So gewinnen Sie das Vertrauen des Bauherrn: 7 Tipps für Architekten
„Ohne Vertrauen können Sie keine Geschäftsbeziehung aufbauen; dann kommt es höchstens zu einer Reihe von geschäftlichen Transaktionen“, so die Architektin Rosa Sheng, Senior Associate bei Bohlin Cywinski Jackson.
Vertrauen ist nicht nur die Grundlage jeder Geschäftsbeziehung zwischen Architekten und Bauherren, sondern stellt auch einen erheblichen Wettbewerbsvorteil dar: Wer es bildet und pflegt, gewinnt treue Stammkunden, die ihn ihrerseits weiterempfehlen, und er kann auch in schwierigen Situationen auf die Geduld des Bauherrn zählen. Wo hingegen nur wenig Vertrauen vorhanden ist oder bestehendes Vertrauen enttäuscht wird, kann Ihr Ruf schweren Schaden nehmen; zukünftige Geschäftschancen gehen verloren, und im schlimmsten Fall strengt der Bauherr rechtliche Maßnahmen an.
Bei Bauprojekten kommen zahlreiche Faktoren ins Spiel, die die Geschäftsbeziehung zwischen Architekt und Bauherr festigen oder zerstören können. Wir haben sieben Tipps von Fachleuten zusammengestellt, wie Sie Vertrauen aufbauen und pflegen können.
1. Aussagekräftige Internetpräsenz. Die Vertrauensbildung beginnt schon vor der ersten persönlichen Begegnung, und zwar durch Ihre Internetpräsenz. Eine substanzlose oder veraltete Internetpräsenz ist wenig geeignet, das Vertrauen potenzieller Auftraggeber zu gewinnen – eher hat sie die gegenteilige Wirkung. Deswegen sollten Sie Ihre Website und Ihre einschlägigen Profile (einschließlich LinkedIn und Xing) regelmäßig mit neuen Informationen über Ihre Firma und Ihre Bauprojekte aktualisieren. „Wie soll der Bauherr Vertrauen gewinnen, wenn er Sie im Internet sucht und keine Informationen findet?“ fragt Sheng zu Recht.
2. Beständig gute Kommunikation. Mit einer guten Kommunikationsstrategie ist in puncto Vertrauensbildung schon sehr viel gewonnen. „Wenn wir in den Planungsprozess vertieft sind, vergessen wir leicht, den Bauherrn regelmäßig über den aktuellen Stand zu informieren“, so Sheng. Wer regelmäßig Rücksprache mit dem Auftraggeber bzw. Bauherrn hält, kann potenzielle Probleme frühzeitig ansprechen. Zugleich zeigen Sie Ihrem Auftraggeber damit, dass Sie seinem Bauvorhaben Ihre ganze Aufmerksamkeit widmen.
In der Planungsphase ist es zudem wichtig, Ihre Ideen in einer Sprache zu kommunizieren, die der Bauherr versteht. Vermeiden Sie Fachchinesisch und Begriffe, mit denen Laien wenig anfangen können. Außerdem sollten Sie nicht davon ausgehen, dass Ihr Auftraggeber in der Lage ist, technische Zeichnungen zu lesen.
3. Überzeugende Modellierung. Nutzen Sie BIM oder eine ähnliche 3D- Modellierungssoftware, um dem Bauherrn Ihre Planungskonzepte mit Hilfe virtueller Standortbegehungen und Visualisierungen zu veranschaulichen. Damit vermeiden Sie Missverständnisse in der Planungsphase und können zudem potenzielle Konflikte in der Bauphase präziser voraussehen, Probleme im Voraus lösen und Bestellmengen rechtzeitig anpassen.
„Mit BIM haben Sie eine größere Bandbreite an Werkzeugen an der Hand und können Fragen beantworten, die überhaupt nicht aufgekommen wären, wenn Sie sich die Baupläne nur in 2D angeschaut hätten“, so der Visualisierungsexperte Philip Noland, Inhaber von Noland Design Studio. „Es ermöglicht eine neue Art der räumlichen Vergegenwärtigung. Fragen werden nicht einfach übertüncht, sondern von allen Seiten betrachtet.“
Der Architekt Lionel Scharly von Scharly Designer Studio verwendet BIM-Visualisierungen zur Vertrauensbildung, weil der Bauherr sich dadurch ein ganzheitliches Bild machen kann. „Je mehr Detailinformationen der Bauherr erhält, desto besser versteht er das Bauprojekt und desto mehr Vertrauen bringt er Ihnen entgegen“, erläutert er. „Schließlich ist es sein Geld, und er will ‚in das Projekt einbezogen‘ werden, auch wenn er selber häufig nicht vom Fach ist.“
4. Realistische Zusagen. Um erfolgreich Vertrauen aufzubauen, ist es von entscheidender Bedeutung, einmal gemachte Zusagen und Versprechen zuverlässig einzuhalten. „In unserer Branche grassiert die Angst davor, nein zu sagen“, so Sheng. Erst recht, wenn sich der Markt im Abschwung befindet und Architekten verzweifelt um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfen. Wer dem Bauherrn jedoch unrealistische Zusagen macht, um einen Auftrag an Land zu ziehen, verscherzt sich damit auf lange Sicht das Vertrauen dieses Bauherrn.
Um sich nicht zu übernehmen, sollten Sie die Projektziele Ihres Auftraggebers im Detail mit ihm durchsprechen, um sicherzustellen, dass seine Erwartungen tatsächlich machbar sind. „Wenn ein Projektziel den Drei-Fragen-Test besteht, ist vermutlich alles okay“, so Sheng. „Hinterfragen Sie das Wunschziel aus drei unterschiedlichen Perspektiven – Planungskonzept, Kosten und zeitlicher Rahmen –, um sich zu vergewissern, dass der Bauherr seine Idee auch wirklich gründlich durchdacht hat.“
5. Gründliche Vorbereitung. Die Planung eines Neubaus ist ein komplexer Prozess mit zahlreichen Unwägbarkeiten. Informieren Sie sich frühzeitig über die geltende Bauordnung, die Werkstoffeigenschaften der Materialien, die Sie verwenden wollen, und berechnen Sie sämtliche anfallenden Kosten. Bauherren verlassen sich auf die Fachkenntnis des Architekten in den verschiedensten Bereichen. Durch gründliche Vorbereitung können Sie dem Auftraggeber korrekte Informationen geben und Fehler vermeiden. „Dabei ist es unbedingt erforderlich, dass Sie wissen, wovon Sie reden. Prüfen Sie also immer, dass die Informationen, die Sie dem Bauherrn geben, auch hundertprozentig stimmen“, mahnt Sheng.
6. Unbedingte Ehrlichkeit. Wenn doch ein Problem auftritt, ist oft die Versuchung groß, es schönzureden, um die Gunst des Auftraggebers nicht zu verlieren. Wenn Ihnen beispielsweise klar wird, dass das Bauvorhaben die finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn überschreiten wird, dürfen Sie nicht davor zurückschrecken, Klartext zu reden und standhaft zu bleiben – selbst wenn der Bauherr sich dagegen sperrt. „Von Architekten wird erwartet, dass sie Grenzen sprengen, innovativ sind und aus jedem Cent alles herausholen, gleichzeitig muss der Architekt jedoch verantwortungsbewusst mit dem Budget umgehen“, betont Sheng. „Vertreten Sie Ihre Überzeugungen und wahren Sie Ihre Integrität als Fachexperte. Vertrauen beruht auf Beständigkeit.”
Gelegentlich haben Bauherren unrealistische Vorstellungen davon, was finanziell und terminlich machbar ist. In diesem Fall ist es die Aufgabe des Architekten, sie auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. „Manchmal hören sie die Wahrheit nicht gerne, und es kommt auch mal vor, dass wir einen Auftrag verlieren“, gibt Sheng zu. „Langfristig wird der Bauherr jedoch einsehen, dass Sie Recht hatten, und die Fakten sprechen letztlich für sich.“
Ein offener und ehrlicher Umgang mit Themen wie Kosten und Realisierbarkeit kann Sie auch vor Gewinnverlusten bewahren, wenn das Projekt den ursprünglich vereinbarten finanziellen Rahmen sprengt und die dadurch entstehenden Zusatzkosten aufgefangen werden müssen.
7. Neue und kreative Lösungen. Wenn Sie doch einmal einen Fehler machen oder ein Versprechen nicht einhalten, kann es lange dauern, das verlorene Vertrauen des Bauherrn zurückzugewinnen. Auch hier ist es wichtig, eigenes Verschulden offen einzugestehen, sich dafür zu entschuldigen und Lösungen vorzuschlagen.
Meghan Ruffo arbeitet in ihrer Funktion als Vertragsmanagerin in der Abteilung Facility-Management bei Carolinas HealthCare System regelmäßig mit Architekten zusammen. Aus ihrer Sicht kann der Rückfall in lineare 2D-Denkmuster (erst planen, dann entwickeln und dann bauen) bei der Problemlösung zum Vertrauensverlust führen. „Es muss die Bereitschaft bestehen, über mögliche Lösungswege nachzudenken, statt sich auf herkömmliche Ansätze zu verlassen oder einfach das zu tun, was man in der Vergangenheit in bestimmten Fällen immer getan hat“, sagt sie.
Die Bereitschaft, kreativ an Probleme heranzugehen, sei besonders wichtig, wenn hohe Summen auf dem Spiel stehen, findet auch Sheng. „Bauprojekte sind oft mit Kosten in Millionenhöhe verbunden, deswegen tragen Architekten eine große Verantwortung als Verwalter dieser riesigen Summen, die in ein Gebäude gesteckt werden.“