Sebastian Aristotelis, Mitgründer und Lead Architect, SAGA Space Architects: Menschen fliegen seit über 50 Jahren ins All, doch bisher drehte sich alles ums Überleben. Erst in den letzten Jahren ging es darum, im Weltraum Fuß zu fassen und sich dauerhaft auf dem Mond oder Mars niederzulassen. Daran arbeiten wir.
Unser Ziel sind anregende, lebenswerte Umgebungen, die vielleicht sogar besser als Ihr Zuhause hier auf der Erde sind. Das ist eine große Herausforderung. Mein Name ist Sebastian. Ich bin Mitbegründer von und Lead Architect bei SAGA Space Architects.
Wir entwerfen Architektur für extreme Umgebungen und befinden uns gerade in einem unserer Habitate. SAGA Space Architects begann als Traum. Wir starteten direkt nach dem Architekturstudium.
Niklas Munk-Andersen, Partner, Senior Architect, SAGA Space Architects: Ich habe viele Weltraumspiele gespielt, verfolgte Nachrichten zum Thema Raumfahrt und sah darin die perfekte Gelegenheit, meinen technischen Hintergrund mit Architektur zu verbinden und die Weltraumhabitate der Zukunft zu bauen.
Simon Kristensen, Mitgründer, Software Developer, SAGA Space Architects: Schnell entstand die Idee, ein Unternehmen zu gründen, das sich auf das menschliche Wohl im All konzentriert.
Aristotelis: Wir möchten 3D-Druck nutzen, die Welt der Architektur verändern, Innovationen vorantreiben, schnell agieren und unsere Produkte unter extremen Bedingungen testen. Das hat vor uns noch niemand getan.
Unser größtes Ziel sind gesunde Menschen im Weltraum, die sich gut, wohlbehalten und leistungsfähig fühlen. Dafür müssen sie zunächst einmal gut schlafen. Derzeit schlafen Menschen im All extrem schlecht. Wir haben ein zirkadianes Beleuchtungssystem entwickelt, das Sonnenaufgang, Tageslicht, Sonnenuntergang und Dämmerung im Habitat simuliert.
Dies fördert den Tag-Nacht-Rhythmus der Menschen, wodurch sie besser schlafen. Diese Beleuchtung wird bereits auf der ISS eingesetzt. Sie umkreist die Erde 16-mal in 24 Stunden, und Astronauten nutzen die Beleuchtung aktuell in ihren Schlafkabinen.
Andreas Morgensen, Internationale Raumstation, 2023–2024: Wie Sie sehen, wird es langsam Nacht. Das Licht wird gelblicher, leicht rötlich und automatisch gedimmt.
Munk-Andersen: Ich erinnere mich an einen großartigen Moment, als der deutsche Astronaut Matthias Maurer erstmals unser Habitat begutachtete. Er sagte, dass er direkt dort einziehen möchte. Genau das ist unser ultimatives Ziel: Die Menschen sollen sich wie zuhause fühlen.
Aristotelis: Für die Realisierung zukünftiger Habitate im All werden einige neue Fertigungsmethoden angewendet, wobei der 3D-Druck die spannendste ist. Die Vorteile des 3D-Drucks bestehen darin, dass man nur einen 3D-Drucker benötigt und sonst nichts. Lokale Materialien auf der Mond- oder Marsoberfläche werden dann zum Drucken der nötigen Strukturen genutzt. Anschließend können Astronauten dort einziehen und leben.
Munk-Andersen: Im normalen Architekturbereich gibt es gewissermaßen einige Einschränkungen, bei der Weltraumarchitektur hingegen gelten völlig neue Regeln. Die Herangehensweise ist jedoch dieselbe. Man muss ein Projekt innerhalb dieser Regeln entwickeln, und das ist der eigentlich interessante Teil.
Kristensen: Wir sind sehr froh, dass wir auf Software wie Fusion umgestiegen sind. Das ist das ideale Werkzeug für die Zusammenarbeit an komplexer Geometrie, bei der viele verschiedene Anforderungen zu erfüllen sind. Angesichts von präzisen Entwürfen mit einzelnen Schrauben, Drähten, Kabeln und Geräten kann es schwierig sein, den Überblick zu behalten. Wir erstellen zunächst vollständige digitale Nachbildungen der Produkte, die wir verwirklichen möchten.
Aristotelis: Wir führen die CAM-Programmierung für CNC-Maschinen durch oder generieren Werkzeugwege für 3D-Drucker. Renderings sind ebenfalls möglich. Weitere Softwareprogramme wie Revit verwenden wir für Dokumentations- und Zeichnungsarbeiten sowie für die Zusammenarbeit mit der Kommunalverwaltung, damit alle Vorschriften eingehalten werden. Wir verfügen erstmals über eine Softwarereihe, mit der wir Projekte von Anfang bis Ende konsistent abwickeln können.
Kristensen: Einer der besten Aspekte unseres Berufs besteht für mich darin, das aus monate- oder jahrelanger Arbeit entstandene Produkt in der Realität zu sehen und festzustellen, dass es exakt der digitalen Version entspricht.
Aristotelis: Unser neuestes Habitat, in dem wir uns gerade befinden, wird in den nächsten 20 Jahren eingesetzt, um europäische Astronauten zu trainieren und sie auf die Rückkehr zum Mond vorzubereiten. Es handelt sich also um eine der am häufigsten genutzten Trainingseinrichtungen weltweit.
Mir ist bewusst, dass SAGA als kleines Unternehmen dank moderner Technologie in der Lage ist, ambitionierte Projekte durchzuführen. Vor zehn, 15 oder 20 Jahren wäre das unmöglich gewesen. Ich gehe morgens mit dem Wissen zur Arbeit, dass wir alles erreichen können – mithilfe unserer Mitarbeiter, Werkzeuge, Maschinen und Softwareprogramme.
Wenn mir über Nacht eine Idee einfällt, weiß ich, dass mein Team sie am nächsten Tag umsetzen kann. Genau das habe ich mir immer gewünscht.