Ruanda, wo Frauen 61 % der Sitze im Parlament und über die Hälfte aller Posten in Kabinett und Judikative innehaben, gilt unter den afrikanischen Staaten als Paradebeispiel für eine gelungene Gleichstellungspolitik.
Diese progressive Tendenz mache sich auch auf den Baustellen des zentralafrikanischen Landes bemerkbar, wie Noella Nibakuze berichtet. „Ich bin jetzt seit zehn Jahren [in der AEC-Branche] tätig ... und wir hatten von Anfang an immer Frauen auf unseren Baustellen“, so Nibakuze, die als Planungsleiterin in der Niederlassung der MASS Design Group in der Hauptstadt Kigali arbeitet. Besonders positiv vermerkt sie, dass die Kolleginnen zunehmend aus Jobs als ungelernte Hilfsarbeiterinnen in qualifizierte Tätigkeiten und sogar Führungspositionen wechseln. „Die deutlichste Veränderung, die ich in diesen zehn Jahren miterlebt habe, ist die Präsenz von Frauen in leitenden Funktionen auf dem Bau.“
Die MASS Design Group will aktiv zu diesem Wandel beitragen und geht mit gutem Beispiel voran: Beim im Februar 2022 fertiggestellten Bau des Ellen DeGeneres Campus des Dian Fossey Gorilla Fund auf einem Areal von fünf Hektar im Nordwesten von Ruanda machten Frauen knapp ein Viertel der Mitarbeitenden insgesamt (23 %) sowie der Führungskräfte (24 %) aus.
Das Rwanda Institute for Conservation Agriculture (RICA) ist ein weiteres Prestigeprojekt, bei dem MASS ein deutliches Zeichen für mehr Gleichstellung auf sämtlichen Ebenen der Baubranche setzen konnte. „In unseren Bauteams ist der Frauenanteil in Führungsrollen und handwerklichen Berufen sehr viel höher als sonst üblich“, meint Nibekuzes Kollegin Bethel Abate. „Dass Frauen auf der Baustelle arbeiten, ist in Ruanda gar nicht so ungewöhnlich. Aber bei uns haben Frauen sogar schon Schwermaschinen bedient, das sieht man sonst eigentlich nirgends.“
Die Voraussetzungen dafür, dass MASS neben branchenüblichen Metriken auch soziale Aspekte wie die Gleichstellung der Geschlechter priorisieren kann, wurden durch die Gründung einer unternehmenseigenen Bauabteilung geschaffen, die als MASS.Build firmiert. „Für gewöhnlich zeichnen wir für die Planung verantwortlich, und die eigentliche Bauausführung wird dann an andere Auftragnehmer vergeben“, berichtet Abate. „In diesem Fall haben wir sie erstmals selbst übernommen.“ Dadurch sei das Unternehmen in der Lage gewesen, Richtlinien und Verfahren zur Förderung von Aspekten wie regionaler Beschaffung, Arbeitsschutz und Gleichstellung zu implementieren, die bei Bauprojekten sonst eher eine untergeordnete Rolle spielen. „Für Bauunternehmen gilt das sogenannte magische Dreieck aus Zeit, Kosten und Leistung bzw. Qualität. Unsere Bauabteilung hat zusätzlich die sozialen und ökonomischen Auswirkungen auf die Menschen vor Ort als weitere Erfolgsmetrik berücksichtigt.“
Dieser innovative Ansatz wurde durch ein solides Ausbildungsprogramm für Arbeitskräfte vor Ort unterstützt, das gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem Integrated Polytechnic Regional College (IPRC) Musanze entwickelt und durchgeführt wurde und Frauen gezielt durch Schulungs- und Qualifizierungsangebote fördern soll. Insgesamt wurden bei der Planungs- und Bauphase des Projekts zu 99 % einheimische Arbeitskräfte eingesetzt – insgesamt über 2.400, davon 30 % Frauen.
„Wenn man in die örtliche Gemeinschaft investieren und erreichen möchte, dass die Menschen vor Ort Verantwortung für die Arbeit übernehmen und sich langfristig engagieren, muss man Zeit und Geld dafür aufwenden“, so Abate. „Gerade die Frauen sind ungemein hilfsbereit und wissbegierig. Sie wollen dazulernen, und sie wollen befähigt werden, mehr leisten zu können. Durch praxisbezogene Schulungsprogramme vor Ort kann man ihnen strukturierte Unterstützung anbieten, damit sie sich beruflich weiterentwickeln können.“
Daneben unterstützt MASS auch projektbezogene Frauengruppen als Möglichkeit zum Aufbau von Netzwerken, Erfahrungsaustausch und Kompetenzerwerb. Diese Gruppen haben entscheidend dazu beigetragen, den Frauen eine Stimme bei der Qualitätskontrolle zu geben, ein Gefühl der Zugehörigkeit zu fördern und ihnen Einkommensquellen auch außerhalb der Baustellen zu erschließen.
„Ich wusste, dass wir die Frauen vor Ort zusätzlich unterstützen könnten, indem wir eine Frauengruppe gründeten – ein Forum, in dem wir zusammenkommen können, um die Probleme, Träume und Karrierevorstellungen der anderen zu verstehen, und um ihnen dann zu helfen, diese Ziele zu erreichen“, berichtet Nibakuze, die maßgeblich an der Gründung der Frauengruppe für das 2022 abgeschlossene RICA-Großprojekt beteiligt war. Von den über 300 Arbeitskräften, die im Zuge des Projekts in nachhaltigen Baumethoden geschult wurden, waren 16 % Frauen.
Die Gruppe vermittelte den Frauen das Bewusstsein, wertvolle und wichtige Arbeit zu leisten, was ihnen wiederum das Selbstvertrauen gab, sich zur Qualitätskontrolle und zu anderen Fragen zu äußern. Außerdem half sie ihnen, eine Gemeinschaft aufzubauen. „Nach Abschluss eines Bauprojekts ziehen die Frauen nicht weg, sondern sie bleiben an dem Ort, wo sie leben“, so Nibakuze. „Also gründeten sie Kooperativen, um sich gemeinsam Gedanken zu machen, wie sie die Zeit zwischen den Projekten überbrücken und andere Einkommensquellen erschließen können.“
Durch gezielte Bemühungen, mehr Frauen einzustellen, auszubilden und zu unterstützen, beweisen Organisationen wie BuildX, BHI und MASS, dass das Baugewerbe nicht nur eine zukunftsfähige Berufswahl für Frauen ist, sondern auch eine Plattform für ihre Selbstbestimmung und finanzielle Unabhängigkeit. Solche Initiativen haben einen Dominoeffekt, von dem Familien und künftige Generationen profitieren, und stärken das Bewusstsein, dass die Mitwirkung und Mitsprache von Frauen im Bauwesen branchenweit zur Förderung von Inklusion und Gleichstellung beitragen kann.