Notre Dame: So erleichtern digitale Scanverfahren die Restaurierung
- Das Unternehmen Art Graphique & Patrimoine (AGP) hat sich auf die Digitalisierung und Vermessung historischer Gebäude spezialisiert und spielte eine tragende Rolle bei der Restaurierung der Pariser Kathedrale Notre-Dame
- AGP kombiniert hochspezialisierte dreidimensionale Vermessungsverfahren mit viel Erfahrung im Denkmalschutz und einem multidisziplinären Team
- Durch den Scan-to-BIM-Prozess von AGP können komplexe 3D-Modelle historischer Gebäude wie der Notre Dame erstellt werden, die für die Restaurierung wertvolle Informationen liefern
Am 15. April 2019 kam es zu einem verheerenden Brand in der berühmten Pariser Kathedrale Notre-Dame. Zu den Unternehmen, die seitdem an dem anspruchsvollen Wiederaufbauprojekt des Kulturerbes beteiligt sind, zählt das französische Unternehmen Art Graphique & Patrimoine (AGP), das durch seine besondere Spezialisierung auf moderne Methoden der Laservermessung und der Digitalisierung von Baudenkmälern viel zur Rekonstruktion beitragen kann.
Mit der Erstellung des gewaltigen 3D-Gebäudemodells spielte AGP nicht nur eine tragende Rolle in diesem bedeutenden Projekt, sondern konnte auch einmal mehr die Leistungsfähigkeit der BIM-Technologien von Autodesk unter Beweis stellen.
Restaurierung der Notre Dame: AGP nutzt moderne Verfahren der 3D-Digitalisierung und Spezialwissen
Das französische Unternehmen AGP hat sich ganz dem Denkmalschutz und der Denkmalpflege verschrieben und kombiniert seine besondere Leidenschaft für historische Gemäuer und Baudenkmale mit hochspezialisierten dreidimensionalen Vermessungsverfahren. Mit mehr als 25 Jahren Erfahrung in Frankreich und im Ausland hat AGP ein einzigartiges Spezialwissen aufgebaut und kann auf ein multidisziplinäres Team aus Architekten, Ingenieuren, Steinmetzen, Restauratoren, Grafikern, Entwicklern, Historikern und Archäologen zählen.
Insbesondere bei der Digitalisierung und Visualisierung historischer Bauten konnte AGP neue Maßstäbe setzen. Für die bekanntermaßen so wichtige baudenkmalpflegerische Dokumentation haben sich zwei- und dreidimensionale Rendering-Daten als ausgesprochen wertvoll erwiesen. Dies gilt umso mehr für die gefährdete Substanz.
Neben der Bearbeitung derartiger Aufträge entwickelt AGP auch öffentliche Anwendungen zu Bildungs- und Unterhaltungszwecken. So können Sehenswürdigkeiten wie die Pont d'Avignon und die Villa Majorelle in Frankreich oder die Kreuzritterburg Krak des Chevaliers in Syrien heute dank der von AGP erstellten Punktwolken und BIM-Modelle virtuell besichtigt werden.
Der Scan-to-BIM-Prozess
Die 3D-Digitalisierung eines historischen Gebäudes ist eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe. Jedes einzelne Denkmal hat seine charakteristischen Merkmale, die die für den Scanprozess erforderlichen technischen Verfahren und Anforderungen bestimmen.
1. Datenerfassung am Objekt
Die 3D-Daten werden vor Ort entweder durch Lasergrammetrie vom Boden aus oder durch Photogrammetrie aus der Luft erfasst, wobei beide Verfahren auch kombiniert werden können. Mit einem Laserscanner oder einer Drohne nehmen die Spezialisten von AGP unzählige millimetergenaue Messungen vor.
2. Analyse der Scans
Anschließend werden die Scans von den Experten bei AGP bearbeitet, bereinigt, zusammengefügt und analysiert, um sicherzustellen, dass das digitale Modell die Realität so gut wie möglich abbildet.
3. Datenvorbereitung und 3D-Modellierung
Im nächsten Schritt werden die aufgenommenen Punktwolken in Autodesk ReCapPro verarbeitet und vorbereitet. Nach dem anschließenden Import in Autodesk Revit erstellt AGP das BIM-Modell der Kathedrale, das datenreiche Objekte wie Wände, Dächer, Säulen und Decken enthält.
4. Dokumentation und Datenextraktion
Aus dem BIM-Modell lassen sich vielfältige technische Unterlagen wie Grundrisse, Aufrisse, Schnitte, axonometrische Ansichten, Werkszeichnungen und Perspektiven sowie genaue Spezifikationen und Mengenangaben für Materialien generieren.
5. Anwendungen des digitalen Modells
Das BIM-Modell ist für alle Projektbeteiligten zugänglich und gibt Auskunft über sämtliche Merkmale des Objekts, einschließlich der Art und Menge der Materialien. Anhand dieses umfangreichen Modells können Architekturbüros, Fachplanende und ausführende Unternehmen die Geometrie des Objekts untersuchen, genaue Messungen vornehmen und die Kosten für Baumaßnahmen ermitteln.
Spezialkenntnisse im Laufe der Zeit aufgebaut
AGP führt seit mehr als 25 Jahren Untersuchungen an der Notre-Dame de Paris durch und kann dadurch auf eine äußerst umfangreiche Informations-Datenbank zurückgreifen. Bereits 1993 führte das Unternehmen die erste digitale Vermessung der Kathedrale durch und erstellte geometrische Ansichten für Instandhaltungszwecke. 2010 erbrachte AGP in Zusammenarbeit mit dem belgischen Kunsthistoriker Andrew J. Tallon an dem altehrwürdigen Gebäude Vermessungsleistungen mit Laserscannern.
Während das Vorgehen bei der Vermessung der verschiedenen Objekte vergleichbar ist, unterscheidet sich die 3D-BIM-Modellierung von Bauwerk zu Bauwerk und richtet sich dabei nach den kritischen Merkmalen des jeweiligen Objekts. Für die Experten von AGP liegt die eigentliche Herausforderung in der Aufgabe, die für jedes Denkmal spezifischen Bauwerksverformungen digital abzubilden.
Was BIM leisten kann
Der Einsatz von BIM bietet auch im Denkmalschutz enorme Vorteile. Die damit verbundenen Methoden ermöglichen eine Erfassung der physischen Objekte im Bestand und ihre Überführung in digitale Assets. Damit können die verantwortlichen Liegenschaftsverwaltungen und Eigentümer zukünftige Pflege- oder Sanierungsmaßnahmen anhand der datenreichen BIM-Modelle nicht nur besser vorausplanen, sondern in Verbindung mit einem computergestützten Verwaltungs- und Instandhaltungssystem mit Zugriff auf Sensordaten das Modell auch um zahlreiche Echtzeitinformationen erweitern und den Betrieb und die Instandhaltung ihrer Denkmäler und Gebäude optimal planen und überwachen.