Der Markt für Wärmepumpen wächst rasant; deutsche Wärmepumpenhersteller investieren in automatisierte Produktionsstandorte
Viessmann nutzt digitale Technologien, um am neuen Fabrikstandort in Polen Herstellungsprozesse zu optimieren und im Herbst 2023 mit der Produktion von Wärmepumpen zu beginnen
Die digitale Fabrikplanung bei Viessmann dient als Blaupause für die Errichtung künftiger Produktionsstandorte
Der Absatz von Wärmepumpen ist in den vergangenen Jahren in die Höhe geschnellt. Das Handelsblatt spricht gar vom „Jahrzehnt der Wärmepumpe“ und sieht die Hersteller von Wärmepumpen als Gewinner der Energiewende an. Diese würden sich nun auf den erwarteten Boom vorbereiten. Dieser zeichnet sich schon längst ab. 2022 wurden in Deutschland 236.000 Wärmepumpen zum Heizen verbaut, 2021 waren es noch 154.000.
Die Produktionshalle am Viessmann Unternehmenssitz in Allendorf, Hessen. Im Herbst 2023 möchte Viessmann mit der Produktion von Wärmepumpen am Standort Polen beginnen. Credit: Viessmann.
Ab 2024 sollen laut Bundesverband Wärmepumpe e.V. 500.000 Wärmepumpen jährlich installiert werden, „der Feldbestand bis 2030 von derzeit 1,4 auf 6 Millionen Anlagen anwachsen.“ Die Hersteller können also von einem weiter steigenden Absatzmarkt ausgehen.
Auf diesen Trend reagiert auch der deutsche Heizungs- und Klimaspezialist Viessmann. Das Unternehmen will in den kommenden drei Jahren insgesamt eine Milliarde Euro in die „grüne“ Heiztechnik investieren. Ein Fünftel davon, also 200 Millionen Euro, fließen in den Bau eines neuen Fabrikstandorts im polnischen Legnica. Der circa 50.000 Quadratmeter große Produktionsstandort soll laut Viessmann eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel und gegen die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern einnehmen. Mit den Investitionen wolle Viessmann einen „Beitrag zur geopolitischen Unabhängigkeit Europas und zum Umstieg auf erneuerbare Energien“ leisten. Bereits vor Beginn des Ukraine-Kriegs bescherte die hohe Nachfrage nach Wärmepumpen – mit einem Plus von 41 % – dem Unternehmen 2021 einen Umsatzrekord, wie das Unternehmen im Mai 2022 mitteilte.
Die derzeitige politische Situation und die Anstrengungen der Regierung, Deutschland von russischen Gaslieferungen unabhängig zu machen, werden den Absatz noch weiter ankurbeln. Klar ist, dass sich der Hersteller für die weiter steigende Nachfrage rüstet und die Fertigungskapazitäten für den Bau von Wärmepumpen massiv erweitert. Die Mitarbeitenden für diesen Geschäftsbereich habe man in diesem Bereich nahezu verdoppelt, verkündete das Unternehmen Anfang Februar 2023.
Dass die Produktion in Legnica innerhalb von zwei Jahren nach Initialplanung starten kann – nur etwas mehr als ein Jahr nach der Grundsteinlegung im Sommer 2022 – sei „nur dank der digitalen Planung möglich“, wie Norbert Schmidt, Digital Factory Expert bei Viessmann, betont.
Digitale Fabrikplanung bei Viessmann beschleunigt Produktion von Wärmepumpen
Mit der Entwurfsplanung (Concept Design) für die Fabrik in Polen startete man im September 2021, ein Jahr später begann die Ausführungsphase (Detail Design). „Danach folgte die weitere Detaillierung der Objekteigenschaften in den Gewerken“, erzählt Norbert Schmidt.
Die Basis für die Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten ist ein Gesamtplanungsmodell. Hier werden alle Gewerke zu einem 3D Modell zusammengeführt. Kollisionen können so frühzeitig erkannt werden. Alle Projektbeteiligten haben Zugriff auf den aktuellen Planungsstand. Neben Bauherr Viessmann fungiert die polnische Zweigstelle von Bilfinger Tebodin als Generalplaner. Die BIM-Koordination und das BIM-Management hat man E3D-Ingenieure aus Aachen übertragen, damit diese Aufgaben „unabhängig von den Gewerken ausgeführt werden“, erläutert Schmidt.
Alle Projektbeteiligten haben Zugriff auf das Gesamtmodell via BIM 360, eine cloudbasierte Lösung von Autodesk, um die Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten zu verbessern. Die Modell-Überprüfung und die Projekt- und Kollisionskontrolle erfolgt in Navisworks. Die sogenannte „Clash-Detection“ ist eine der wichtigsten Funktionen, die dafür sorgen, dass die Arbeiten auf der Baustelle reibungslos vonstattengehen. Norbert Schmidt: „Schon in der Planungsphase erkennen die Kollegen ein Problem und stellen es ab, bevor die Gewerke auf der Baustelle zum Einsatz kommen. Die bisher oft notwendigen Abstimmungen bei konventionellen Bauprojekten zur Ursachenklärung und Fehlerbehebung werden reduziert oder gar vermieden.“
Der Absatz der Wärmepumpen – der umweltfreundlichen Alternative zu Öl- und Gasheizungen – ist von 2021 auf 2022 sprunghaft angestiegen. Credit: Bundesverband Wärmepumpen e.V.