Künftig entspannter reisen: 3 Architekturentwürfe für internationale Flughäfen
Ab den 1920er Jahren erfolgte weltweit vielerorts der Spatenstich für Stadtflughäfen. Im Laufe der Jahre entwickelten sich diese zu internationalen Drehkreuzen für die größten Fluggesellschaften und zu wichtigen Verkehrsverbindungen für Reisende.
Vielleicht erwies es sich für andere Flughäfen als Vorteil, dass sie erst in jüngerer Zeit gebaut wurden: Im Laufe der Zeit rückten diese nämlich in puncto Effizienz, Komfort, technologischen Fortschritts, architektonischer Gestaltung und angenehmem Reiseerlebnis an die Spitze.
Wie kam es, dass einige der bedeutendsten Flughäfen der Welt ins Hintertreffen gerieten? Wodurch heben sich bestimmte Flughafenkonzepte und Reiseerlebnisse gegenüber anderen ab?
In diesem Beitrag berichten die Planungsteams, die für die Erweiterung von drei der größten internationalen Flughäfen verantwortlich sind – Los Angeles International Airport, Hong Kong International Airport und LaGuardia Airport in New York –, welche Verbesserungen sie vorhaben, wie sie Technologie für Planungsentscheidungen nutzen und worauf es bei der Schaffung eines zeitgemäßen Reiseerlebnisses für eine wachsende Weltbevölkerung ankommt.
1. Los Angeles International Airport
Der internationale Flughafen von Los Angeles (LAX) in Südkalifornien ist der größte und verkehrsreichste Flughafen an der Westküste der USA und für die vielen Verkehrsstaus im Umfeld berüchtigt. Vor den jüngsten Umbaumaßnahmen entsprachen die Gesamtgestaltung und der Reisekomfort am Flughafen nicht mehr dessen Schlüsselposition als Luftfahrtdrehkreuz. Tim Sullivan ist Senior Projektmanager für Luftfahrt beim internationalen Architekturbüro Gensler. Ihm zufolge wurde das Thema Modernisierung des Flughafens LAX wegen der konfliktträchtigen Beziehungen zwischen Flughafenmanagement, Fluggesellschaften und Anwohnern weitgehend vernachlässigt.
„In den letzten 10 Jahren hat sich das geändert“, berichtet Sullivan. „Neueren Führungsteams wurde irgendwann klar, dass sie ein partnerschaftliches Verhältnis zu diesen Interessengruppen aufbauen müssen, damit das Flughafenprojekt vorankommt, und sie haben dabei sehr gute Arbeit geleistet. Infolgedessen wurde der weitere Ausbau des Flughafens wieder möglich.“
Die Modernisierungsmaßnahmen für das Tom Bradley International Terminal begannen im Jahr 2010. Der damalige Bürgermeister von Los Angeles, Antonio Villaraigosa, legte besonderen Wert auf die Verbesserung des Reisekomforts für Passagiere sowie darauf, die Wettbewerbsfähigkeit von Los Angeles gegenüber anderen Weltstädten zu erhalten.
Insgesamt wird die Modernisierung des Flughafens LAX bis zum Jahr 2023 umgerechnet rund 11,7 Milliarden Euro kosten. Das ehrgeizige Programm umfasst auch das Midfield Satellite Concourse, ein neues Terminal mit 12 neuen Flugsteigen, die Renovierung weiterer Terminals sowie das Landside Access Modernization Program zur Verbesserung der Zugänglichkeit des Flughafens.
Dabei setzten die Architekten von Gensler auf Virtuelle Realität und BIM (mit Autodesk Revit), um ihre Auftraggeber – wie die Flughafenbehörde und die Lokalverwaltung – über das Projekt zu informieren und in den dreidimensionalen Raum eintauchen zu lassen.
„Menschen, die keinen Architektur- oder Planungshintergrund haben, fällt es schwer, sich das Endergebnis anhand eines zweidimensionalen Entwurfes auf Papier vorzustellen“, sagt Keith Thompson, Mitinhaber und Fachbereichsleiter für Luftfahrt und Transportwesen bei Gensler. „Mithilfe der digitalen Werkzeuge kann der Auftraggeber die Herausforderungen, vor denen wir als Planer stehen, einfacher nachvollziehen und die von uns vorgeschlagenen Lösungen besser unterstützen.“
2. Hong Kong International Airport
Istanbul mag den Rang des größten Flughafenprojektes für sich beanspruchen, aber HKIA soll mit Unterstützung des Ingenieurbüros AECOM der weltweit grünste Flughafen werden. Diese Nachhaltigkeitsstrategie beinhaltet Maßnahmen wie die Maximierung des Tageslichteinfalls, eine Verringerung des Energieverbrauchs, Sonnenkollektoren auf dem Dach und sogar ein Meeresschutzgebiet vor der Küste – eine Selbstverpflichtung der Flughafenleitung in Hongkong zur Erhaltung der bedrohten Chinesischen Weißen Delfine.
„Das Ziel des ökologischen Konzepts ist, durch Wärmedämmung die Qualität der Gebäudesubstanz aufzuwerten, um eine optimale, kühle Innentemperatur zu halten und so den Energieverbrauch zu reduzieren“, sagt Ivy Kong, Betriebsleiterin und Geschäftsführerin bei AECOM. „Dies soll mithilfe struktureller Bauelemente und unserer Gebäudetechnik realisiert werden.“
Der neue Flughafen stützt sich auf ein Dreibahnensystem und umfasst auch das Midfield-Terminal, die SKYCITY und die Erweiterung weiterer Terminals. Das ist kein Kinderspiel. „Das Flughafenmanagement betraute als übergeordneten BIM-Berater die Firma AECOM mit der Gestaltung eines effizienten Planungs- und Bauprozesses für das Dreibahnensystem“, berichtet Thomson Lai, Direktor der Abteilung für Innovative Lösungen von AECOM. „Zusammen mit der Leitung des HKIA erarbeitete AECOM die BIM-Strategie sowie die Vorgaben und Spezifikationen für die Planungs- und Bauphasen und überwachte außerdem den BIM-Workflow sowie die Qualität der ausgeführten Leistungen.“
Darüber hinaus wird der HKIA in einen Smart Airport umgewandelt. „Wenn Sie aus dem Flugzeug steigen, müssen Sie zum Beispiel Ihr Gepäck abholen, wollen in ein Geschäft gehen oder suchen etwas Unterhaltung“, erklärt Kong. „Die Technik wird Ihnen die schnellste Route weisen, was in einem vollen Terminalgebäude sehr hilfreich ist. Man braucht ein Leitsystem.“
Im Hinblick auf die Komplexität des Flughafenumbaus zeigte sich Kong besonders von der Detailgenauigkeit im Gebäudemanagement sehr beeindruckt. So musste AECOM zum Beispiel darüber nachdenken, wie das Handgepäck der Fluggäste am Sicherheitskontrollpunkt effizient durchleuchtet werden könnte.
„Zollabfertigung und Sicherheit am Flughafen waren für mich absolutes Neuland“, erklärt Kong. „Aber für die Planung des Gebäudes mussten wir über jede Einzelheit in Bezug auf Anforderungen und Ausrichtung des HKIA Bescheid wissen und diese so zusammenführen, dass im Ergebnis ein insgesamt reibungsloser Betrieb des Gebäudes sichergestellt war.“
3. LaGuardia Airport
BIM ermöglicht den am Umbau des Flughafens LaGuardia in New York beteiligten Planern, Eigentümern und Managern, das Gebäude schon vorab in mehreren Dimensionen zu betrachten – und dient außerdem als Instrument zur Risikominimierung.
„Mithilfe eines 4D-Modells und eines vorhandenen Zeitplans kann man den Bauablauf nachvollziehen, die Baubarkeit überprüfen, Änderungen vornehmen und Entscheidungen treffen“, erklärt Jay Mezher, BIM-Manager bei WSP. „Anhand einer Kollisionsprüfung kann man den Architekten zurückmelden, wo es Konflikte gibt, sodass diese ihre Entwürfe aktualisieren können. So hat man bei der Ausgabe der Pläne eine höhere Gewissheit, dass beim Bau des Projekts weniger Fehler passieren.“
Im Juli 2015 gab Andrew Cuomo, der Gouverneur von New York, gemeinsam mit dem damaligen US-Vizepräsidenten Joe Biden – der das Terminal B von LaGuardia einmal als „Drittweltland“ bezeichnete – einen Plan mit einem Budget von umgerechnet fast 3,5 Milliarden Euro bekannt: Die Terminals sollten mit Verbindungsbrücken zu einem zusammenhängenden Gebäude umgebaut werden. Cuomo erklärte, der Flughafen solle sich mit den besten der Welt messen können. Aus diesem Grund wurde modernste Technologie eingesetzt, um die öffentlichen Verkehrsverbindungen zum Flughafen zu verbessern, Flugverzögerungen zu vermindern und den Verkehr rundum den Flughafen zu reduzieren.
Um das Reiseerlebnis für Fluggäste so modern und komfortabel wie möglich zu gestalten, entwarf das Team von WSP ein neues Terminal, das – im Gegensatz zum vorhandenen Terminal mit dunklen, niedrigen Decken – sehr leicht und luftig sein sollte. Hinzu kamen Entwürfe für neue Brücken und Flughafenhallen.
„Das Ziel ist, Fluggästen einen angenehmen Aufenthalt zu bieten“, sagt Maxine Hill, Vice President bei WSP. „Man kommt recht zügig durch, und es gibt viele schöne Anlagen und Plätze zum Hinsetzen und Entspannen.“
Der neue Flughafen LaGuardia soll etwas Ungewöhnliches werden: ein hoher Flughafen auf einer kleinen Grundfläche. Die Brücken zu den Flugsteigen werden so hoch sein, dass Flugzeuge unter ihnen durchrollen können. „Anfangs hatten wir Bedenken, dass dies ein Minuspunkt für unseren Entwurf sein könnte, weil die meisten Flughafengebäude lang und niedrig sind“, erläutert Hill. „Aber aufgrund der Vorteile hinsichtlich Baubarkeit und Platzbedarf war der vertikale Entwurf für uns einfach schlüssig. Darüber hinaus knüpfen die Brücken hervorragend an das Gesamtgefühl für den Ort an – an das, was New York ausmacht.“