Skip to main content

Was ist ESG? Nachhaltiges Investieren leicht erklärt

Was ist ESG

Es gab einmal eine Zeit, da war der Unternehmenszweck schnell formuliert: Geld verdienen und Punkt. Diese Strategie hat sich bereits gewandelt. Heute setzen mehr und mehr Unternehmen auf ESG. Aber: Was ist ESG eigentlich?

Inzwischen gehen Investoren die Sache ganz anders an, was zu Veränderungen in den Unternehmen geführt hat. Heute spielen neben der Rendite auch Verantwortung für das Wohlergehen der Arbeitnehmerschaft und das Gemeinwohl eine Rolle. Kurz gesagt: Unternehmen müssen Gutes tun, und dafür müssen sie das Gute verkörpern.

Nie zuvor wurde dies deutlicher als in der schwierigen und beispiellosen COVID-19-Krise, die weltweit Menschen und Unternehmen betrifft – vom kleinen Fertigungsunternehmen bis hin zum Bauriesen. ESG-Investitionen, also nachhaltige Geldanlagen, waren schon vor der Krise wichtig, doch ihre Bedeutung wird weiter zunehmen, wenn sich die Menschheit von den Auswirkungen der Pandemie erholt und für die Zukunft mehr Resilienz anstrebt.

ESG Abkürzung
ESG Abkürzung: Das “S” bei ESG steht für Social: Gesundheit, Sicherheit und Diversität der Arbeitnehmer.

ESG Abkürzung und was hinter den 3 Buchstaben steckt

Hinter der Abkürzung ESG steckt eine große Idee: Unternehmen sollen ihre Geschäftsaktivitäten auch mithilfe von nichtfinanziellen Faktoren ausrichten. Das „E“ steht hierbei für Environment und umfasst beispielsweise die effiziente Nutzung von Energie und Rohstoffen. Das „S“ steht für Social und bezieht sich auf soziale Themen wie die Gesundheit, Sicherheit und Diversität der Arbeitnehmer. Der dritte Buchstabe „G“ steht für Governance, also Aspekte der Unternehmensführung, wie Unternehmensethik, Rechte der Anteilseigner und Vergütungsregelungen für Führungskräfte.

Während Unternehmenslenker die Bewertungen und Prognosen für ESG-Fonds kritisch im Auge behalten sollten, werden in den USA gegenwärtig Anlagen im Wert von umgerechnet knapp 12 Billionen US-Dollar mit Nachhaltigkeitszielen gemanagt. Gleichzeitig erwarten Analysten der Bank of America Merrill Lynch, dass ESG-Fonds in den nächsten 20 Jahren nochmal 20 Billionen US-Dollar an Vermögen zulegen können. Laut einer Studie von KPMG setzen inzwischen 75 Prozent der 100 größten Unternehmen weltweit auf nachhaltige Ansätze. Noch im Jahr 1993 betrug dieser Anteil demnach lediglich zwölf Prozent. Es steht offensichtlich außer Frage, dass ESG-Aspekte die Führung von Unternehmen zunehmend beeinflussen.

Als CFO halte ich ESG-Investitionen zum Wohle sowohl der Unternehmen als auch des Planeten für unabdingbar. Wir haben schließlich nur diese eine Erde. Dementsprechend müssen wir sie miteinander teilen und für sie Sorge tragen, so wie wir auch füreinander sorgen müssen. Glücklicherweise können Menschen ihre Positionen in Wirtschaftsunternehmen nutzen, um an der Entwicklung zukunftsfähigerer Praktiken mitzuwirken.

Wenn Sie jedoch zu den Menschen gehören, die Bauchschmerzen bei dem Gedanken bekommen, Geld in diese Veränderungen zu investieren, habe ich gute Neuigkeiten: ESG-Investitionen lohnen sich. Als erfahrener CFO und als US Chapter-Mitglied des von Prinz Charles gegründeten CFO Leadership Network nenne ich Ihnen fünf Gründe, warum Unternehmenslenker sich mit ESG beschäftigen und darin investieren sollten, um das Wachstumspotential ihrer Unternehmen auch in Zukunft voll auszuschöpfen.

1. ESG tut dem Planeten gut

Der Zustand der Ökosysteme verschlechtert sich alarmierend und wir erhalten monatlich neue Hiobsbotschaften. Um die Probleme in den Griff zu bekommen und Lösungen für eine bessere Zukunft zu finden, sind nicht nur die Regierungen zum Handeln aufgerufen. Auch Unternehmen müssen zu Vorreitern werden. Statt auf politische Maßnahmen und deren Umsetzung zu warten, können Unternehmen mit Regierungen und Behörden zusammenarbeiten und den nötigen Systemwandel mitgestalten und so beeinflussen, dass die ganze Welt davon profitiert.

So hat sich Autodesk beispielsweise vorgenommen, klimaneutral zu werden. Ist dieses achtbare Ziel erstmal gesteckt, muss sich ein Unternehmen zunächst damit auseinandersetzen, welche Auswirkungen seine Prozesse auf das Klima haben. Anschließend kann es versuchen, diese neutral zu gestalten. Dies lässt sich durch Investitionen in effizientere Technologien, die Umstellung auf erneuerbare Energien oder Klimakompensationsmaßnahmen erreichen. Kostet das kurzfristig Geld? Ja. Aber die Maßnahmen werden sich am Ende auszahlen.

Was ist ESG
Wichtige Frage für Unternehmen: Wie wirken sich Prozesse auf das Klima aus?

2. ESG hilft Unternehmen beim Risikomanagement

Kaum eine Führungsetage dieser Welt kommt heute um das Thema ESG herum. So wie auch die Kosten fürs Nichtstun täglich steigen, wächst in den meisten Unternehmen gleichzeitig die Notwendigkeit, planvoll vorzugehen und eine ESG-Strategie zu etablieren.

In seinem Anfang 2020 verfassten Brief an Konzernchefs legte Larry Fink, CEO beim weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock, dar, warum ESG schon heute zu den Standard-Benchmarks für Investoren zählt. Darin warnt Fink, man könne Klimarisiken und Anlagerisiken nicht länger voneinander getrennt betrachten.

Fink fügt auch hinzu, dass es ohne eine echte Standardisierung und bei gleichzeitig fehlender Kooperation hinsichtlich einer Offenlegung ESG-bezogener Kennzahlen schwer sei, diesen Investments eine Zustimmung zu erteilen. Unter der Leitung von Unternehmen wie BlackRock, das gegenwärtig ein Vermögen von 7 Billionen US-Dollar verwaltet, versuchen Unternehmen bei ihren Investitionsentscheidungen nun sowohl die Kosten für die ESG-Investitionen als auch die Kosten für ein Unterlassen dieser Investitionen zu erfassen.

Um diese Überlegung kommen kaufmännische Leiter in Unternehmen nicht herum: Wie hoch werden die Kosten am Ende sein, falls wir uns gegen diese Investitionen entscheiden?

3. ESG ist gut fürs Geschäft

Als CFO bin ich dafür verantwortlich, auf Trends zu achten, die sich auf die Zukunft des Unternehmens auswirken. Inzwischen ist klar geworden, dass sich Investitionen in ein gutes ESG-Verhalten auf vielfältige Weise auszahlen: Werden ESG-Risiken, beispielsweise von Rechenzentren verursachte Treibhausemissionen oder Risiken in Bezug auf Datenschutz oder Kundensicherheit, angegangen und gleichzeitig die Vielfalt unter den Mitarbeitern gefördert, um Innovationen zu ermöglichen, lassen sich Gewinne maximieren. Dadurch wird das Unternehmen aber auch interessanter für Investoren.

Warum zahlen sich geschickte ESG-Investitionen besonders aus? Weil Sie dadurch zeigen, dass Sie die Zeichen der Zeit erkannt haben und die richtigen Dinge anpacken. Man erkennt, dass Ihr Management gesund aufgestellt und in der Lage ist, langfristig zu planen und nicht nur kurzfristig agiert. Solch ein schlau ausgerichteter Fokus des Managements lenkt die Aufmerksamkeit der Investoren auf Ihr Unternehmen und dies wiederum lässt sich am Ende gewinnbringend nutzen.

Allerdings muss hinter den ESG-Investitionen natürlich mehr stecken als Schönfärberei. Es bringt nichts, ein paar nette Floskeln in den Jahresbericht aufzunehmen und sich damit als Wohlfühlunternehmen und Weltverbesserer zu profilieren. Für viele Unternehmen stehen Erträge und Investitionen noch immer vor ESG-Elementen, die erst an dritter Stelle kommen. Manche meinen offenbar, sie würden sich bereits als ESG-konform qualifizieren, nur weil sie keine giftigen Abwässer in einen Fluss einleiten. Investoren können diese plumpen Versuche jedoch gut von wahren ESG-Intentionen mit den entsprechenden Prozessen unterscheiden – eine klare Chance für Unternehmen, die diesen Weg wählen.

Was ist ESG
Nachhaltigkeit ist vor allem bei jüngeren Generationen ganz oben auf der Agenda.

4. Die nächsten Generationen setzen ganz sicher auf ESG

Für die kommenden Jahrzehnte kündigt sich ein gigantischer Generationswechsel an. Die Babyboomer werden durch Altersgruppen abgelöst, die Generation X, Millennials und Generation Z genannt werden. Ich gehöre – wenn auch nur knapp – der Generation der Babyboomer an. Uns ist nicht entgangen, dass die nachfolgenden Generationen uns vorwerfen, wir würden uns um unsere Verantwortung bei Nachhaltigkeitsfragen drücken.

Den kommenden Generationen ist ESG außerordentlich wichtig, sodass die ESG-Standards und die Nachhaltigkeitsperformance eines Unternehmens stark beeinflussen, wie und wo diese jüngeren Investoren sich beteiligen. Sie orientieren sich bei ihren Investitionsentscheidungen ganz selbstverständlich an nachhaltigen Unternehmen und lassen sich von diesen leiten.

Falls ESG bei den Planungen und Zielen für Ihr Unternehmen bisher noch keine Rolle spielte, dann sollten Sie zur Kenntnis nehmen, dass der Wandel bereits begonnen hat. Der Generationswechsel findet in den nächsten Jahrzehnten statt und wird mit einem Wohlstandstransfer verbunden sein. Unternehmen, die das verschlafen, werden die Verlierer dieses Wandels sein.

5. ESG-Standards kommen

Wenngleich ESG-Investitionen inzwischen weit verbreitet sind und gut angenommen werden, fehlen derzeit noch Standards für ESG-Kennzahlen. Solche Standards mit etablierten Kennzahlen, mit denen man Unternehmen untereinander vergleichen kann, gibt es beispielsweise für die Unternehmensverschuldung. Für ESG fehlen sie bislang.

Doch auch das ändert sich bereits. So haben unter anderem Sustainalytics und MSCI Bewertungsmechanismen entwickelt, die Investoren dabei helfen, Aufwände und Erträge von Unternehmen zu verstehen. Eine universelle Messbarkeit wird von allen begrüßt werden, wenn Unternehmen beginnen, ihre Ausgabenplanungen und geschäftlichen Entscheidungen unter Einbeziehung von ESG-Kriterien zu treffen. Durch Standards zur Offenlegung würden die internen Prozesse sichtbarer werden, die Unternehmen mit vorbildlichem ESG-Verhalten ausmachen.

Die Frage lautet daher: Wenn diese Standards kommen, liegen Sie dann noch immer vor Ihren Wettbewerbern? Falls nicht, was bedeutet das für Ihr Investitionspotenzial?

Unternehmen setzen auf ESG-Investing, da sie davon überzeugt sind, dass die langfristig damit für Menschen und Ökosysteme weltweit verbundenen Vorteile die kurzfristigen Bemühungen wert sind und diese mit nachhaltigem Wachstum und Erträgen belohnt werden.

Klar, Gewinne stehen noch immer im Vordergrund. Aber auch faire, sozialverantwortliche und umweltfreundliche Geschäftspraktiken werden eingefordert – von Arbeitnehmern, Geschäftspartnern und zunehmend auch von Investoren. Unternehmen, die schon jetzt an diesem zukunftsorientierten Wandel teilnehmen, haben langfristig die besten Perspektiven.

Über den Autor

R. Scott Herren ist ehemaliger Chief Financial Officer von Autodesk. In dieser Position koordinierte Herren die Neugestaltung unseres Geschäftsmodells bei unserem Wechsel von unbefristeten Lizenzen zum Abonnementmodell.

Profile Photo of Scott Herren - DE