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3 aktuelle Trends, die zeigen, dass nachhaltige Bautechniken auf dem Vormarsch sind

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Der Unternehmenssitz von Johnson Controls im Asien-Pazifik-Raum in Schanghai rangiert unter den nachhaltigsten Bürokomplexen Asiens. Mit Eröffnung der Anlage im Sommer 2017 war es das erste Gebäude Chinas, das für seine Umweltfreundlichkeit gleich drei Gütesiegel erhielt: das LEED-Platin-Zertifikat, das EDGE-Zertifikat der Weltbank und das chinesische Green Building Design Label.

Das Gebäude von Johnson Controls ist nur eins von vielen Anzeichen dafür, dass global immer stärker auf ökologisch nachhaltige Bauvorhaben gesetzt wird. Laut einem Bericht mit dem Titel „World Green Building Trends 2018“ zeichnen sich im Bereich nachhaltiger Bautechniken drei Trends ab, durch die die „grüne Revolution“ in der Architektur merklich vorangetrieben wird. Diese sind der Einsatz von Werkzeugen zur Energieanalyse in sämtlichen Bauphasen, die vielversprechenden Möglichkeiten des Generativen Designs und die Nutzung von Daten von der Planungsphase an über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes hinweg.

Das Unternehmen Dodge Data & Analytics, das den Bericht herausgegeben hat, befragte mehr als 2.000 Architekten, Ingenieure und Bauexperten und kommt zu dem Schluss, dass die Zahl der umweltfreundlichen Bauvorhaben weltweit ansteigt: 47 Prozent der in der Branche Tätigen erwarten, dass bis 2021 mehr als 60 Prozent ihrer Projekte einen „grünen“ Anstrich haben werden.

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Bei der Gestaltung des Unternehmenssitzes von Johnson Controls im Asien-Pazifik-Raum – dem ersten dreifach für seine Umweltfreundlichkeit zertifizierten Gebäude Chinas – setzte Gensler besonders auf BIM. Mit freundlicher Genehmigung von Gensler.

NBBJ, eins der für den Bericht befragten Architekturbüros, verfolgt bei seinem Projekt The Spheres (Amazons neuem Bürokomplex in Seattle) einen – im wahrsten Sinne des Wortes – grünen Ansatz. Die miteinander verbundenen Kuppeln aus Stahl und Glas dienen nämlich als Gewächshaus, das mehr als 40.000 Pflanzen beherbergt, welche in den Nebelwäldern unseres Planeten beheimatet sind. „Grüne“ Bauvorhaben nach der Definition im Bericht zeichnen sich jedoch mindestens durch die folgenden Merkmale aus: effizienter Einsatz von Ressourcen, Reduzierung von Abfällen und Umweltverschmutzung, eine hohe Luftqualität im Gebäudeinneren, Nutzung von so viel erneuerbarer Energie sowie ungiftigen und nachhaltigen Werkstoffen wie möglich, eine möglichst hohe Lebensqualität und die größtmögliche Anpassung an natürliche Gegebenheiten.

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Anreizen für Architektur- und Baufirmen, Gebäude zu errichten, die genau diese Anforderungen erfüllen. Immobilienbesitzer können bei neuen, nach ökologischen Gesichtspunkten gebauten Anlagen im Vergleich zu konventionellen Bauwerken von Wertsteigerungen in Höhe von 10 Prozent und mehr profitieren – gleichzeitig verringern sich die Betriebskosten und die Projekte amortisieren sich schneller. Die höheren Kosten, die mit umweltfreundlichen Bauvorhaben einhergehen, fielen für die Umfrageteilnehmer außerdem viel weniger ins Gewicht als noch sechs Jahre zuvor: Sie spielten nur für 49 Prozent eine Rolle, im Gegensatz zu 76 Prozent im Jahre 2012.

Die drei im Bericht „World Green Building Trends 2018“ identifizierten Trends im Bereich der nachhaltigen Bautechniken werden im Folgenden näher erläutert.

1. Frühzeitige und häufige Durchführung von Energieanalysen

Der wichtigste Trend, den die Umfrageteilnehmer ausmachen konnten, ist die Verfügbarkeit von Werkzeugen, die früh im Planungsprozess und in Kombination mit Gebäudedatenmodellen eingesetzt werden können, um die Energieeffizienz eines Gebäudes zu analysieren.

Die Analyse des potenziellen Energieverbrauchs sowie der Tageslichteinstrahlung in jeder Planungsphase ist bei ökologisch nachhaltigen Bauvorhaben von wesentlicher Bedeutung. Indem man dafür sorgt, dass das Gebäude möglichst viel Tageslicht hereinlässt, kann der auf die Beleuchtung entfallende Stromverbrauch gesenkt werden – bei hohen Außentemperaturen kann so allerdings die Kühllast steigen.

Zur Berechnung dieser Parameter können Architekten und Ingenieure auf Software für die Gebäudedatenmodellierung (BIM) und die Energieanalyse zurückgreifen, wie zum Beispiel auf Insight, das im Lieferumfang von Autodesk Revit enthalten ist. Durch die Integration von Planungssoftware, beispielsweise Autodesk AutoCAD, in BIM-Software können Architekten und Ingenieure mithilfe eines iterativen Prozesses die bestmöglichen Lösungen ermitteln. Die hauseigenen Architekten können so den Energieverbrauch bereits ganz zu Beginn des Planungsprozesses modellieren, noch bevor der Entwurf externen Beratern zugeht.

Margaret Montgomery, Geschäftsführerin und Direktorin für nachhaltige Bauplanung bei NBBJ, merkt im Bericht an: „Wenn sich unsere Planer an die Arbeit machen, entwerfen sie ihre ersten Skizzen in der Regel allein, ohne Vertreter der anderen Disziplinen um sich herum. Ich möchte aber, dass die Software sie [an diesem Punkt] unterstützen kann. … Ich wünsche mir kontinuierliches Feedback bei den Arbeitsschritten, die wir normalerweise schnell und in einem frühen Stadium ausführen.“

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Das Architektur- und Planungsbüro D/P/S mit Sitz im Südwesten der USA nutzt bei Projekten wie dem Bau der energieeffizienten Sitter Family Hall des Fort Lewis College in Durango (Colorado) softwareintegrierte Werkzeuge zur Energieanalyse. Mit freundlicher Genehmigung von D/P/S.

Brandon Garrett vom Architektur- und Planungsbüro Dekker/Perich/Sabatini (D/P/S) sagt im Bericht, dass die Energieanalyse durch die Einbindung dieser Software „wesentlicher Bestandteil des gesamten Planungsprozesses werden kann“.

Zu wissen, wie viel Energie für ein Projekt benötigt wird, kann auch im Kundengespräch nützlich sein. Das Planungsteam kann so jederzeit demonstrieren, wie sich zentrale Planungsentscheidungen, zum Beispiel die Positionierung und der Zuschnitt eines Gebäudes, energietechnisch auswirken – auch ganz spontan während eines Treffens mit dem Bauherrn.

Laut Aaron Ketner, Energiespezialist bei D/P/S, sind die Auftraggeber beeindruckt, wenn sein Team die Auswirkungen grundlegender Planungsentscheidungen an Ort und Stelle skizzieren kann. Die meisten rechnen nicht damit, sondern erwarten, dass das Architekturbüro sich mit diesen Auswirkungen zunächst eingehender befassen muss.

2. Ausschöpfung aller Möglichkeiten des Generativen Designs

Generatives Design gilt als BIM 2.0. Planer oder Ingenieure können die entsprechende Software bereits im Vorfeld mit ihren Zielvorstellungen sowie mit Parametern wie Werkstoffen, Fertigungsverfahren oder dem verfügbaren Budget füttern. Dadurch ist es nicht mehr notwendig, bei der Gebäudeplanung zuerst ins Blaue hinein Annahmen zu treffen und im Nachhinein zu analysieren, wie das Gebäude sich tatsächlich verhält. Die Software kann viele verschiedene Entwürfe erzeugen; sie kann aber auch auf Grundlage festgelegter Energieeffizienzparameter die optimale Ausrichtung, Verglasung und Sonnenschutzlösung für ein Projekt bestimmen.

In dem zitierten Bericht prognostiziert Garret, dass Planer Software wie diese immer selbstverständlicher in ihre Arbeitsabläufe integrieren werden. „Man kann sich zum Beispiel ein Armaturenbrett vorstellen, das neben einem liegt, während man an seinem Entwurf arbeitet. Und bei jeder Entscheidung, die man trifft, schlägt dieses in Richtung hoher oder niedriger Energieeffizienz aus. Man führt also die Energieanalyse nicht mehr als zweiten Schritt durch, sondern bekommt schon während des Planungsprozesses ständig Feedback.“

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LMN Architects setzten generative Skripte ein, um für das Voxman Music Building der University of Iowa School of Music eine Decke zu konzipieren, die als akustischer Reflektor dient. Mit freundlicher Genehmigung von LMN Architects.

Generative Designsoftware kommt bereits beim Entwurf von Maschinenbauteilen oder Gebäudekomponenten zum Einsatz. So bedienten LMN Architects sich beispielsweise generativer Skripte, um einen akustischen Reflektor für einen imposanten neuen Konzertsaal im Voxman Music Building der University of Iowa School of Music zu konstruieren.

Wie Ellen Mitchell Kozack, Geschäftsführerin und Direktorin für Nachhaltigkeit bei HKS, im Bericht anmerkt, ist es unwahrscheinlich, dass eine Software ein Gebäude vollständig selbst entwirft. „Bestimmte ästhetische Aspekte können einfach nicht so effektiv von einem Computer simuliert werden“, so Kozack. „Hingegen ist der Computer problemlos in der Lage, auf technischer Ebene zu verstehen, wie ein Bauwerk sich verhält.“

3. Nutzung von Daten bei jedem Bauschritt

Die im Bericht „World Green Building Trends 2018“ vorgestellten Umfrageergebnisse zeigen, dass die intelligenten Gebäude von heute die Reichweite des Internets der Dinge (IoT) weiter ausbauen. Ihre zahlreichen Sensoren erfassen, wenn sich jemand im Gebäude aufhält, und messen unter anderem die Luftqualität und Temperatur. Die so generierten Daten werden derzeit oft in einer Software für Gebäudeautomation, auch Gebäudemanagementsystem (GMS) genannt, zusammengeführt.

Bislang haben Immobilienbesitzer diese GMS-Daten selten an Architekten weitergegeben. Das ändert sich jedoch gerade mit einer neuen Entwicklung, die Gebäudemanagementsysteme in BIM-Software integriert. Damit wissen Architekten und Bauunternehmer immer ganz genau, wie es um die Energieeffizienz eines Gebäudes steht. Außerdem können sie bereits im gesamten Planungs-, Gestaltungs-, Konstruktions- und Managementprozess berücksichtigen, wie sich ein Gebäude voraussichtlich verhalten wird.

Manche Gebäudemanagementsysteme sind zum Beispiel darauf ausgelegt, in Echtzeit die Anzahl an Personen zu ermitteln, die sich in einem Raum aufhalten. Diese Information können sie nutzen, um proaktiv die Lüftung einzuschalten und so ein schleichendes Ansteigen des Kohlendioxidgehalts im Raum zu vermeiden. Wenn man diese Daten an die Architekten zurückspielt, können sie die Bewegungsmuster der Personen im Gebäude potenziell besser verstehen. Auf dieser Basis können sie Strategien dafür entwickeln, wie Gebäude so gestaltet werden können, dass Wege optimiert werden oder die Nutzung der Treppen attraktiver gemacht wird.

Durch die Nutzung von Sensordaten kann man außerdem dafür sorgen, dass Gebäude nicht einfach nur reagieren, sondern selbst vorausschauend agieren. Eine Klimaanlage könnte zum Beispiel die Wettervorhersage zum Anlass nehmen, ein Gebäude außerhalb der Spitzenzeiten vorzukühlen bzw. vorzuheizen.

Nach Kozacks Auffassung wird die Art und Weise, wie Gebäude geplant und gestaltet werden, dank der Fülle an verfügbaren Gebäudedaten gerade grundlegend umgekrempelt. „Je mehr sich das Internet der Dinge durchsetzt, desto mehr stützen sich Menschen bei ihren Entscheidungen auf Daten“, sagt sie. „Und wenn wir einmal an dem Punkt angelangt sind, gibt es kein Zurück mehr.“

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Mithilfe von IoT-Daten möchte Schneider Electric im französischen Grenoble den LEED-Platin-Standard für Bürogebäude übertreffen. Mit freundlicher Genehmigung von Schneider Electric.

Mit dem Ziel, den LEED-Platin-Standard noch zu übertreffen, greift Schneider Electric im französischen Grenoble bei der Planung zweier Bürogebäude auf IoT-Daten zurück. Die Planer nehmen dabei Energieanalysen und GMS-Daten des einen, bereits fertiggestellten Gebäudes als Grundlage, um den Energieverbrauch des zweiten um weitere 8 Prozent zu senken.

Momentan tragen Gebäude mit einem Anteil von rund 28 Prozent am globalen energiebezogenen Kohlendioxidausstoß maßgeblich zum Klimawandel bei. Die drei hier skizzierten Trends zeigen, dass durch fortschrittliche Technik künftig nachhaltigere Gebäude entstehen können. Der Einsatz dieser Technik hat nicht nur hochgradig energieeffiziente Bauwerke zur Folge, sondern auch die Automatisierung von Prozessen. Somit können sich Architekten, Ingenieure und Bauunternehmer künftig wieder stärker darauf konzentrieren, kreative Lösungen zu finden.

Der Bericht „World Green Building Trends 2018“ entstand in Kooperation mit United Technologies, Autodesk, dem U.S. Green Building Council, dem World Green Building Council und dem American Institute of Architects.