Paris ist nur ein Beispiel. Progressiv zeigt sich vor allem Österreichs Hauptstadt Wien, die sich selbst gern als Vorzeigeikone bezeichnet – und es in einigen Bereichen auch tatsächlich ist. Seit Jahren belegt Wien zuverlässig Platz eins der Mercer-Studie als lebenswerteste Stadt der Welt. Noch vor London führt sie außerdem den Smart City Index. Und das nicht nur, weil man hier auf Ökologie setzt.
Die Stadtplanung in Wien versucht, bei der Lebensqualität die unterschiedlichen Perspektiven der Menschen zu berücksichtigen. Gender Planning nennt sich das und Eva Kail setzt sich als Stadtplanerin seit über 30 Jahren dafür ein. „Im Grunde wurden ja die meisten Städte für Männer geplant”, sagt sie. „Straßen, Verkehrsführung, Wohnräume – letztlich orientiert sich vieles am Modell des Ernährers, der mit dem Auto morgens zur Arbeit fährt und abends wieder zurückkommt. Das unmittelbare Wohnumfeld berücksichtigte wenig die Lebensrealität der Personen, die mit der Haus- und Erziehungsarbeit betreut waren.” Doch genau das ändert Gender Planning: Barrierefreiheit, eine angepasste Ampelschaltung sowie Parkanlagen und Kitas, die gut zu Fuß erreicht werden können.
Bei der Smart City landet man zwangsläufig, wenn sich die Frage nach der Stadt der Zukunft stellt. Grün, ressourcenschonend, sozial inklusiv soll sie sein, und um dahin zu kommen, setzen Städte auf technische Innovationen, digitale Methoden und intelligent vernetzte Systeme und versprechen sich davon optimierte Infrastruktur, Logistik und lebenswerte und umweltfreundliche öffentliche wie private Räume.
So hat vor kurzem die Stadt Oslo die Autodesk-Technologie Spacemaker genutzt, um eines der wichtigsten Entwicklungsprojekte der Stadt zu planen. Spacemaker ist eine KI-basierte Software, welche für ein Grundstück mit Hilfe von Generativem Design die optimale Bebauung berechnet. Berücksichtigt werden Parameter wie Wind, Sonneneinstrahlung, Abstandsflächen, Lärm oder Regenwasser. Mit dieser Lösung soll mehr und besserer Wohnraum geschaffen werden.
In Oslo reduzierte man so Wohnareale mit dem geringsten Tageslichteinfall um 51 % und die lautesten Wohnbereiche um 10 %. Statt aufwendig händischer Arbeit konnten die Planer mit der KI-Kompetenz mehrere Tage einsparen. Zudem ist mit Spacemaker eine nachhaltigere Planung möglich:
„In der frühen Phase, das heißt in der Planung und im Design, ist die Wirkung, die man auf Nachhaltigkeit haben kann, signifikant. In dieser Phase sind die Kosten für Veränderungen gering, im Gegensatz zu Nachrüstungen in den späteren Phasen – im Bau und im Betrieb –, wo die Kosten hoch sind“, so der Gründer von Spacemaker Håvard Haukeland.
Neben Oslo ist auch die Stadt Wien ein Vorreiter in Sachen Stadt der Zukunft. „Wien befasst sich bereits seit zehn Jahren mit Strategien für die Zukunft“, sagt Florian Woller, Experte der Smart City Agency von Urban Innovation, einem Think Tank, der die globalen Trends und Entwicklungen in Wien und anderen Metropolen beobachtet und analysiert. „Schon damals hat die Stadt eine Vision festgelegt, wo sie bis 2030 und 2050 stehen will. Die erste Rahmenstrategie von 2014 wurde seitdem aktualisiert, um weitere Maßstäbe zu setzen“, so Woller.