Die Howard University setzt auf KI in der Lehre

Innovative Technologien eröffnen Studierenden und Lehrkräften neue Möglichkeiten, an die nachhaltige Planung heranzugehen.


Im neuen Design and Make Lab der Howard University sollen ähnliche Technologien bereitgestellt werden wie in den Autodesk Technology Centers, z. B. diesem in San Francisco. Credit: Autodesk.

Credit: Autodesk.

Ein Mann sitzt in einem Technikraum am Computer.

Zach Mortice

29. September 2025

Min. Lesedauer
  • Um Nachhaltigkeitsziele für die gebaute Umwelt zu realisieren, ist eine fundierte technische Ausbildung für künftige Fachleute im Architektur- und Ingenieurwesen nötig.

  • Die Howard University, eine historisch afroamerikanische Hochschule, richtet ein neues Design and Make Lab mit einem digitalen Designlabor und einem Makerspace ein, das  Kompetenzaufbau, immersives Lernen und interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern soll.

  • Einrichtungen wie diese setzen auf eine Digital-First-Planung und könnten gleichzeitig mehr Vielfalt in den Bereichen Architektur-, Ingenieur- und Bauwesen sowie Objektbetrieb ermöglichen.

Der notwendige Schritt hin zu einer kohlenstoffneutralen gebauten Umwelt erfordert beispiellose Modernisierungen der Infrastruktur. Das Architektur-, Ingenieur- und Bauwesen sowie der Objektbetrieb und die unterstützenden Bildungseinrichtungen sind mit einer unangenehmen Wahrheit konfrontiert: „In den USA sind wir nicht annähernd in der Lage, die Anzahl an Fachkräften mit den erforderlichen technischen Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen“, sagt John Anderson, Dekan des College of Engineering and Architecture der Howard University in Washington. „Hier klafft eine riesige Lücke.“

Der Dekan sieht eine Aufgeschlossenheit für KI und digitale Designtools unter Lehrkräften als die einzige Möglichkeit, um die nötigen Bau- und Planungsfachkräfte auszubilden und damit die gegenwärtigen und zukünftigen Nachhaltigkeitsziele für die gebaute Umwelt der USA zu erreichen. KI sei ein Lehrmittel, das Studierenden hilft, schneller zu lernen, sowie ein Effizienzbooster, der es Fachkräften im Ingenieurwesen oder in der Planungsbranche ermögliche, ihre Fähigkeiten dort einzusetzen, wo sie unersetzlich seien.

Eine Investition in die Zukunft

Im Juni übergab Autodesk eine Spende in Höhe von 5 Millionen US-Dollar an das College of Engineering and Architecture der Howard University – die größte nicht zweckgebundene philanthropische Zuwendung in der Geschichte des College. Diese Investition wird den Aufbau eines hochmodernen Design and Make Lab mitfinanzieren. Auf einer Fläche von 232 Quadratmetern soll die neue Einrichtung ein digitales Designlabor, einen Makerspace und Unterrichtsräume umfassen sowie MINT-Fächer-Aktivitäten für die Primar- und Sekundarstufe anbieten. Der Bau solcher Einrichtungen an der traditionsreichsten historisch afroamerikanischen Hochschule in den USA könnte einen wichtigen Beitrag zur Diversifizierung von Branchen leisten, die nach wie vor von weißen Arbeitnehmenden dominiert werden: Nur 3 % der Maschinenbauingenieure sowie 2 % der Architekten in den USA sind schwarz.

Ein Mann trägt eine VR-Brille.
Das neue Labor wird auch einen Raum für virtuelle Realität umfassen.

„Dieser Raum bringt Planung, Umsetzung und Lernen zusammen“, so der College-Dekan. „In einer idealen Welt würden unsere Studierenden mit einem Auftraggeber mit einem bestimmten Bedarf anfangen, basierend auf der Interaktion mit diesem Auftraggeber Spezifikationen entwickeln und anschließend einen Prototyp entwerfen.“

Der promovierte Elektrotechniker möchte mit diesem Labor nicht nur Planende und Auftraggeber zusammenbringen, sondern auch ein Zentrum für interdisziplinäre Zusammenarbeit schaffen: „Die Idee ist, dies als Antrieb zu nutzen, um Fachbereiche zusammenzubringen, die sonst vielleicht nicht die Gelegenheit dazu hätten – BWL-Studierende können beispielsweise mit Studierenden der Informatik und des Ingenieurwesens zusammenarbeiten, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.“

Die Integration des digitalen Designs

Auf ähnliche Weise kam er selbst zur Elektrotechnik. Sein Vater, ein Mediziner und Howard-Absolvent, der verstarb, als Anderson sieben Jahre alt war, hinterließ ihm kleine Elektronik-Bausätze wie etwa Widerstände und Kondensatoren. Es stellte sich heraus, dass sein Vater ein Fernstudium belegt hatte. Erst viel später erkannte Anderson, was diese Gegenstände waren. Diese Entdeckung beeinflusste seine eigene Berufswahl.

Das College of Engineering and Architecture der Howard University legt einen Schwerpunkt auf digitale Planung mit einem Einführungskurs zum maschinellen Lernen für alle Studierenden. Neben dem Design and Make Lab betreibt das College ein eigenes Labor für Sprachmodelle, in dem KI eine wichtige Rolle spielt. Dazu werden Forschungsprojekte für alle Studierenden von staatlichen Förderern und Industriepartnern unterstützt.

Üblicherweise wird der Lehrplan von den Lehrkräften gestaltet, die in ihren Fachgebieten aktiv forschen. „Als Dekan bin ich nicht daran beteiligt“, erklärt Anderson. „Es sind vielmehr die Lehrkräfte als anerkannte Führungspersonen innerhalb der jeweiligen Abteilungen in Zusammenarbeit mit dem Lehrplan-Ausschuss oder anderen Lehrkräften. Diese Kollegen überlegen gut, wie wir unsere Studierenden am besten vorbereiten und wie wir sicherstellen können, dass sie keine Chancen verpassen. Wir sind nicht so groß wie Cornell, das MIT oder Purdue, deshalb versuchen wir immer, über uns hinauszuwachsen.“ Möglich wird dies durch Partnerschaften wie etwa mit Autodesk. „Dadurch wollen wir unseren Studierenden die größte Vielfalt an Chancen bieten, die mit unseren aktuellen Ressourcen machbar ist“, so der Dekan weiter.

Die wachsende Rolle der KI im Bildungswesen

Der nächste Schritt in der Entwicklung der Planungs- und Bauwissenschaften bringt mit sich auf der einen Seite eine Erweiterung des Fachwissens von Architekten und Ingenieuren in multidisziplinären Umgebungen – und auf der anderen eine Erweiterung der Kapazitäten der Bildungseinrichtungen selbst, weshalb neue digitale Lehrmittel benötigt werden. Anderson sieht in der KI das Potenzial, Tools zu entwickeln, die auf das Wissen der individuellen Studierenden reagieren und Unterrichtspläne spontan zusammenstellen und präsentieren. Diese Tools könnten über Text und Bild kommunizieren, verschiedene Lösungen vergleichen oder gegenüberstellen sowie das Lernen der Studierenden individuell an die Kursziele anpassen, „um sie zu fördern, wenn sie sehr gut sind, und sie zu unterstützen, wenn sie Schwierigkeiten haben“, so Anderson.

Als Pädagoge weiß Anderson, dass MINT-Lehrkräfte aufpassen müssen, nicht zu viel Verantwortung an die KI abzugeben: „Diese Gratwanderung wird in den MINT-Fächern zukünftig eine immer größere Rolle spielen.“ Dazu fragt er: „Wie kann man die Vorteile dieser Instrumente nutzen, aber gleichzeitig sicherstellen, dass sie nicht missbraucht werden? Wie stellt man sicher, dass Studierende verstehen, wenn etwas falsch ist, und nicht blindlings darauf vertrauen?“

KI kann die Architektur, die Informatik und das Ingenieurwesen bei detaillierten, granularen Routineaufgaben unterstützen, die zwar wichtig und zeitaufwendig sind, aber nicht zur Entwicklung des Konzepts oder der Gesamtinspiration für ein Gebäude oder Projekt beitragen. „Dadurch, dass man keine zwei Stunden damit verbringen muss, den Code für ein kleines Detail eines größeren Ganzen zu optimieren, kann man breiter und kreativer über die Gesamtlösung nachdenken, die man entwickeln möchte“, erklärt der Dekan.

Die Verbindung zu Communitys

Auf diesem akademischen Studio-Porträt lächelt ein afroamerikanischer Mann in einem Anzug.
Dieses akademische Studioporträt zeigt einen lächelnden afroamerikanischen Mann im Anzug. Credit: John Anderson/Howard University.

Die Einbindung der betroffenen Gemeinschaften sowie das Einholen von Ideen aus der Bevölkerung gelten als oft vernachlässigte Bereiche der Planung – und genau diese Aspekte würden durch den Einsatz von KI profitieren, so Anderson. Dieser Prozess ist von Natur aus zeitaufwendig, ungenau und alles andere als digital. Dennoch ist er von entscheidender Bedeutung. Anderson verdeutlicht das am Beispiel eines Planungsprojekts für eine Gesundheitseinrichtung: „Ich würde in dem Fall mehr Zeit damit verbringen, mich intensiv mit der aktuellen Situation auseinanderzusetzen und mich bemühen, Informationen von den zu behandelnden Personen, Gesundheitsfachkräften, dem Wartungspersonal und den Reinigungskräften aufzunehmen.“Um ein Projekt wirksam in einer Gemeinschaft zu verankern, ist es zwingend nötig, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und offen mit den Menschen zu sein, die das Projektergebnis nutzen werden. So kann man die vielseitigen Bedürfnisse und Wünsche der Gemeinschaft an den Raum aufdecken. Mit Auftraggebenden und betroffenen Menschen darüber zu sprechen, was in ihrem aktuellen Raum nicht funktioniert und welche Verbesserungen möglich sind, ist eine weitaus sinnvollere Anwendung von Planungskompetenz, als beispielsweise Zeit mit der Beschriftung von Elementen eines 3D-Modells zu verbringen.Die eher mühsame Wartung betrachtet Anderson als ein ähnlich vielversprechendes Einsatzfeld für KI. Ein auf Grundlage vorhandener Leistungsdaten trainierter KI-Algorithmus könnte voraussichtliche Ausfälle öffentlicher Infrastrukturen, wie etwa einer Rolltreppe oder einer U-Bahn, vorhersagen, sodass Personal, Ausrüstung und Ersatzteile rechtzeitig bereitstehen. „Anstatt zu warten, bis die Rolltreppe ausfällt und erst dann ein Team zur Reparatur zu schicken, schickt man jetzt ein Team um Mitternacht los, um eine vorbeugende Wartung durchzuführen und damit einen Ausfall zu vermeiden“, erklärt er. „Dadurch verbessert sich der Durchsatz erheblich und die Gebäudenutzer zufriedener.“Im Bildungsbereich lässt sich der Wert von KI nicht nur an der reinen Effizienz bemessen. Studierende können laut Anderson enorm davon profitieren, viele verschiedene Lösungswege für ein gegebenes Problem zu sehen: „In der durch die Vereinfachung des Herstellungsprozesses gewonnenen Zeit tiefer darüber nachzudenken, wie der Entwurf zustande gekommen ist: Das wäre ein erfreuliches Ergebnis der KI.“

Zach Mortice

Zur Person: Zach Mortice

Zach Mortice ist ein Architekturjournalist und lebt in Chicago. Folgen Sie @zachmortice auf Twitter und Instagram.

Für Sie empfohlen