3 Wege, die Industrialisierung im Bauwesen leichter zu meistern (Gewissenhaftigkeit zahlt sich aus)
„Industrialisiertes“ Bauen mag bei eingefleischten Baufachleuten, die die handwerklichen Aspekte ihrer Branche schätzen, vielleicht nicht gerade auf Begeisterung stoßen. Aber industrialisierte Produktionsverfahren und Vorfertigung erweisen sich für Bauunternehmen als perfekte Strategie, die Effizienzgewinne zu realisieren, die in Architektur, Ingenieurwesen und Bauwesen so schwer zu erreichen sind. Gleichzeitig verbessern sich dadurch Rentabilität und Projektqualität und wird obendrein dem Fachkräftemangel entgegengewirkt.
„Die Integration von industrialisierten Prozessen in unsere Lieferkette und unsere Arbeit vor Ort ist für die Qualitätskontrolle, die Sicherheit und die Terminplanung von entscheidender Bedeutung“, sagt Todd McCabe, Vice President Project Services bei Consigli Construction. „Außerdem haben wir hier in Boston – nicht zuletzt aufgrund einer alternden Belegschaft – große Probleme, die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften für Projekte zu decken. Je weiter wir also die Vorfertigung in eine kontrollierte Umgebung verlegen können, desto mehr können wir diesem Druck entgegenwirken.“
Das Unternehmen Consigli hat die Industrialisierung seiner Bauprozesse für mehrere Jahre zur obersten Priorität erklärt. Das Unternehmen arbeitet dabei mit ManufactOn zusammen – einem Partner beim Autodesk Forge Fundder gegründet wurde, um die Baubranche bei der Integration von Vorfertigungsmethoden in ihre Lieferkette und ihre Planung zu unterstützen. Aber der Übergang hin zum industrialisierten Bauunternehmen soll nicht Hals über Kopf realisiert werden. Bei Consigli hält man einen schrittweisen Übergang, der sich auf einzelne Prozesse konzentriert, für die beste Strategie.
Wie Consigli die Industrialisierung Schritt für Schritt meisterte, lässt sich anhand der folgenden drei Tipps verdeutlichen.
1. Sehen Sie sich die Lieferkette im Bauwesen genau an
Bei großen kommerziellen Bauprojekten ist die Koordination von Lieferanten und Werkstoffen so komplex wie die Verwaltung von Zulieferketten in Fertigungsunternehmen. Vielleicht sogar komplexer, da sich Baumaterialien und -ausrüstung mit jedem neuen Projekt ändern und häufig direkt an Projektstandorte, Vorfertigungsstätten oder ein Zentrallager geliefert werden müssen. Die Verbesserung des Lieferkettenmanagements ist also ein einfacher Schritt, wenn es darum geht, Geld zu sparen und Möglichkeiten für „Kitting“ und die Vorfertigung abseits der Baustelle zu entdecken.
„Als ich vor 20 Jahren anfing, nutzten wir Plantafeln und Magnete, um Werkstofflieferungen zu koordinieren und hielten das für unheimlich fortschrittlich“, erzählt McCabe. „Rückblickend gingen jedoch einige Lieferungen komplett verloren oder wurden vor Ort verschwendet und wir hatten viel loses Material in unkontrollierten Umgebungen. Es war – vorsichtig ausgedrückt – ineffizient“.
Nach der Implementierung des Materialmanagement-Moduls ManufactOn verwendet Consigli nun QR-Codes und mobile Geräte, um Lieferungen zu koordinieren und zu verfolgen, sowie industrielle Lagerverwaltungsmethoden, wodurch die komplette Lieferkette wesentlich transparenter wird.
2. Finden Sie Möglichkeiten für das „Kitting“ von Werkstoffen und zur Vorfertigung von Baumodulen
Eines der Ziele von Consigli bestand darin, den Anteil der Just-in-time-Lieferungen an den Einsatzort zu erhöhen, was Engpässe bei überfüllten Projekten minimiert und die Effizienz erhöht. Ein Ansatz besteht darin, direkt mit Lieferanten zusammenzuarbeiten, um Anlieferprozesse zu verbessern. So erhält Consigli jetzt beispielsweise Türen und Türbeschläge in Form von Bausätzen anstelle von einzelnen losen Produkten.
Das Bauwesen hängt historisch betrachtet stark von qualifizierten Arbeitskräften auf der Baustelle ab, wo Grundwerkstoffe und Baukomponenten zu fertigen Anlagen zusammengesetzt werden. Beim industrialisierten Bauen ist das Ziel, einen Großteil dieser qualifizierten Arbeiten in kontrollierte Umgebungen zu verlagern. Dies kann durch externes „Kitting“ von Teilen oder durch die Vorfertigung großer Baumodule in speziellen Produktionsanlagen erfolgen.
Bei Consigli nutzt man die verbesserten Erkenntnisse im Hinblick auf die Lieferkette jetzt beispielsweise, indem alle Werkstoffe, die für die Installation und Fertigstellung von Fenstern erforderlich sind, nicht separat an Projektstandorte geliefert, sondern bereits im eigenen Lager gebündelt werden. Arbeitskräfte im Lager stellen Fenster, Rahmen, Trockenbauwände und Befestigungen zu Materialpaketen zusammen, um sie dann mit rollenden „Consigli Smart Carts“ auszuliefern. Mitarbeiter vor Ort rollen die „cleveren“ Wagen zu den Bereichen, an denen sie arbeiten – so steht ihnen alles, was sie brauchen, an einem Ort zur Verfügung und sie werden nicht durch für anderweitige Zwecke bestimmte Werkstoffe behindert.
Consigli verwendet 3D-Modellierungswerkzeuge wie Autodesk Revit, um Modelle einzelner Etagen oder Räume, aber auch kleinerer Komponenten wie Strom- oder Rohrleitungen zu erstellen. Diese dienen als Leitfaden für die präzise Vorfertigung. So können große Baumodule an den Einsatzort geliefert werden – idealerweise an dem Tag, an dem sie benötigt werden. Zur kontinuierlichen Verbesserung von Anlieferung und Vorfertigung nutzt man bei Consigli kurze Besprechungen am Ende des Tages, um Rückmeldungen über die Vollständigkeit von Bausätzen oder die Eignung von Modulen zu erhalten.
3. Geben Sie einem „selbstausführenden“ Team Mittel und Möglichkeiten für mehr Vorfertigung und „Kitting“
Consigli unterhält unter dem Namen Riggs eine komplette „Selbstausführungs“-Abteilung, die als separater, vielseitiger Subunternehmer fungiert, der bei Bedarf für Projekte hinzugezogen werden kann. „Consigli ist Riggs’ einziger Kunde und in der Zusammenarbeit verhält es sich wie mit einem Subunternehmer, der die gleichen Werte wie unser Unternehmen hat“, erklärt McCabe. „Das Team von Riggs kann Baustellenarbeiten, grobe und feine Zimmerarbeiten, Mauerwerk, Türen und Fenster ausführen – sowie alles, was sonst noch anfällt – mit dem gleichen Augenmerk auf Sicherheit und Qualität, wie wir es von uns selbst erwarten.“
Inzwischen gilt Riggs für Consigli als der spezialisierte Zulieferer für „Kitting“ und Vorfertigung. Ein aktuelles Projekt für eine wissenschaftliche Einrichtung zeigt dies sehr anschaulich. „Bei diesem Projekt handelt es sich um ein komplexes Sonnenschutzsystem mit vielen Einzelkomponenten, die wir normalerweise erst vor Ort montieren würden“, sagt McCabe. „Wir gaben Riggs die Aufgabe, Lösungen für die Vorfertigung und Montage abseits des Projektstandortes zu entwickeln.“
Die bei Riggs mit dem Problem betrauten Teams fanden heraus, dass sich viele der Sonnenschutzkomponenten zusammen verpacken sowie die korrekten Befestigungselemente an den Rahmenstücken anbringen ließen. Tatsächlich konnten viele Komponenten zu relativ großen Modulen zusammengebaut und dadurch die Bauzeit und eine Materialanhäufung vor Ort reduziert werden. „Wir werden diesbezüglich ganz sicher nach noch mehr Möglichkeiten suchen“, erklärt McCabe.
Es erwies sich als kluger Schachzug von Consigli, spezielle interne Teams für die Industrialisierung von Bauprozessen zu bilden. Durch die Identifizierung und Implementierung von Vorfertigungsmethoden verfügt das Unternehmen über hervorragende Daten zum Nutzen dieser Verfahren und kann Feedback sammeln, um den gesamten Prozess weiter zu verbessern. Auf diese Weise erfolgte bei Consigli die Industrialisierung der Bauprozesse zwar schrittweise, aber stetig – mit Effizienzgewinnen in jeder Phase.