasserverbrauch (48 %)

Entwicklung der nachhaltigen Bauwirtschaft 

Die Idee des grünen Bauens ist alles andere als neu: Bereits vor Tausenden von Jahren bedienten sich Menschen lokal vorkommender und nachwachsender Rohstoffe. Ein steigendes Umweltbewusstsein – und steigende Ölpreise – begründeten in den 1960er- und 1970er-Jahren schließlich die moderne Bewegung. Angesichts wachsender Sorge über Luftverschmutzung, Ressourcenabbau und Umweltzerstörung nahm man zu dieser Zeit verstärkt nachhaltige Entwicklungsstrategien in den Blick.

In den Folgejahrzehnten mündete diese Anfangsdynamik in die Einführung von Standards und Zertifizierungen. Ein besonders prominentes Beispiel ist das Klassifizierungssystem LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) des USGBC, das seit 1998 Anwendung findet. LEED definiert Kriterien für Planung, Bau und Betrieb ökologischer Gebäude und liefert ein Framework zur Beurteilung von Projekten hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit. Mit 197.000 Zertifizierungen in 186 Ländern und Territorien gilt das System bis heute als das international einflussreichste Bewertungsinstrument für grüne Bauprojekte. Weitere maßgebliche Programme sind BREEAMGreen Star, der WELL Building Standard sowie die deutschen Zertifizierungssysteme DGNB und BNB.

Vorteile des nachhaltigen Bauens

Ein Mann zeigt seiner Kollegin etwas auf einem Tabletcomputer.
Investitionen in Green Buildings amortisieren sich bereits nach drei Jahren.

Auch abgesehen von ökologischen und regulatorischen Erfordernissen gibt es gute Gründe für grünes Umdenken. Für Fachkräfte im Bereich AECO (Architektur, Ingenieurwesen, Bauwesen und Gebäudebetrieb) birgt die Neuausrichtung sowohl geschäftlichen als auch gesellschaftlichen Nutzen.

Geschäftlicher Nutzen

Eine Forschungssynthese von The Sustainabilist kommt zu dem Ergebnis, dass für den Betrieb von Green Buildings 14 % weniger Kosten anfallen als bei Gebäuden nach konventioneller Bauweise. Da sie außerdem 20 bis 35 % weniger Energie verbrauchen, lässt sich der anfängliche Investitionsaufwand in nur drei bis fünf Jahren wieder hereinwirtschaften. Historische Schätzungen waren noch von 15 bis 20 Jahren ausgegangen.

Dieser Befund deckt sich mit den Umfrageergebnissen von Dodge: Tatsächlich verzeichneten Teilnehmende in den ersten zwölf Monaten durchschnittliche Einsparungen von 10,5 % im Gebäudebetrieb und von 16,9 % im Laufe der ersten fünf Jahre. Unter den Befragten profitierten insbesondere diejenigen von finanziellen Vorteilen, die ihren Schwerpunkt auf grüne Projekte legen (S. 5).

Nachhaltige Investitionen wirken sich zudem positiv auf die langfristige Wertentwicklung eines Objekts aus: Weit über 90 % der Eigentümer, Investoren, Architekten und Ingenieure schätzen den Vermögenswert grüner Neubauprojekte über Jahre hinweg beständig höher ein als den ihrer konventionellen Pendants (S. 27). Eigentümer und Investoren beziffern die Wertsteigerung bei grün gebauten und sanierten Gebäuden im selben Vergleich auf durchschnittlich 9 % (S. 5).

Umweltbezogener und gesellschaftlicher Nutzen

Vieles spricht für den Umstieg auf grüne Alternativen – angefangen bei der Einsparung von Energie und Wasser über die Reduzierung von Treibhausgasemissionen bis hin zur Verbesserung der Raumluftqualität und dem Erhalt natürlicher Ressourcen. Im Vergleich zu konventionellen Gebäuden ist die Umweltbelastung durch Green Buildings um 14 % geringer und es werden 18 bis 85 % weniger Treibhausgase ausgestoßen, so die Analyse des Sustainabilist.

Doch nicht nur die Umwelt profitiert: Wie die Recherche von USGBC und Dodge ergibt, geht es bei Nachhaltigkeitsbemühungen im Bausektor auch um den Schutz der menschlichen Gesundheit – einschließlich der Verbesserung von Wohn- und Lebensqualität.

In den USA, wo sich die Bevölkerung etwa 90 % der Zeit in Innenräumen aufhält, ist die Raumluft nach Einschätzung der nationalen Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency zwei- bis fünfmal stärker mit bestimmten Schadstoffen belastet als die Außenluft. Gerade die Corona-Pandemie hat solche Probleme vermehrt an die Oberfläche gebracht und noch einmal verschärft.

Neben der physischen Gesundheit kommt die umweltbewusste Innengestaltung dem Wohlbefinden auch in anderer Hinsicht zugute. Gesellschaftlich gesehen versprechen sich Projektbeteiligte durch grüne Bauvorhaben gesteigerte Produktivität, ein gestärktes Gemeinschaftsgefühl und Impulse für die Binnenwirtschaft.

Neue Anwendungsfälle für nachhaltige Ansätze

In Sachen Nachhaltigkeit herrscht insbesondere in Australien und Neuseeland, Kanada und den USA Aufbruchstimmung, wie aus dem Bericht von Dodge hervorgeht – hier war der Anteil Befragter mit mehrheitlich grünen Bauprojekten zum Zeitpunkt der Erhebung am größten. Brasilien, Kanada, Kolumbien und Mexiko gehören wiederum zu den Ländern, in denen diesbezüglich der stärkste Anstieg erwartet wurde. Mit dem Aufkommen neuer Anwendungsfelder für grünes Bauen wird diese Dynamik weiter Fahrt aufnehmen:

Realisierung von Netto-null- und Netto-positiv-Gebäuden 

Eine Ingenieurin mit Tabletcomputer in der Hand prüft ein Abwassersystem.
Intelligente Technologien gewährleisten die Wasserqualität, minimieren Ressourcenverschwendung und optimieren die Energienutzung.

Gebäude mit solchen Klassifizierungen sind in der Lage, ihre schädlichen Umweltauswirkungen in einer oder mehreren Kategorien wie Wasser, Energie, CO2 oder Abfall vollständig zu kompensieren („netto null“). So könnte ein Nullenergiehaus beispielsweise hocheffiziente Technik im Bereich Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen (HLK) einsetzen, um die Gebäudeleistung mithilfe von KI und maschinellen Lernalgorithmen unter Berücksichtigung wechselnder Bedingungen präzise vorherzusagen und proaktiv zu verwalten.

Zwei Männer installieren ein Solarpanel auf einem Dach.
Durch Einbindung grüner Technologien sinkt die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen.

Gebäude mit Wasserneutralität oder Netto-null-Wasserverbrauch reduzieren ihren Wasserfußabdruck durch fortschrittliche Lösungen zur effizienten Ressourcennutzung und ‑aufbereitung. Dazu zählen:

  • Wassersparende Sanitäranlagen (z. B. Toilettenspülungen, Armaturen und Duschköpfe)

  • Grauwasser-Recyclingsysteme, die Abwasser aus Waschbecken, Duschen und Waschmaschinen auffangen und für brauchwassergeeignete Zwecke wie Bewässerung oder Toilettenspülung aufbereiten

  • Auffangsysteme für Regenwasser, um es für Zwecke wie Bewässerung oder Toilettenspülung weiterzuverwenden

  • Wasserschonende Landschaftsgestaltung („Xeriscaping“) mit trockenheitsresistenten Pflanzen und effizienten Bewässerungsanlagen

  • Intelligente Technologien zur Gewährleistung der Wasserqualität, Reduzierung von Defekten und Wasserverschwendung sowie Optimierung des Energieverbrauchs durch Nutzung von KI und maschinellen Lernalgorithmen

Eindämmung grauer Emissionen

Fachkräfte aus dem Bereich AECO richten den Fokus zunehmend auf die Vermeidung grauer Emissionen (auch: bauwerksbezogene oder verbaute Emissionen). Gemeint sind die Treibhausgase, die durch Gewinnung, Herstellung, Transport, Einbau, Erhalt und Entsorgung von Baustoffen freigesetzt werden Anders als betriebsbedingte Emissionen, die sich über den ganzen Gebäudelebenszyklus hinweg anhäufen, fallen graue Emissionen sofort ins Gewicht. Zwischen 2020 und 2050 wird die Hälfte aller ausgestoßenen Treibhausgase aus Neubauprojekten auf diesen Emissionstyp entfallen (Dodge, S. 37). Mit 72 % ist der Großteil der von Dodge befragten Fachkräfte mit dem Konzept grauer Emissionen vertraut, 34 % ergreifen bei einzelnen Projekten bereits Maßnahmen zu deren Nachverfolgung. Von denjenigen, die ihre Emissionen erfassen, bemühen sich zwei Drittel auch aktiv um ihre Eindämmung. Damit die Handlungsbereitschaft im Kampf gegen graue Emissionen weiter wächst, braucht es nach Meinung der Forschenden vor allem besseren Zugang zu Informationen sowie zu Bauprodukten und -materialien, die das Vorhaben unterstützen (S. 6).

Autodesk bietet Fachkräften verschiedene Tools und Integrationen zur Reduzierung grauer Emissionen von Bauprojekten, darunter die Embodied Carbon Analysis in Forma (derzeit als Technology Preview verfügbar) zur Erfassung grauer Emissionen in frühen Stadien des Lebenszyklus, Carbon Insights zur Erfassung der Emissionsauswirkungen auf Basis von Revit sowie EC3 (Embodied Carbon Calculator for Construction) zur Gegenüberstellung von Materialdaten. Ergänzt wird der Funktionsumfang durch die Revit-Plug-ins tallyCAT (derzeit als Beta-Version verfügbar) und tallyLCA, die kategorieübergreifende Echtzeit-Lebenszyklusanalysen ermöglichen, sowie die Anwendung One Click LCA, mit der sich die gesamten Umweltauswirkungen eines Projekts anhand von Datenbanken berechnen lassen.

Nutzung erneuerbarer Energien

Eine wichtige Rolle beim Abbau des CO2-Fußabdrucks und der Emanzipation von fossilen Brennstoffen spielt die Integration grüner Technologien zur Erzeugung von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energiequellen. Ein aktueller Forschungsbeitrag in der Fachzeitschrift Environmental Chemistry Letters (ECL) verweist auf die Bedeutung finanzieller Anreize – etwa in Form von 30 % Bezuschussung bei Anschaffung von Anlagen für erneuerbare Energie –, um die Attraktivität solcher Innovationen zu steigern.

Zu den bekannten Beispielen erneuerbarer Alternativen, die für die Energiegewinnung infrage kommen, gehören:

  • Geothermie: Geothermische Anlagen nutzen Erdwärme zur Heizung und Kühlung von Gebäuden. Ihr CO2-Fußabdruck ist geringer als der konventioneller HLK-Systeme und auch in Sachen Energieeffizienz schneiden sie zum Teil besser ab.

  • Solarenergie: Photovoltaik(PV)-Module können auf dem Hausdach oder an Außenwänden installiert werden und ermöglichen die Stromerzeugung aus Sonnenenergie. Die Anlagen genügen dabei mittlerweile zunehmend auch ästhetischen Ansprüchen. Bei der Solarthermie kommen Sonnenkollektoren zum Einsatz, die der Wassererwärmung oder Heizunterstützung dienen.

Windkraft: Windkraftanlagen lassen sich als Kleinanlage auf dem Dach oder als separates Windrad neben dem Haus in Gebäudestrukturen integrieren, um – bei mitunter extremen Bedingungen – Strom aus der Luft zu gewinnen. Laut ECL-Artikel können auf diese Weise etwa 15 % des gebäudeeigenen Energiebedarfs gedeckt werden.

Intelligente Bautechnologien

Eine Hand berührt ein Wandbedienfeld zur Steuerung des Raumklimas.
Smart Buildings verfügen über eine fortschrittliche technische Ausstattung zur Optimierung von Gebäudeleistung, Betriebskosten und Komfort. Innerhalb von drei Jahren lassen sich so bis zu 70 % Energie einsparen.

Smart Buildings zeichnen sich durch ihre intelligente Gebäudetechnik aus, die durch Vernetzung, Analyse, Optimierung und Automatisierung der einzelnen Komponenten einen kostensparenden Betrieb ermöglicht.

Brennt an einem heißen Sommertag die Sonne vom Himmel, kann ein solches System Rollläden und Klimaanlage automatisch einstellen, um das Wohlfühlklima hoch und die Kosten niedrig zu halten. Wird ein Raum zu bestimmten Zeiten von vielen Personen genutzt, während ein anderer unbelegt bleibt, erkennt das System den Unterschied und nimmt entsprechende Anpassungen vor.   

Forschungen zeigen, dass der Einbau intelligenter Technologien den Gesamtenergieverbrauch eines durchschnittlichen Bürogebäudes um 18 % senken kann. Vereinzelt seien sogar Einsparungen von 70 % über einen Zeitraum von drei Jahren möglich.

Damit das möglich ist, greift das zentrale „Gehirn“ des Systems auf eine Reihe fortschrittlicher Funktionen zurück. Technologien wie das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT), maschinelles Lernen und KI, Datenanalysen und Building Information Modeling (BIM) optimieren das gesamte Gebäude-Ökosystem: von der integrierten und automatisierten Steuerung von Versorgungsanlagen wie HLK-, Strom-, Wasser- und Aufzugstechnik bis hin zur vereinfachten Interaktion zwischen Nutzenden, Systemen und Service-Dienstleistern.

Vernetzte Sensoren können dank IoT miteinander kommunizieren und liefern alle möglichen Messdaten – ob Trittschall, Auslastung, Luftqualität, Raumklima oder sogar Virenbelastung –, die Mietparteien und Verwaltung in praktische Maßnahmen umsetzen können. In vielen Fällen lassen sich die entsprechenden Einstellungen manuell oder automatisch anhand von Umweltbedingungen oder persönlichen Präferenzen vornehmen. Hochentwickelte Analytikanwendungen wie BIM gewähren aufschlussreiche Einblicke in die Betriebsdaten eines Gebäudes und geben etwa Auskunft darüber, wann eine Reparatur im Gange, eine Aufgabe abgeschlossen oder das Personenaufkommen besonders hoch ist, damit in Echtzeit darauf reagiert werden kann.

Mit steigender Gebäudeintelligenz wächst auch die Bedeutung von maschinellen Lernalgorithmen und KI, die immer stärker in den gesamten Lebenszyklus eingebunden werden. Vorausschauende Wartung ist beispielsweise eine Möglichkeit, stark frequentierte Bereiche oder gefährdete Versorgungsanlagen und -leitungen frühzeitig zu erkennen und die zuständige Gebäudeverwaltung oder -technik zu informieren. So können Behebungsmaßnahmen schnell ergriffen, Betriebsunterbrechungen vermieden und die Lebensdauer von versorgungskritischen Systemen verlängert werden. Fortschrittliche Analytik übersetzt Sensordaten in wertvolle Erkenntnisse zu Gebäudeleistung und Bewohnerbedürfnissen und ebnet so den Weg zu optimiertem Nutzwert und Komfort sowie fundierten Betriebsentscheidungen.

Nachrüstung, Sanierung und Umnutzung

Ein altes Backsteingebäude wird restauriert, um die Baustruktur zu erhalten.
Durch die Modernisierung und Nachnutzung von Gebäuden können Kulturerbe bewahrt und graue Emissionen eingespart werden.

Neben intelligenten Neubauprojekten werden auch bestehende Strukturen zunehmend mit smarten Systemen und sonstiger umweltfreundlicher Ausstattung nachgerüstet. Solche Maßnahmen umfassen etwa die Modernisierung von HLK- und Lichtanlagen sowie Haushaltsgeräten, die Umstellung auf sparsame Wasserlösungen und die Ergänzung von Dach- und Fassadenbegrünung, Regenwasserauffangsystemen und Solarpanels.

Der Weg zur Dekarbonisierung führt über den Gebäudebestand. Immerhin sind moderne Gewerbebauten auf eine Lebensdauer von fünfzig Jahren oder mehr ausgelegt, bevor umfassende Instandsetzungen notwendig werden. Modernisierung und Nachrüstung zahlen sich auch für AECO-Fachkräfte aus, wie die Umfrageergebnisse von Dodge zeigen: Diejenigen, die kürzlich entsprechende Projekte durchgeführt haben, konnten im ersten Jahr nach Abschluss der Maßnahmen durchschnittlich 11,5 %, in den ersten fünf Jahren 17 % Betriebskosten einsparen (S. 28).

Als weitere Alternative zum vollständigen Abriss und Neubau kommt die Nachnutzung oder adaptive Wiederverwendung („adaptive reuse“) von Strukturen infrage. Hierbei werden ausgediente oder ungenutzte Gebäude einem neuen, zeitgemäßen Zweck zugeführt.

Werden Bestandsbauten saniert oder umgenutzt, entstehen dabei in der Regel 50 bis 75 % weniger graue Emissionen als bei einem Neubau. Projekte dieser Art sind also eine nachhaltigere und häufig auch kosten- und zeitsparende Lösung. Experten rechnen damit, dass Sanierung und Wiedernutzung im kommenden Jahrzehnt 90 % der Projektentwicklungen im Immobilienbereich ausmachen werden.

Zu den ökologischen gesellen sich die sozioökonomischen Vorteile der Nachnutzung. Sie wirkt der Ausbreitung der Städte entgegen und fördert die Wiederbelebung von Stadtvierteln durch die zweckmäßige Umwandlung alter und brachliegender Bauwerke vor Ort in bezahlbaren Wohnraum, Kultureinrichtungen oder Studentenwohnheime. Im Fall historischer Gebäude kann durch Nachnutzung der städtebauliche Charakter gewahrt und ein wichtiger Beitrag zum Erhalt von Kulturerbe geleistet werden.

Als leistungsstarke Planungssoftware unterstützt Autodesk Revit die Umsetzung von Nachnutzungsprojekten durch Funktionen für optimiertes Projektmanagement und für die Erstellung besonders präziser Modelle.

Herausforderungen und Lösungen bei der Umsetzung grüner Baukonzepte

Bei der Realisierung nachhaltiger Bauvorhaben stoßen AECO-Fachkräfte auch auf Hürden, die es abzubauen gilt. In der USGBC-Befragung führen Budgetbeschränkungen, mangelnde Beteiligung von Stakeholdern und unzureichende staatliche Förderung oder Anreize diese Liste an.

Abschreckung durch Anfangskosten

Ein Mann steht in einem Rechenzentrum und schaut auf seinen Laptop.
Smart Buildings sind auf intelligenten Schutz vor Cyberbedrohungen angewiesen.

Laut Dodge scheitern Projekte am ehesten an der Geldfrage. Gleichzeitig bleiben die langfristigen Vorteile grüner Strategien nicht unbemerkt und regen manche Baubeteiligte zum Umdenken an. So zeigen sich Investoren angesichts der Ausgaben im Vergleich weniger besorgt, und selbst die traditionell kostenorientierte Gruppe der Eigentümer erkennt das geschäftliche Potenzial nachhaltiger Unternehmensstrategien (S. 18).

Beim Thema Smart Buildings lässt sich die Unsicherheit zum Teil dadurch erklären, dass es am nötigen Wissen über die verfügbaren Technologien fehlt. Eine Studie des Intelligent Buildings Council (IBC), eines Gremiums der kanadischen Association for Smarter Homes & Buildings (ASHB), verweist auf mögliche Berührungsängste gegenüber neuen Technologien bei Bewohnenden und Projektpartnern. Damit diese Berührungsängste nicht zum Hindernis werden, muss Aufklärungsarbeit geleistet und in technischen, strategischen und wertbezogenen Fragen bei allen Beteiligten ein Konsens geschaffen werden. „Eine verbesserte Einführungspraxis“, so das Fazit des Council, „wirkt sich unmittelbar positiv auf den wahrgenommenen Nutzen aus“ (S. 52).

Cybersicherheit und technische Kompatibilität

Je smarter grüne Gebäude werden, desto stärker rücken zwangsläufig Themen der Cybersicherheit, Datenschutz und Systemkompatibilität in den Fokus. Um Cyberbedrohungen abzuwehren und personenbezogene Daten zu schützen, müssen Gebäudeverantwortliche ihre Netzwerke mit sachverständiger Unterstützung absichern und Nutzende mit fallspezifischen Best Practices vertraut machen.

Besonderes Augenmerk fordern dabei kritische Anwendungen wie Überwachungskameras, Smart Meter sowie Zugangskontroll- und Lokalisierungssysteme, so ein Artikel der Plattform Buildings. Zur Stärkung des Datenschutzes braucht es verbindliche Vorgaben für die Erfassung, Verschlüsselung und Speicherung, entsprechende Einverständniserklärungen der Nutzenden und Prüfungen in Form externer Sicherheitsaudits.

Strenge Regularien

In der Branche wächst der Handlungsdruck. Maßnahmen müssen rasch und in großem Umfang umgesetzt werden, um die Weichen für eine klimafreundliche Zukunft zu stellen. Im Jahr 2015 beschlossen die Vereinten Nationen 17 „Ziele für eine nachhaltige Entwicklung“ (Sustainable Development Goals). Anschließend überführten zahlreiche Länder auf der ganzen Welt die globalen Prinzipien in nationale Nachhaltigkeitsstrategien für die Baubranche, unterstützt von Organisationen wie der Internationalen Energieagentur (International Energy Agency, IEA) und dem World Green Building Council (WorldGBC).

In Deutschland sind die UN-Ziele in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) verankert, die unter anderem das nachhaltige Bauen als Transformationsbereich berücksichtigt. Mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) legt die Bundesregierung konkrete Ziele zur Treibhausgasminderung unter anderem für den Gebäudesektor fest, das Gebäudeenergiegesetz (GEG) definiert Standards für die Umstellung auf klimafreundliche Energieerzeugung. Weitere internationale Rechtsrahmen bilden die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die Unternehmen seit 2023 stärker in die Rechenschaftspflicht nimmt, sowie die EU-Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD), die einen dekarbonisierten Gebäudebestand bis 2050 vorsieht.

Solche rechtlichen Vorstöße geben die Richtung an, können aber auch zu einem unüberschaubaren Gesetzesdschungel anwachsen und durch ihre ambitionierten Ziele entmutigend wirken. Tatsächlich bleibt der Gebäudesektor auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität 2050 zurück, wie die IEA feststellt – trotz kürzlicher Meilensteine in China, Japan, der EU und den USA. Um die Branche wieder auf Kurs zu bringen, wünschen sich AECO-Fachkräfte laut USGBC sowohl mehr Konsequenz als auch mehr Unterstützung vonseiten der Aufsichtsbehörden.

Mit Blick auf das Dekarbonisierungsziel befürworten die Befragten etwa die Durchsetzung verbindlicher Leistungs- und Energiestandards und transparenter Benchmarks sowie finanzielle Anreize für umfassende energetische Sanierungen und emissionssenkende Initiativen. „Die Ergebnisse sprechen für eine starke Bereitschaft zur branchenweiten Priorisierung hocheffizienter, emissionsarmer Gebäude und hoher Standards“, stellt der USGBC fest.

Optimistisch stimmt in dem Zusammenhang, dass Pauschalgesetze zum Treiber der grünen Entwicklung werden können. Konkret hebt der Bericht den US-amerikanischen Inflation Reduction Act of 2022 (IRA) hervor, der die Finanzierung grüner Bauvorhaben ausbaut und leichter zugänglich macht.

Grün in die Zukunft

An grünem Bauen führt kein Weg vorbei. Vor dem Hintergrund wachsender Dringlichkeit, aber auch verstärkter Subventionierung von Nachhaltigkeit im Bauwesen erweisen sich für AECO-Fachkräfte, so die Ergebnisse des USGBC, insbesondere Passivbauweisen und energieeffiziente Ausstattung als effektive Dekarbonisierungsstrategien (S. 2). Sie legen Wert auf gesundheitsverträgliche, langlebige und wartungsarme Baustoffe und begrüßen Green-Buildings-Zertifizierungen als qualitätssicherndes Mess- und Standardisierungsinstrument.

Derzeit gehören Gebäude noch zu den größten Umweltsündern, doch es ist Bewegung in der Branche.

Wenn sich AECO-Fachkräfte für Innovation, Zusammenarbeit und Anpassungsfähigkeit entscheiden, ebnen sie damit den Weg hin zu Klimaneutralität bzw. -positivität. Grüne Gebäude sind zweifellos auf dem Vormarsch und richtungsweisend für die Zukunft des Bauens.

Der Netto-null-Anspruch ist längst vom hehren Ziel zum Gebot der Stunde geworden – und dank zukunftsweisender Ansätze und Technologien erreichbarer denn je. Baubeteiligte verfügen über die Mittel und Motivation zur Gestaltung einer gebauten Umwelt für heutige und kommende Generationen, in der buchstäblich alles im grünen Bereich ist.

Dies ist eine aktualisierte Version des Artikels, der erstmals im Juni 2022 erschien. Entstanden unter Mitarbeit von Susan Kuchinskas.

Delaney Rebernik

Zur Person: Delaney Rebernik

Als Autorin, Lektorin und Kommunikationsstrategin hilft Delaney Rebernik Organisationen dabei, ihre ehrgeizigen Ziele umzusetzen. Sie lebt mit ihrem Ehemann Todd und ihrem Hund Spud, der nach ihrem Lieblingsessen benannt ist, im New Yorker Stadtteil Brooklyn.

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