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Frauen am Bau: Afrikanische Firmen weisen den Weg zur Gleichberechtigung

Frauen auf dem Bau: Von wegen, Bauen ist Männersache!
Bauen ist Männersache? Afrikanische Firmen wie BuildX, BHI und MASS beweisen mit Frauen am Bau das Gegenteil. Credit: Build Health International.
  • Der eklatante Fachkräftemangel in der Baubranche lässt sich u. a. durch Erhöhung des Frauenanteils lösen 
  • Bauprojekte in mehreren afrikanischen Ländern profitieren bereits von den Vorteilen einer gezielten Frauenförderung 
  • BuildX Studio, Build Health International und MASS Design Group gehen mit gutem Beispiel voran und engagieren sich erfolgreich für mehr Frauen am Bau 

Die immer noch weit verbreitete Meinung, Bauen sei Männersache, beruht auf hartnäckigen Stereotypen, die einer objektiven Betrachtung nicht standhalten: etwa auf der Überzeugung, dass Männer körperliche Arbeit besser verkraften oder dass Frauen bei der Berufswahl ihre familiären Verpflichtungen berücksichtigen und Jobs mit unregelmäßigen Arbeitszeiten tunlichst vermeiden sollten.

Angesichts des chronischen Arbeitskräftemangels im Bauwesen erscheint es schlichtweg absurd, einen beträchtlichen Anteil der Erwerbsbevölkerung von vornherein auszuschließen. Das gilt für westliche Industrieländer und erst recht für wachstumsstarke Länder in Afrika, deren Infrastrukturbedarf – von Wohnimmobilien über Schulen und Krankenhäuser bis hin zu Flughäfen und Kraftwerken – dynamisch zunimmt.

Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) machen Männer auf dem gesamten afrikanischen Kontinent derzeit insgesamt 80 % der Erwerbstätigen im Bauwesen aus. Indes seien aus mehreren Ländern positive Impulse in Richtung eines besser ausgewogenen Geschlechterverhältnisses zu vermelden. Darunter befinden sich Kulturen, in denen Frauen traditionell für die Planung, Konstruktion, Errichtung und Instandhaltung der Wohnbehausungen zuständig waren. So etwa bei der ostafrikanischen Volksgruppe der Massai, die seit Generationen halbnomadisch als Rinderhirten leben. Ihre Siedlungen werden als Bomas bezeichnet; die improvisierten Hütten bestehen aus Stangen und biegsamen Stäben, die von den Frauen des Stammes zu einem Rahmen verflochten, mit Dung und feuchter Erde verputzt und mit einem Grasdach bedeckt werden.

„Ich komme ursprünglich aus dem Westen von Kenia, aus Kakamega, wo der Hausbau ebenfalls Frauensache ist“, erzählt die Bauingenieurin Esther Segero, die bei BuildX Studio in Nairobi den Baubereich leitet. „Genau wie bei den Massai werden die Lehmhütten von Frauen errichtet und mit Dung verputzt. Die Männer kümmern sich inzwischen um das Vieh und müssen oft auf der Suche nach Weiden und Wasserstellen viele Kilometer zu Fuß zurücklegen, während die Frauen zu Hause bleiben und die anfallenden Bau- und Instandhaltungsarbeiten übernehmen.“

Unternehmen und gemeinnützige Organisationen wie BuildX Studio, Build Health International und die MASS Design Group knüpfen an diese traditionelle Rollenverteilung an, um Chancen für Frauen zu schaffen, die ihnen den Erwerb von Kompetenzen und Qualifikationen im Bauwesen ermöglichen.

BuildX Studio setzt in Kenia auf gezielte Förderung von Frauen am Bau

Laut Schätzungen der UN ist davon auszugehen, dass sich die Bevölkerung des afrikanischen Kontinents bis 2050 auf 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln wird. Bedingt durch den Mangel an Arbeitsplätzen, medizinischer Versorgung, Infrastruktur und Bildungschancen in vielen ländlichen Gegenden, geht diese Bevölkerungsexplosion mit einer massiven Migration in städtische Ballungsräume einher. In Kenia, wo jährlich weniger als 50.000 neue Wohneinheiten gebaut werden, hat diese Entwicklung zu einer akuten Wohnungskrise geführt, die sich in naher Zukunft weiter verschärfen dürfte. Bereits 2017 fehlten nach Angaben der Weltbank landesweit zwei Millionen Einheiten.

Einen vielversprechenden Ansatz zur Lösung dieses Problems sieht das Team von BuildX Studio in Maßnahmen zur Steigerung des Frauenanteils unter den Entscheidungsträgern in der Architektur-, Planungs-, Bau- und Immobilienbranche, den Segero aktuell für ganz Afrika auf unter 11 % beziffert. Sie fügt jedoch hinzu, dass durchaus Anlass zur Hoffnung auf einen baldigen Wandel bestehe.

Als Beleg verweist sie auf das Ingenieurwesen, wo der Anteil weiblicher Fachkräfte seit 2020 von 3 % auf 7,3 % angestiegen sei. Besonders positiv sei zu vermerken, dass „Frauen sich inzwischen in zahlreichen Bauunternehmen in Führungspositionen hochgearbeitet haben und daher für eine neue Generation von Nachwuchskräften eine Vorbildfunktion ausüben“.

Bei BuildX Studio wird diese Entwicklung durch gezielte Anwerbung und Weiterbildung weiblicher Fach- und Führungskräfte für sämtliche Projekte gefördert. „Wir arbeiten darauf hin, dass Inklusion und Gleichstellung bei allen von BuildX geplanten und ausgeführten Bauprojekten selbstverständlich sind“, so Segero. „Uns ist es sehr wichtig, Arbeitsplätze für Frauen und junge Menschen aus den Ortschaften zu schaffen, in denen wir bauen. Wir haben uns das Ziel gesetzt, den Frauenanteil im Laufe der Zeit unternehmensweit auf mindestens 30 % auf den Baustellen und mindestens 50 % bei Bürotätigkeiten auf sämtlichen Ebenen der Führungshierarchie zu erhöhen.“

Im Vorstand von BuildX Studio sitzen aktuell drei Frauen und zwei Männer; das Führungsteam besteht ebenfalls zu 60 % aus Frauen.  „Wir bemühen uns bei sämtlichen Planungsprojekten um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in den verantwortlichen Teams. Das erreichen wir durch Öffentlichkeitsarbeit in den betroffenen Ortschaften im Vorfeld unserer Projekte sowie enge Zusammenarbeit mit unserer Schwesterorganisation Buildher“, berichtet Segero.

Buildher wurde 2018 von BuildX als gemeinnütziges Unternehmen gegründet, das die Stadtentwicklung in Kenia durch Weiterbildungsmaßnahmen fördert, die sich speziell an Frauen am Bau richten und dazu beitragen sollen, weibliche Fachkräfte für besser bezahlte Stellen zu qualifizieren, überkommene Stereotypen zu bekämpfen und mehr Gleichberechtigung in der Baubranche zu schaffen. Bislang haben knapp 400 Arbeitnehmerinnen von dem Programm profitiert und konnten ihr Einkommen innerhalb weniger Monate in vielen Fällen verfünffachen. Zima Homes in Nairobi ist ein Paradebeispiel dafür, wie im Rahmen eines nachhaltigen Wohnungsbauprojekts für einkommensschwache Haushalte gleichzeitig bessere Qualifikations- und Karrierechancen für weibliche Fach- und Führungskräfte geschaffen werden können.

Das Wohnungsbauprojekts Zima Homes in Nairobi mit Frauen am Bau
Rendering des Wohnungsbauprojekts Zima Homes in Nairobi. Credit: BuildX.

Den Schlüssel zum Erfolg sehen BuildX und Buildher in dem Bemühen, die konkreten Hindernisse, die Frauen davon abhalten, sich für Bauberufe zu entscheiden, zunächst zu identifizieren und dann aus dem Weg zu räumen – indem beispielsweise auf den Baustellen getrennte Toiletten und Umkleideräume für Männer und Frauen eingerichtet und die Mitarbeitenden in der Erkennung und Bekämpfung von sexueller Belästigung geschult werden. 

Mit solchen Gleichstellungsmaßnahmen, davon ist das Team bei BuildX überzeugt, können die Grundsteine für die Bereitstellung von ausreichendem Wohnraum für die wachsende kenianische Bevölkerung gelegt werden. „Das Blatt beginnt sich allmählich zu wenden“, meint Segero. „An zwei staatlichen Universitäten, die verschiedene branchenspezifische Studiengänge – u. a. Architekturwissenschaft, Immobilienverwaltung, Bauplanung und –management, Vermessungstechnik und Innenarchitektur –, anbieten, machen Frauen inzwischen ein Drittel der Studierenden aus. Jetzt müssen wir durch gezielte Maßnahmen dafür sorgen, dass sich dieser Trend verstetigt und tatsächlich zu einer Steigerung des Frauenanteils auf den Baustellen führt.“

Build Health International: In Sierra Leone erwerben Frauen neue Kompetenzen 

Im Index der geschlechtsspezifischen Ungleichheit (Gender Inequality Index, GII) des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen rangiert Sierra Leone unter insgesamt 170 Ländern an 162. Stelle. Laut Angaben der US-Behörde für Entwicklungshilfe (USAID) machen Frauen 52 % der Bevölkerung des westafrikanischen Landes aus, haben aber weniger als 20 % aller gewählten Ämter auf Regierungsebene inne. Als akute Probleme benennt die Behörde insbesondere die mangelnde wirtschaftliche Unabhängigkeit, niedrige Alphabetisierungsquote und häufige körperliche Gewalt gegen Frauen.

Diesen Hindernissen zum Trotz sind durchaus Fortschritte auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung zu verzeichnen. Seit November 2022 hat das sierra-leonische Parlament mehrere Gesetze zur Gleichstellung der Geschlechter und zur Stärkung der Rolle der Frauen verabschiedet, u. a. ein wegweisendes Gesetz, dem zufolge die Belegschaften von Privatfirmen mit mehr als 25 Beschäftigten zu 30  % mit Frauen besetzt werden müssen. Das gilt auch für Regierungsstellen, Positionen im öffentlichen Dienst und das Kabinett. Zudem erhielten Frauen damit Anspruch auf 14 Wochen Mutterschaftsurlaub, gleiches Entgelt und gleichen Zugang zu finanzieller Unterstützung und Ausbildungsmöglichkeiten.

Unbesehen der erzielten politischen Fortschritte haben Frauen in Sierra Leone mit einer anhaltend hohen Müttersterblichkeit zu kämpfen – das Risiko, an den Komplikationen einer Schwangerschaft oder Geburt zu sterben, liegt bei 1:20. Hier will Build Health International (BHI), eine gemeinnützige Organisation, die sich für die Planung und den Bau von medizinischen Einrichtungen in strukturschwachen Gegenden engagiert, Abhilfe schaffen: Im Distrikt Kono entsteht ein Zentrum für Geburtshilfe mit 166 Betten und integrierter Schulungsanstalt. 

Den Mangel an Fach- und Arbeitskräften sah Baustellenleiter John Chew als Chance, Frauen aus der Region anzuwerben und auszubilden. „Ich habe selbst zehn Schwestern, von daher arbeite ich sehr gerne mit Frauen zusammen“, erzählt Chew, der seit August 2022 über drei Dutzend Bauarbeiterinnen eingestellt und eingearbeitet hat. „Ohne sie wäre ich heute nicht hier. Sie waren meine Lehrmeisterinnen, denen ich alles verdanke. Ich habe noch nie so viele Frauen auf dem Bau arbeiten sehen wie bei diesem Projekt, und die machen das echt gut.“

Bei BHI lernen die Mitarbeiterinnen, Baupläne zu lesen, mit Werkzeugen zu arbeiten, Schwermaschinen zu führen und handwerkliche Arbeiten in verschiedenen Gewerken auszuführen – u. a. als Maurerinnen, Tischlerinnen und Klempnerinnen. Technologische Hilfsmittel wie die 3D-Modelle, die in Autodesk Cloud Construction Build and Autodesk Revit erstellt und bearbeitet werden, spielen dabei eine wichtige Rolle.

„Gerade für Menschen ohne Vorkenntnisse im Bauwesen sind 3D-Modelle wirklich eine große Hilfe“, meint Chew. „Damit lassen sich Zusammenhänge visualisieren, die man sich vorher vielleicht schwierig vorstellen konnte. Man sieht richtig, wie den Leuten plötzlich ein Licht aufgeht.“

BHI-Schulung: Frauen am Bau
Nachwuchskräfte bei einer BHI-Schulung: 3D-Modellierung und ähnliche Technologien spielen eine wesentliche Rolle beim Erwerb neuer Kompetenzen. Credit: BHI.

Hawa Bayoh war eine der ersten Frauen in Chews Bauteam. Heute schwärmt sie von den Chancen für mehr wirtschaftliche und soziale Gleichberechtigung, die der Erwerb neuer Kompetenzen für sie und ihre Kolleginnen eröffnet habe. „Ich hatte es sehr schwer, weil meine Mutter gestorben war und ich niemanden hatte, der für mich oder meine Familie gesorgt hat“, erinnert sie sich. „Seit ich [bei BHI] arbeite, komme ich viel besser klar. Ich kann für meine Familie und für mich selbst sorgen und bin viel selbstbewusster geworden. Ich arbeite auf dem Bau, und ich bin stolz darauf. Mein Leben hat sich zum Besseren gewendet, und dafür danke ich Gott.“

Chew ist überzeugt, dass diese neu geschaffenen Chancen keineswegs nur Frauen wie Bayoh zugutekommen, sondern auch den Firmen, die sie einstellen. Er habe die Erfahrung gemacht, dass weibliche Arbeitskräfte einzigartige Fähigkeiten mitbringen, die zu besseren Projektergebnissen führen: „Sie arbeiten sehr sorgfältig, achten aufs Detail und wollen Ergebnisse erzielen, auf die sie stolz sein können. Sie haben etwas zu beweisen – sie wollen zeigen, dass sie mindestens genauso gute Leistungen bringen wie Männer, wenn nicht gar besser.“ Für die Qualitätskontrolle setze er daher ausschließlich Frauen ein. „Sie stellen höhere Ansprüche als ihre männlichen Kollegen. Frauen sind daran gewöhnt, sich um Haushalt und Kinder zu kümmern, und sie behandeln die Baustelle wie ihr Zuhause und die Werkzeuge wie ihre Kinder.“

Dank dieser peniblen Detailgenauigkeit konnte BHI in der Planungs- und Bauphase Kosten einsparen, die nach der Eröffnung der Klinik im Sommer 2024 der medizinischen Versorgung zukünftiger Patientinnen zugutekommen. „Das Ganze hat eine Eigendynamik entwickelt“, berichtet Chew. „Die Frauen sind stolz auf ihre neu erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten und erzählen den Menschen aus ihren Ortschaften davon. Und die freuen sich wiederum, dass sie eine Klinik bekommen, die speziell für sie gebaut wird – und zwar von Frauen gebaut wird.“

MASS Design Group: In Ruanda sollen Frauen auch im Bauwesen Führungsrollen übernehmen

Ruanda, wo Frauen 61 % der Sitze im Parlament und über die Hälfte aller Posten in Kabinett und Judikative innehaben, gilt unter den afrikanischen Staaten als Paradebeispiel für eine gelungene Gleichstellungspolitik.

Diese progressive Tendenz mache sich auch auf den Baustellen des zentralafrikanischen Landes bemerkbar, wie Noella Nibakuze berichtet. „Ich bin jetzt seit zehn Jahren [in der AEC-Branche] tätig ... und wir hatten von Anfang an immer Frauen auf unseren Baustellen“, so Nibakuze, die als Planungsleiterin in der Niederlassung der MASS Design Group in der Hauptstadt Kigali arbeitet. Besonders positiv vermerkt sie, dass die Kolleginnen zunehmend aus Jobs als ungelernte Hilfsarbeiterinnen in qualifizierte Tätigkeiten und sogar Führungspositionen wechseln. „Die deutlichste Veränderung, die ich in diesen zehn Jahren miterlebt habe, ist die Präsenz von Frauen in leitenden Funktionen auf dem Bau.“

Die MASS Design Group will aktiv zu diesem Wandel beitragen und geht mit gutem Beispiel voran: Beim im Februar 2022 fertiggestellten Bau des Ellen DeGeneres Campus des Dian Fossey Gorilla Fund auf einem Areal von fünf Hektar im Nordwesten von Ruanda machten Frauen knapp ein Viertel der Mitarbeitenden insgesamt (23 %) sowie der Führungskräfte (24 %) aus.

Das Rwanda Institute for Conservation Agriculture (RICA) ist ein weiteres Prestigeprojekt, bei dem MASS ein deutliches Zeichen für mehr Gleichstellung auf sämtlichen Ebenen der Baubranche setzen konnte. „In unseren Bauteams ist der Frauenanteil in Führungsrollen und handwerklichen Berufen sehr viel höher als sonst üblich“, meint Nibekuzes Kollegin Bethel Abate. „Dass Frauen auf der Baustelle arbeiten, ist in Ruanda gar nicht so ungewöhnlich. Aber bei uns haben Frauen sogar schon Schwermaschinen bedient, das sieht man sonst eigentlich nirgends.“

Mit Frauen am Bau: Das Prestigeprojekt Rwanda Institute for Conservation Agriculture in Ruanda
Das Rwanda Institute for Conservation Agriculture (RICA) zählt zu den Prestigeprojekten, bei denen die MASS Design Group ein deutliches Zeichen für mehr Gleichstellung auf sämtlichen Ebenen der Baubranche setzen konnte. Credit: Iwan Baan/MASS Design Group.

Die Voraussetzungen dafür, dass MASS neben branchenüblichen Metriken auch soziale Aspekte wie die Gleichstellung der Geschlechter priorisieren kann, wurden durch die Gründung einer unternehmenseigenen Bauabteilung geschaffen, die als MASS.Build firmiert. „Für gewöhnlich zeichnen wir für die Planung verantwortlich, und die eigentliche Bauausführung wird dann an andere Auftragnehmer vergeben“, berichtet Abate. „In diesem Fall haben wir sie erstmals selbst übernommen.“ Dadurch sei das Unternehmen in der Lage gewesen, Richtlinien und Verfahren zur Förderung von Aspekten wie regionaler Beschaffung, Arbeitsschutz und Gleichstellung zu implementieren, die bei Bauprojekten sonst eher eine untergeordnete Rolle spielen. „Für Bauunternehmen gilt das sogenannte magische Dreieck aus Zeit, Kosten und Leistung bzw. Qualität. Unsere Bauabteilung hat zusätzlich die sozialen und ökonomischen Auswirkungen auf die Menschen vor Ort als weitere Erfolgsmetrik berücksichtigt.“

Dieser innovative Ansatz wurde durch ein solides Ausbildungsprogramm für Arbeitskräfte vor Ort unterstützt, das gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem Integrated Polytechnic Regional College (IPRC) Musanze entwickelt und durchgeführt wurde und Frauen gezielt durch Schulungs- und Qualifizierungsangebote fördern soll. Insgesamt wurden bei der Planungs- und Bauphase des Projekts zu 99 % einheimische Arbeitskräfte eingesetzt – insgesamt über 2.400, davon 30 % Frauen. 

„Wenn man in die örtliche Gemeinschaft investieren und erreichen möchte, dass die Menschen vor Ort Verantwortung für die Arbeit übernehmen und sich langfristig engagieren, muss man Zeit und Geld dafür aufwenden“, so Abate. „Gerade die Frauen sind ungemein hilfsbereit und wissbegierig. Sie wollen dazulernen, und sie wollen befähigt werden, mehr leisten zu können. Durch praxisbezogene Schulungsprogramme vor Ort kann man ihnen strukturierte Unterstützung anbieten, damit sie sich beruflich weiterentwickeln können.“

Daneben unterstützt MASS auch projektbezogene Frauengruppen als Möglichkeit zum Aufbau von Netzwerken, Erfahrungsaustausch und Kompetenzerwerb. Diese Gruppen haben entscheidend dazu beigetragen, den Frauen eine Stimme bei der Qualitätskontrolle zu geben, ein Gefühl der Zugehörigkeit zu fördern und ihnen Einkommensquellen auch außerhalb der Baustellen zu erschließen.

„Ich wusste, dass wir die Frauen vor Ort zusätzlich unterstützen könnten, indem wir eine Frauengruppe gründeten – ein Forum, in dem wir zusammenkommen können, um die Probleme, Träume und Karrierevorstellungen der anderen zu verstehen, und um ihnen dann zu helfen, diese Ziele zu erreichen“, berichtet Nibakuze, die maßgeblich an der Gründung der Frauengruppe für das 2022 abgeschlossene RICA-Großprojekt beteiligt war. Von den über 300 Arbeitskräften, die im Zuge des Projekts in nachhaltigen Baumethoden geschult wurden, waren 16 % Frauen.  

Die Gruppe vermittelte den Frauen das Bewusstsein, wertvolle und wichtige Arbeit zu leisten, was ihnen wiederum das Selbstvertrauen gab, sich zur Qualitätskontrolle und zu anderen Fragen zu äußern. Außerdem half sie ihnen, eine Gemeinschaft aufzubauen. „Nach Abschluss eines Bauprojekts ziehen die Frauen nicht weg, sondern sie bleiben an dem Ort, wo sie leben“, so Nibakuze. „Also gründeten sie Kooperativen, um sich gemeinsam Gedanken zu machen, wie sie die Zeit zwischen den Projekten überbrücken und andere Einkommensquellen erschließen können.“ 

Durch gezielte Bemühungen, mehr Frauen einzustellen, auszubilden und zu unterstützen, beweisen Organisationen wie BuildX, BHI und MASS, dass das Baugewerbe nicht nur eine zukunftsfähige Berufswahl für Frauen ist, sondern auch eine Plattform für ihre Selbstbestimmung und finanzielle Unabhängigkeit. Solche Initiativen haben einen Dominoeffekt, von dem Familien und künftige Generationen profitieren, und stärken das Bewusstsein, dass die Mitwirkung und Mitsprache von Frauen im Bauwesen branchenweit zur Förderung von Inklusion und Gleichstellung beitragen kann.  

Über den Autor

Matt Alderton lebt und arbeitet in Chicago als freischaffender Publizist. Er hat sich auf Wirtschaftsthemen, Design, Ernährung, Reisen und Technologie spezialisiert. Unter anderem hat der Absolvent der Medill School of Journalism an der Northwestern University in Illinois bereits über Beanies, Mega-Brücken, Roboter und Hähnchen-Sandwiches berichtet. Er ist über seine Website MattAlderton.com zu erreichen.

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