Zukunft des Bauwesens: Nachhaltig bauen mit KI

Dem Bauwesen stehen in Zukunft große Herausforderungen bevor. Bei ihrer Bewältigung werden KI und nachhaltige Lösungen eine tragende Rolle spielen.

Silhouette eines Vermessungstechnikers vor einem unscharf abgelichteten Baukran bei Sonnenaufgang.

Elizabeth Rosselle

9. April 2025

Min. Lesedauer
  • KI, Robotertechnik und Automatisierung werden als zukünftige Pfeiler der Baubranche etablierte ineffiziente Verfahren verdrängen

  • Neue Technologien erleichtern nachhaltiges Bauen und werden zum Standard, der Verbesserungen bei Materialnutzung, Effizienz und Lebenszyklen erforderlich macht

  • Die Zukunft wird in Form von globalen Trends, Klimazielen und Marktveränderungen große Herausforderungen mit sich bringen, denen sich die Branche durch eine Transformation ihrer Praktiken und personellen Kompetenzen stellen muss

Während große Technologiefirmen, Robotertechnik und künstliche Intelligenz (KI) unseren Alltag umgestalten, wird das Bild der Baubranche nach wie vor von Schwermaschinen geprägt und erweckt somit den Eindruck, als würde dort Tradition vor Innovation gestellt. Doch auch das Bauwesen ist längst im 21. Jahrhundert angekommen und straft veraltete Stereotype Lügen.

In Architektur, Ingenieurwesen, Bauwesen und Gebäudebetrieb (AECO) hat der digitale Wandel Einzug gehalten – mit innovativen Lösungen für ein zukunftssicheres Baugewerbe. Genannt seien hier beispielhaft das Building Information Modeling(BIM) sowie das KI-gestützte maschinelle Lernen. Diese Lösungen markieren den Beginn eines Zeitalters effizienten, nachhaltigen und intelligenten Bauens.

Dies zeigt sich unter anderem an den großen Fortschritten beim mittels Fertigungsstraßen durchgeführten Modularbau, die durch Tools wie Autodesk Informed Design for Revit möglich wurden. Die im kalifornischen Vallejo (USA) ansässige Firma Factory_OS nutzt die Modularbauweise bereits erfolgreich und konnte so den Gebäudebau beschleunigen, Kosten senken, die Abfallmenge reduzieren und zugleich zukunftssichere Arbeitsstellen für ihr Baupersonal schaffen. Direktes Resultat dieses Konzepts ist das Bauprojekt The Phoenix, das etwa 40 km südlich in West Oakland umgesetzt wird. Mit von Autodesk bereitgestellten Forschungsergebnissen entsteht dort bezahlbarer Wohnraum, der kostengünstig, umweltfreundlich und nachhaltig ist und die CO²-Emissionen beträchtlich mindert.

Ähnlich wie in den 1990ern, als das Internet begann, die Welt zu verändern, entstehen aktuell die Voraussetzungen für umwälzende Neuerungen, deren Potenzial noch längst nicht in vollem Umfang erkennbar, geschweige denn ausgeschöpft ist. Einige der Technologien, die die Zukunft des Bauwesens prägen werden, werden im Folgenden beleuchtet.

Building Information Modeling

An einem Konferenztisch blickt eine Fachkraft auf ein Gebäudemodell auf einem Laptop.
Mit BIM können Teams ohne Ortsbindung gemeinsam an einem zentralen geteilten Modell arbeiten.

Das Building Information Modeling oder kurz BIM ist das Herzstück des modernen Bauwesens und hat sich als wahrer Game-Changer erwiesen. Die zentrale Datenbank und der Fokus auf ein einziges geteiltes Modell ermöglichen es den Teams, die Einschränkungen herkömmlicher Bauverfahren zu überwinden und von überall aus zusammenzuarbeiten.

Seine wahre Stärke offenbart BIM jedoch erst in Kombination mit dem Internet der Dinge (IoT) – also der Vernetzung mit anderen Systemen – und KI. Nachdem eine KI aus dem umfangreichen IoT-Quellmaterial relevante Informationen extrahiert und verarbeitet hat, werden diese Informationen mittels BIM zentral bereitgestellt. Dies vereinfacht die Kommunikation und die teamübergreifende Zusammenarbeit. Zudem erleichtert dieses Vorgehen die Auswahl von umweltfreundlichen Materialien und Konzepten entsprechend den Präferenzen der jeweiligen Anwendenden. Vereint führen BIM und KI zu effizienteren, nachhaltigeren und intelligenteren Bauprozessen, die neue Maßstäbe für die Baubranche setzen.

KI und maschinelles Lernen

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen sind im Bauwesen Realität geworden und keine pure Science Fiction mehr. Die neuen Technologien kommen in allen Bereichen zum Einsatz und bieten Anwendungsmöglichkeiten, die von der prädiktiven Analytik zur Ermittlung von Projektrisiken bis hin zur KI-gestützten Optimierung von Gebäudeplänen reichen.

Insbesondere Machine-Learning-Modelle, die mit Daten von IoT-Sensoren gefüttert werden, drücken der Branche ihren Stempel auf, beispielsweise bei der Optimierung der Raumnutzung und der Vorhersage von Geräteausfällen. Dadurch lassen sich Ausfallzeiten reduzieren und Wartungskosten senken. Ebenso gibt es Echtzeit-Ortungssysteme (RTLS), die Bewegungen von Personen und Ausrüstung überwachen, um einen reibungslosen und effizienten Betrieb zu gewährleisten. Diese Neuerungen wirken sich merklich auf das Baugewerbe aus, resultieren aber auch in anderen Branchen in einer effektiveren Ressourcennutzung, die Schwankungen der Nachfrage antizipiert.

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Robotertechnik und Automatisierung

An einer Fertigungsstraße schweißen Roboterarme Autoteile zusammen.
Robotertechnik und Automatisierung, wie sie bereits in der Fertigung zum Einsatz kommen, werden die Baustellen der Zukunft prägen.

Wenngleich der endgültige Siegeszug von KI im Bauwesen noch aussteht, haben sich Robotertechnik und Automatisierung bereits durchgesetzt. So etwa setzen Forschende am Toyota Research Institute auf Diffusionsmodelle, eine fortschrittliche KI-Technologie, mit der Robotern die Ausführung komplexer Tätigkeiten beigebracht wird. Dies wiederum ist Teil der Entwicklung von großen Verhaltensmodellen, damit Roboter ein noch größeres Spektrum an Aktivitäten abdecken können. Mit der zunehmenden Verbreitung dieser Technologien in der Baubranche rückt die Angst vor einer Vernichtung von Arbeitsplätzen in den Hintergrund und weicht der Erkenntnis, dass der Bedarf an Fachkräften wächst, die in der Lage sind, die entsprechenden Maschinen zu bedienen, zu warten und mit ihnen zu interagieren.

Als eine der weltweit größten Branchen und einer der besonders ressourcenintensiven Wirtschaftszweige mit beträchtlicher Rohstoffintensität ist es für das Baugewerbe unerlässlich, effizienter zu werden. Anderenfalls lassen sich die gesetzten Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen. Dies zeigt sich in vielen Bereichen: Robotertechnik und Automatisierung erhöhen Produktivität und Sicherheit und tragen zu umweltfreundlicheren Bauverfahren bei. Autonome Maschinen, 3D-Druck sowie Roboterarme reduzieren gefährliche und aufwändige Aufgaben und optimieren zudem die Zeitplanung im Baugewerbe. Dies ergibt eine ganz neue Art des Gebäudebaus: schneller, sicherer, präziser und nachhaltiger als bisher gängige Verfahren.

Virtual Reality, Augmented Reality und Extended Reality

Ein Mann mit VR-Brille steht in einem Büroraum.
Virtual Reality eröffnet neue visuelle und interaktive Möglichkeiten für die Projektarbeit.

Dank immersiver Technologien wie Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) und Extended Reality (XR) haben die Präsentation von und die Möglichkeiten der Interaktion mit Bauprojekten gänzlich neue Sphären erreicht: Aufgaben an der Baustelle können mit größerer Genauigkeit ausgeführt und Entwürfe effizienter erstellt werden, und Stakeholder können zukünftige Gebäude bereits in der Planungsphase betreten und damit interagieren.

Bei Augmented Reality werden digitale Daten über das Abbild der echten Welt gelegt. Bei Virtual Reality werden Umgebungen vollständig virtuell dargestellt, beispielsweise zur Visualisierung von Entwürfen, zu Schulungszwecken oder für sicherheitsbezogene Simulationen. Bei Extended Reality werden Echtwelt- und VR-Elemente kombiniert, was ganz neue Wege für Planung, Ausführung und Instandhaltung von Gebäuden eröffnet. Auch wenn es teilweise noch an Branchenstandards fehlt, schaffen diese Technologien schon jetzt neue Arbeitsplätze und fördern die Innovation. Die Zukunft für die Bauwirtschaft scheint also verheißungsvoll.

Drohnen und unbemannte Luftfahrzeuge

Über zwei Mitgliedern eines Bauteams schwebt eine Drohne.
Drohnen erleichtern bei Bauprojekten die Arbeit.

Drohnen sind auf Baustellen inzwischen unverzichtbar. Das ist wenig überraschend, nachdem sie sich schon beim Militär, im kommerziellen Bereich und als Hobby-Objekte bewährt haben. Die Vorteile im Bauwesen sind jedoch immens. Unbemannte Luftfahrzeuge (im Englischen Unmanned Aerial Vehicles oder kurz UAVs) und hier insbesondere die autonomen Vertreter agieren ohne direktes menschliches Eingreifen und sind damit fast schon den Robotern zuzurechnen.

Das Baugewerbe kennt im Prinzip fünf wesentliche Drohnenkategorien: Drohnen zur Sicherheit, Drohnen zur Vermessung, Drohnen zur Vermessung schwer zugänglicher Orte, Drohnen für ein effektives Management von Bauprojekten und Drohnen zur Konfliktlösung. Diese UAVs liefern Daten in Echtzeit und führen zu Verbesserungen bei zahlreichen Bauaspekten, was das Projektmanagement vereinfacht und dafür sorgt, dass alles nach Plan läuft.

Nachhaltigkeit

Luftansicht von The Phoenix
„The Phoenix“ von Factory_OS zeigt, wie sich mit einer Modularbauweise Umwelt- und Gebäudeherausforderungen bewältigen lassen. Credit: Factory_OS.

Das Thema „Nachhaltigkeit“ ist kein Modetrend, sondern das Leitprinzip für zukünftige Bauprojekte. Das Baugewerbe trägt maßgeblich zum Klimawandel bei, weshalb nachhaltigere Praktiken zwingend sind. Gemäß der Umweltschutzbehörde der USA erfordert nachhaltiges Bauen umweltfreundliche Strukturen und Prozesse, bei denen Ressourcen mit Bedacht eingesetzt werden – und zwar während des gesamten Lebenszyklus des jeweiligen Gebäudes.

Im Hinblick auf diese Nachhaltigkeitsziele setzt sich immer mehr der Fertigbau als effizientere Alternative zu herkömmlichen Verfahren durch, da hier weniger Materialabfälle entstehen. Auch der Modularbau fällt unter den Fertigbau und eröffnet Möglichkeiten, den umwelt- und gebäudespezifischen Anforderungen gerecht zu werden.

Ebenfalls an Bedeutung gewinnen klimaneutrale Bauwerke und Passivdesigns als Reaktion auf den Klimawandel. Treibende Faktoren des nachhaltigen Bauens sind innovative Werkstoffe, die Kreislaufwirtschaft und gesetzliche Vorgaben. Doch auch neue Formen des Arbeitens unterstützen diesen Wandel.

Branchenpraktiken und Arbeitsweisen

Auf einer Baustelle blicken drei Mitglieder eines Ingenieursteams, die Bauhelme tragen, auf ein Tablet.
Zukunftsweisende Technologien erfordern eine inklusivere Arbeitsweise mit einem Fokus auf Digitalisierung.

Integrierte Projektabwicklung, schlanke Bauprozesse und die Weiterbildung der Baukräfte bilden das Fundament für die Zukunft des Bauwesens.

So fortschrittlich zukunftsweisende Technologien wie Roboter und moderne Maschinen jedoch sein mögen: Ohne qualifiziertes Personal nutzen sie wenig. Deshalb ist es unerlässlich, Fachkräfte im Hinblick auf digitales Arbeiten zu schulen. Ebenso essenziell sind Diversität und Inklusion, denn Vielfalt geht einher mit neuen Perspektiven und innovativen Ideen. Wer auf eine solch zukunftsweisende, technologiebegeisterte Belegschaft zurückgreifen kann, ist bereit für die kommenden Aufgaben in Bauwesen, Fertigung und Gebäudebetrieb.

Globales Bauwesen und Markttrends

Auch die Baubranche ist nicht gefeit vor den Konsequenzen, die Klimawandel und andere globale Herausforderungen mit sich bringen. Daher gilt es Lösungen zu finden, um Bauwerke zu wappnen und bei den sich verändernden Marktbedingungen nicht den Anschluss zu verlieren. Hierfür unverzichtbar sind resiliente Lieferketten, Cloud-basierte Systeme und eine effektive Zusammenarbeit.

Resilienz und Zusammenarbeit

Die Baubranche scheint für die Zukunft also gut aufgestellt, doch nur Projekte, die von Resilienz und Zusammenarbeit geprägt sind, werden im kommenden Zeitalter bestehen können. Technologien wie BIM und KI-gestützte Systeme helfen Unternehmen dabei, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und sich an die neuen Gegebenheiten bezüglich Umwelt, Technologie und Marktumfeld anzupassen.

Mit dem Aufkommen der Industrie 4.0, in der Roboter, IoT und moderne Analyseverfahren das Bild bestimmen, tun Branchenführer gut daran, sich für Neues offen zu zeigen. Resilienz und Zusammenarbeit werden immer wichtiger werden. Für Unternehmen, die dies ernst nehmen, bieten sich unendliche Möglichkeiten sowie die Chance, eine Vorreiterrolle einzunehmen und die Branche in die Zukunft zu führen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, bessere Gebäude hochzuziehen, sondern sowohl innovativ als auch nachhaltig zu handeln, um so ein intelligenteres, grüneres und flexibleres Baugewerbe entstehen zu lassen – ein Baugewerbe, das allem gewachsen ist, was diese Zukunft noch bringen mag.

Die englische Originalfassung dieses Beitrags erschien im August 2015 und wurde unter Mitwirkung von Phil Bernstein aktualisiert.

Elizabeth Rosselle

Zur Person: Elizabeth Rosselle

Elizabeth Rosselle ist freiberufliche Journalistin, Texterin und Designerin und pendelt zwischen San Francisco und Bali.

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