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Mobilität der Zukunft – Chefdesigner verraten die 6 wichtigsten Automobiltrends

Langzeitbelichtung eines vorbeifahrenden Autos, analog zum futuristischen Charakter der Mobilität der Zukunft
Die Mobilität der Zukunft wird nicht nur vernetzter sein, sondern auch nachhaltiger. Die Veränderungen in den Designstudios und auf den Straßen wird in Lichtgeschwindigkeit voranschreiten. 
  • Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Automobilhersteller zunehmend Softwareexpertise aufbauen
  • Cloudbasiertes Arbeiten wird in der Automobilbranche wichtiger denn je
  • Der disruptive Wandel verlangt Change Management von Führungskräften, um Mitarbeitende mitzunehmen

Einmal im Jahr treffen sich Experten aus der Automobilbranche aus der ganzen Welt auf dem Automotive Innovation Forum von Autodesk. Was sich wie ein Klassentreffen unter Automobildesignern und -ingenieuren anfühlt, ist ein wichtiger Kompass für das Auto der Zukunft in der Gesellschaft. Richtungsweisend sprachen Chefdesigner über die sechs wichtigsten Trends der Branche.

1. Elektrifizierung

Die Elektrifizierung der Mobilität hat in den letzten Jahren stark an Fahrt aufgenommen und wird zweifellos einer der bedeutendsten Trends der Automobilbranche bleiben. Immer mehr Automobilhersteller investieren in die Entwicklung von Elektrofahrzeugen, um den steigenden Bedarf nach umweltfreundlichen Mobilitätslösungen zu decken. So wollen u. a. General Motors, Volvo, Jaguar Land Rover und Aston Martin in absehbarer Zukunft komplett elektrisch fahren. VW investiert allein bis Ende 2023 über 30 Milliarden Euro in die geplante Markteinführung von knapp 70 E-Modellen im Laufe der nächsten zehn Jahre.

Wenn die Mobilität der Zukunft im Hier und Jetzt ankommt: Elektroauto an der Ladesäule
Der Klimawandel zwingt Automobilhersteller neue Antriebstechnologien auf den Markt zu bringen. Im Jahr 2030 soll es weltweit 116 Millionen Elektrofahrzeuge geben. Gegenüber dem Jahr 2020 hätte sich die globale Elektrofahrzeug-Flotte damit mehr als verzehnfacht. Credit: AUDI AG.

Durch die Elektrifizierung des Autos haben Designer sogar eine freiere Hand, um ihre Ideen umzusetzen – beispielhaft ist der Battista von Automobili Pininfarina. Durch die tiefliegende T-förmige Batterieverlegung im Inneren des Autos bleibt viel Raum für das Design. Laut Interior-Direktor Francesco Cundari könnten die minimalistischen Designlinien damit durch das komplette Chassis laufen, ohne Unterbrechung durch Kabelstränge, die normalerweise im Auto verbaut sind. „Der elektrische Antrieb gibt uns unheimlich viel Freiheit im Design“, so Cundari.

2. Autonomes Fahren

Automobilhersteller und Technologieunternehmen investieren auf dem Weg in die Mobilität der Zukunft massiv in die Entwicklung von selbstfahrenden Autos. Die deutsche Bundesregierung fördert zurzeit über ein Dutzend Pilotprojekte zum Thema autonomes Fahren, während in den USA mehr als 80 Unternehmen insgesamt 1.400 selbstfahrende Autos auf den Prüfstand stellen. Und auch in Peking haben Pony.ai und Baidu fahrerlose Taxis an den Start gebracht. Prognosen zufolge sollen autonome Fahrzeuge bis 2030 ein Zehntel des Straßenverkehrs ausmachen.

Durch den Einsatz von Sensoren, Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen werden Fahrzeuge in der Lage sein, komplexe Verkehrssituationen eigenständig zu bewältigen.

Wie die Mobilität der Zukunft mit autonomen Autos aussehen kann, zeigt die italienische Designschmiede Italdesign anhand ihres fahrerlosen Mobilitätskonzepts Cimb-E. Während das Auto die Insassen von A nach B fährt, macht ein Unterhaltungsprogramm im Inneren das Fahren zu einem kurzweiligen Erlebnis. Da solche Konzepte für die jetzige Realität oft sehr abstrakt klingen, nutzen Automobilhersteller VR- und Simulationssoftware wie Autodesk Maya oder Autodesk VRED, um Kunden und Stakeholder von ihren innovativen Zukunftsideen zu überzeugen. „Die Technologie ist für uns ein fundamentales Werkzeug für die Umsetzung von Innovationen wie das Climb-E“, so Joaquin Garcia, Head of Design von Italdesign.

3. VR, AR, & MR

Virtual, Augmented und Mixed Reality (VR, AR & MR) kommen zunehmend auch in den VR-Räumen der Automobilhersteller zum Einsatz, um Prototypen zu entwerfen. Das spart nicht nur Material, sondern auch Zeit und Geld. Denn ein reell gebauter Prototyp kann schon einmal über 500.000 Euro kosten und mehrere Wochen Bauzeit beanspruchen – und dabei handelt es sich um einen Entwurf, der kaum Änderungen zulässt. Im digitalen Modell hingegen lassen sich Details schnell verändern, ohne zusätzliche Kosten zu verursachen. „Mit der VR-Technologie können wir im Prototypenbau viele Wochen Arbeit sparen“, weiß Robert Dyhringer, Projektleiter im VR-Center der Van-Gruppe von Mercedes-Benz. „Für eine durchgeführte VR-Untersuchung haben wir letztens zwei Tage gebraucht.“ Die herkömmliche Prototypenentwicklung hätte ganze vier Wochen gedauert.

4. Konnektivität

Durch die Vernetzung von Fahrzeugen mit dem Internet ist das Automobil in der Lage, mit seiner Umwelt zu kommunizieren. Damit müssen Automobilhersteller zunehmend wie Softwareunternehmen denken. Durch die Integration von Infotainment-Systemen, Fahrerassistenzfunktionen und drahtloser Kommunikation können Autos in Echtzeit mit anderen Fahrzeugen, Verkehrsleitsystemen und Cloud-Diensten interagieren. Dies ermöglicht personalisierte Dienstleistungen, Echtzeit-Verkehrsdaten und die Integration von Smart-Home-Technologien. Damit erweitert sich auch die Zielgruppe von Automobilherstellern. Nicht mehr der Fahrer steht im Mittelpunkt, sondern alle Insassen. Ob Karaokepartys oder Leseecken – der Kunde möchte in Zukunft im Auto digital unterhalten werden.

Aber nicht nur das Auto selbst nutzt die Vorteile der globalen Konnektivität, sondern auch Designer profitieren von den Vorteilen vernetzter Arbeit. Automobildesigner werden zukünftig komplett in der Cloud kollaborieren, um ortsunabhängig und effizient die Fahrzeuge von morgen zu entwerfen. Eine fundierte Softwareexpertise wird somit zu einem wichtigen Differenzierungsmerkmal für Automobilhersteller.

5. Integrierte Fabrikplanung

„Der Klimawandel erlaubt uns keine langwierigen Planungsprozesse für die Fabriken der Zukunft. Mir müssen schneller und effizienter werden“, so Axel Save, Engineering Manager – Factory Layout & Modelling bei Northvolt. Er plant und baut mit seinem Team die Gigafactories der Zukunft, die derzeit weltweit wie Pilze aus dem Boden schießen und den Bedarf an Batterien für die Elektroautos sichern sollen. Dabei setzt Northvolt genauso wie Porsche oder e.Go auf Integrierte Fabrikplanung, um in einem zentralen BIM-Modell alle Details der Fabrik digital darzustellen. Mittelpunkt des Modells ist das Gebäude – die Fabrik. In ihr befinden sich alle Gewerke digital abgebildet – vom Roboter bis hin zur Fertigungsstraße. Alle Baubeteiligten kommen in diesem Modell zusammen: Architekten, Fabrikplaner, Bauunternehmer, Montageexperten, Brandschützer und andere Behörden. Ihre Entwürfe, Daten und Informationen wie Kosten, Lieferanten, Material und Flächengröße treffen sich somit zentral. Das wiederum spart Zeit, da Abstimmungs- und Änderungsprozesse in einem zentralen Modell erfolgen.

Moderne Auto- und Batteriewerke: Wo die Zukunft der Mobilität zur Wirklichkeit wird
In einem integrierten Fabrikplanungsmodell kommen alle Baubeteiligten in der Cloud zusammen, um die Auto- und Batteriewerke der Zukunft zu entwerfen.

6. Künstliche Intelligenz

„Im Vergleich zu anderen Technologien steckt die Künstliche Intelligenz noch in den Kinderschuhen“, findet Ehab Kaoud, ehemaliger Chief Exterior Designer für Trucks & SUVs bei Ford und Lehrbeauftragter für Verkehrsplanung am College for Creative Studies (CCS) in Detroit. „Aber KI wird kommen. Und den Markt umkrempeln“, ist sich der Designexperte sicher. Kaoud experimentiert bereits mit Künstlicher Intelligenz, um Inspiration für seine Automobilentwürfe zu bekommen. „KI macht uns zu besseren Designern“, meint Kaoud. Denn sie kreiere manchmal Ideen, auf die der Mensch nie gekommen wäre.

Gleiches gilt für das KI-basierte Generative Design: Mithilfe von Algorithmen erstellt der Computer auf Basis von vorgegebenen Parametern Tausende von Entwürfen. Der Designer prüft die Alternativen und verfeinert den Entwurf. Toyota nutzte diese Technologie beispielsweise, um einen Rahmen für einen leichteren und nachhaltigen Autositz zu entwerfen.

Künstliche Intelligenz wirkt auch am Designprozess der Mobilität der Zukunft mit
Dieser Entwurf stammt aus der Feder einer Künstlichen Intelligenz. KI-Technologien werden zunehmend eine Rolle im Designprozess von Autos spielen und auf diese Weise die Mobilität der Zukunft mitgestalten. Credit: Ehab Kaoud.

Viele dieser Trends wird die Arbeitsweise von Designern, Ingenieuren und Konstrukteuren massiv verändern. Das verlangt eine feinfühlige Kommunikation aus dem Management, um die Belegschaft mitzunehmen und auf dem Weg disruptiver Veränderungen nicht zu verlieren. Neben all den Softwarelösungen, die Experten zukünftig beherrschen müssen, sollte Change Management für alle Führungskräfte in der Automobilbranche das wichtigste Tool sein, um mehr PS auf die Straßen von morgen zu bringen.

Über den Autor

Friederike Voigt war früher als Journalistin tätig und ist heute in ihrer Rolle als Content Manager bei Autodesk für Redshift in EMEA verantwortlich. Während ihres Studiums der Fächer Medienmanagement und Kunstgeschichte erhielt sie ein journalistisches Stipendium und arbeitete für die Deutsche Presse-Agentur sowie verschiedene Zeitungen und Zeitschriften wie das Cicero Magazin.

Profile Photo of Friederike Voigt - DE