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Vom Backstein zur Biomimetik: eine kurze Geschichte der Verbundwerkstoffe

Schon in den frühesten Stadien der Zivilisation haben Verbundwerkstoffe entscheidend zur Weiterentwicklung des Menschen beigetragen – von den luftgetrockneten Lehmziegeln der ersten Hochkulturen bis zur Kevlarverkleidung in der modernen Raumfahrt. Ohne die Erkenntnisse in der Materialkunde wäre die menschliche Zivilisation gewissermaßen in den Kinderschuhen stecken geblieben. In unserem Video zeigen wir Ihnen die (kurze) Geschichte der Verbundwerkstoffe – und inwiefern sie ein stabiles Fundament für den Ideenreichtum der Menschheit geschaffen haben.

[Transkript]

Erzähler: Welche prähistorische Technologie steckt noch heute hinter einigen der größten Innovationen? Verbundmaterialien.

Diese bestehen aus mindestens zwei unterschiedlichen Materialien, die zusammen ein neues Material bilden, das stärker als jede seiner Einzelkomponenten ist. Das Einsatzgebiet von Verbundmaterialien reicht von Gebäuden bis hin zu Luftfahrzeugen. Die Kombination mehrerer Komponenten zu einem neuen Supermaterial hat uns Möglichkeiten eröffnet, die bisher undenkbar waren. So lässt sich beispielsweise durch das Zusammenspiel von Zement und Bewehrungsstäben aus Stahl ein solides Verbundmaterial gewinnen, das robust genug für Brückenbeschichtungen ist.

Werfen wir einen Blick auf einige der ältesten Verbundwerkstoffe, die zu den zuverlässigen und leistungsstarken Materialien unserer Zeit geführt haben.

Schon um 7000 v. Chr. begann der Mensch mit der Verwendung von luftgetrockneten Ziegeln, einem Verbundmaterial aus Schlamm und Ton oder Stroh, und einem Geflecht aus Reisig, verstärkt durch einen klebrigen Putz aus Erde, Ton, Dung oder Fasern. Um 3400 v. Chr. verstärkten die Mesopotamier Holzmaterialien dadurch, dass Holzstreifen in unterschiedlichen Winkeln zusammengeklebt wurden. Das erste Sperrholz war geboren. Im antiken Ägypten wurden Verbundmaterialien aus Holzpapyrus und Gips verwendet, Kartonage genannt. Und während der Han-Dynastie in China wurden aus Papierpulpe und einem Klebemittel die ersten Strukturen aus Pappmaché gefertigt.

Beton, nach wie vor das verbreitetste Verbundmaterial überhaupt, wurde bereits im Jahr 25 v. Chr. vom antiken römischen Baumeister Vitruv beschrieben. Er war es auch, der verschiedene Varianten davon anhand von Sand und Kalkzement schuf. Sehr viel später, im Jahr 1853, läutete der erste Betonbau mit Eisenverstärkung von François Coignet das Zeitalter des Stahlbetons ein. Stahlbeton ist ein Verbundmaterial, bei dem Beton etwa durch Metallbewehrungen zusätzlich verstärkt wird. Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute die US-amerikanische Architektin Julia Morgan in Oakland, Kalifornien, den 22 Meter hohen Turm „El Campanil“ aus Stahlbeton. Dieses beeindruckende Gebäude hat 1906 das große San Francisco-Erdbeben schadlos überstanden, was den Startschuss für die Anwendung von Stahlbeton im großen Stil dank seiner seismischen Eigenschaften und seiner Feuerbeständigkeit gab.

1905 hat der belgische Chemiker Leo Baekeland durch Kombination von Kunststoff mit Holzmehl oder Asbestfasern den ersten Faserverbundwerkstoff mit der Bezeichnung Bakelit hergestellt. Dieses hitzebeständige und nichtleitende Material eignete sich ideal für Alltagsgegenstände wie Küchengeräte, Gehäuse für Elektrogeräte, Spielwaren und Schallplatten. Im Jahr 1936 dann stellte Dupont das erste Fiberglas vor, eine Kombination aus Glasfasern und Kunststoff, das sich dank seines Verhältnisses von Festigkeit zu Gewicht als Ersatz für Holz und Metall anbot. Eine besondere Rolle sollte dem Fiberglas während des zweiten Weltkriegs zukommen: Es wurde für Boote, Schiffe und Flugzeugrümpfe massenproduziert und eroberte in den 1950er-Jahren auch die Automobilindustrie.

Im selben Jahrzehnt nahm die Herstellung von Fiberglas gewaltige Ausmaße an, denn es wurde nun auch für so unterschiedliche Produkte wie Rotorblätter für Helikopter, Leiterplatten und Schusswaffenkomponenten eingesetzt. Ich glaube, dass unser Land sich noch vor Ende des Jahrzehnts auf ein bestimmtes Ziel konzentrieren sollte, nämlich dem einer bemannten Mondlandung, bei der die Crew sicher zur Erde zurückkehrt. Der Wettlauf ins All in den 1960er-Jahren machte den Ruf nach einem Material laut, das noch leichter, robuster und hitzebeständiger sein musste: Dies war die Geburtsstunde der Metallmatrix-Verbundstoffe, kurz MMC. Diese bestehen aus Metall und einem weiteren Material wie Keramik. Die 1959 patentierte Kohlefaser und die in den 1960er-Jahren entwickelte whiskerverstärkte Keramik bescherten uns dauerhaftere und temperaturbeständige Verbundmaterialien, die für Flugzeugträger geeignet waren.

Die 1970er-Jahre brachten dann neue Erfindungen wie den Verbundwerkstoff Kevlar, für den eine Aramid genannte Nylonkomponente Anwendung fand. Kevlar wird umfassend in der Luft- und Raumfahrt, in der Automobilbranche, in der Konsumgüterindustrie und bei Umweltschutz eingesetzt. Mit dem anhaltenden Wettlauf ins All nahm der Bedarf an temperaturbeständigen Materialien für Raumstationen und -schiffe zu. Auch Endverbrauchermärkte wie die Automobilindustrie trieben die Verbundwerkstofftechnik in den 1970er-Jahren weiter an, während verbesserte Graphitverbundmaterialien immer häufiger als Ersatz für Holz und Metall bei der Sportgeräteherstellung dienten.

Verbundwerkstoffe können auch beim Umweltschutz eine wichtige Rolle spielen. In den 1980er-Jahren erwies sich die Herstellung von mitteldichten Faserplattenverbundwerkstoffen als wirksames Mittel gegen übermäßige Abholzung. In den 1990ern dann fanden Universitätsforscher heraus, wie sich chemische Stoffe aus Holz entfernen und Polymere einbringen lassen, um das Material transparent zu machen, wodurch eine bruchsichere und biologisch abbaubare Alternative zu Glas oder Kunststoff geschaffen wurde. Zwar wurde transparentes Holz bereits in den 1990ern entwickelt, doch hat es sich nie richtig durchsetzen können. Erst jetzt finden allmählich weitere Entwicklungsarbeiten statt.

Es ist wenig verwunderlich, dass Verbundmaterialien mittlerweile nahezu jeden Aspekt unseres Alltags verändert haben. Mit der weiteren Erschließung des Alls, biologischer Entwicklungen und alternativer Energieformen bieten Verbundwerkstoffe die Grundlage für neue Technologien, die wir bisher für unmöglich gehalten hätten. Zu den neuesten Entwicklungen zählen dabei biomimetische Hybridwerkstoffe, welche die strukturellen Merkmale etwa von Krustentierschalen, Spinnenseide oder Perlmutt aufweisen oder die Isoliereigenschaften von Termitenhügeln, das Selbstheilungsvermögen der menschlichen Haut oder die Flugfähigkeit von Vögeln und Fledermäusen nachahmen.

Neue Nano-Verbundwerkstoffe mit Teilegrößen von 100 Nanometern oder noch weniger können für stärkere Batterien, zur Knochenheilung, zur Erstellung flexibler Elektronikkomponenten, zur Verbesserung des Verhältnisses von Festigkeit zu Gewicht bei Materialien und zur Tumorerkennung im menschlichen Körper verwendet werden. Und dann gibt es auch noch Robotikverbundstoffe, in denen Sensoren, Rechenkapazitäten und Betätigungsmechanismen vereint sind, damit Materialien auf verschiedene Stimuli reagieren können. Stichwörter hierbei sind die reaktive Tarnfähigkeit und autonome Maschinen.

Was uns die Zukunft auch immer bringen mag, eines steht fest: Verbundmaterialien stellen seit Anbeginn der menschlichen Zivilisation eine entscheidende Technologie dar, und sie werden auch weiterhin für bahnbrechende Entwicklungen in unserem Leben sorgen. Wer weiß? Vielleicht sind Verbundmaterialien auch der Schlüssel zu einem grüneren Planeten.