Essen aus dem 3D Drucker: Modeerscheinung oder Gaumenschmaus?
Essen und Technologie teilen eine lange und manchmal angespannte Geschichte. Die Entdeckung des Feuers beispielsweise brachte die menschliche Evolution voran. Von den unzähligen, oft unnötigen Küchenhelfern und vorgefertigten, nährstoffarmen Convenience‑Produkten hingegen profitierten wir eher weniger. Nun hat es das Produkt einer neuen Technologie auf unsere Geschmacksnerven abgesehen: Essen aus dem 3D‑Drucker.
Wenn die Vielzahl an neuen Unternehmen, Produkten und Konferenzen zu dieser aufblühenden Technologie verlässliche Indikatoren sind, dann scheint der 3D‑Lebensmitteldruck gerade seinen Kinderschuhen zu entwachsen. Er kommt in verschiedene Varianten daher: So werden beispielsweise Zutaten zur Zeitersparnis auf neue Weise kombiniert, Lebensmittel für eine bestimmte Ernährungsform optimiert und kultivierte Zellen zur Herstellung gedruckt. Dabei werden Druckverfahren wie Extrusion, Binder Jetting und Pulverbettverfahren eingesetzt. Denkbar wäre, dass das gedruckte Essen dann im Ofen fertig gebacken oder dass das Kochen Teil eines wird. Und dennoch muss sich erst noch zeigen, ob es sich hierbei um eine vorübergehende Modeerscheinung oder einen dauerhaften Wandel handelt.
Eines dieser innovativen Unternehmen aus dem Bereich 3D‑Lebensmitteldruck, BeeHex, Inc., stellte auf der South by Southwest® 2016 in Austin, Texas, seinen Pizza‑Drucker vor. Hinter BeeHex steckt nicht irgendwer, sondern einige kluge Köpfe, die die Lebensmittelproduktion aus einem völlig neuen Blickwinkel betrachten wollten. Im Jahr 2013 erhielt Mitbegründer und CEO Anjan Contractor einen Zuschuss von der NASA und baute den ersten pizzadruckenden Roboter für Astronauten.
„Das medizinische Personal möchte die Ernährung eines jeden Astronauten im Weltall besser überwachen und steuern können”, berichtet Jordan French, Mitbegründer und CMO von BeeHex. Mit 3D-Druck lässt sich dieser Wunsch erfüllen, weil man Anzahl und Position einer jeden Kalorie und Nährstoffkombination präzise abmessen kann.“
Aber nicht nur im Weltall, sondern auch auf der Erde führt die Technologie von BeeHex zu Fortschritten, die sich perfekt kommerziell nutzen lassen. „Wenn man es richtig macht, kann man mit 3D‑Lebensmitteldruck nicht nur Platz und Zeit sparen, sondern auch Abfall vermeiden“, erläutert French. „Der BeeHex‑Drucker braucht beispielsweise nicht einmal einen Quadratmeter Platz und kann in einem vorgegebenen Zeitfenster etwa die anderthalb- bis zweifache Menge an Nahrung erzeugen wie bei manueller Herstellung. Außerdem fällt beim 3D‑Drucken weniger Abfall an, weil die Bedürfnisse der Verbraucher in Bezug auf Kalorien, Zutaten und Form viel genauer erfüllt werden können.“
Es überrascht nicht, dass das gegenwärtige Interesse an Essen aus dem 3D‑Drucker als Erstes in der Maker Community erwachte. Dort sammelten Jason Mosbrucker und Luis Rodriguez, ehemaliger Autodesk Artist in Residence, erste Erfahrungen mit dieser Technologie. Nun produzieren sie die 3Digital Cooks‑Podcasts.
„3Digital Cooks möchte mithilfe des 3D‑Drucks neue Geschmackserlebnisse erschaffen“, erklärt Mosbrucker. „Wir setzen nur Dinge ein, die dem digitalen Hobbykoch ebenfalls zur Verfügung stehen, um ehrlich, für jedermann zugänglich und attraktiv zu bleiben. Wir hoffen, dass wir so mehr Menschen dazu bewegen können, uns bei unserer Reise durch die Welt des 3D‑Lebensmitteldrucks zu begleiten.“ Außerdem veröffentlichen Mosbrucker und Rodriguez auf ihrer Webseite Rezepte und bieten Einsteigern Workshops zum Thema 3D‑Lebensmitteldruck an.
Bevor sich Mosbrucker und Rodriguez das erste Mal persönlich trafen, hatten sie bereits fast ein Jahr lang über das Internet zusammengearbeitet. Die Begegnung fand auf der im Jahr 2015 erstmalig abgehaltenen 3D Food Printing Conference im niederländischen Venlo statt. Die Konferenz verdeutlichte, wie vielfältig und umfangreich das Thema 3D‑Lebensmitteldruck ist.
2016 bildete ein von byFlow zubereitetes Menü den krönenden Abschluss der Konferenz. Serviert wurden unter anderem Air Caviar und Mystic Prawns. Zuvor hatte man sich einen Tag lang zu Themen wie Kampf gegen Fettleibigkeit, Lebensmittelsicherheit und Einsatz von 3D‑Druckern in der industriellen Lebensmittelproduktion ausgetauscht.
Durch die Konferenz führte Julian Sing von 3dChef, einem Unternehmen, das ebenfalls Lebensmittel druckt. Er relativiert den momentanen Hype um die neue Technologie etwas: „Sich darauf auszuruhen, dass wir jetzt in der Lage sind, Lebensmittel zu drucken, ist nicht genug.“ Sing ist vielmehr auf der Suche nach dem langfristigen Mehrwert, den die Technologie bei Konsistenz, Effizienz und Individualität sowie bei der Aufklärung über Ernährungsgewohnheiten bieten kann.
„Jedes Unternehmen möchte eine einheitliche Konsistenz erreichen“, so Sing. „Keksteig zum Beispiel wird in großen Mengen zubereitet und anschließend auf ein Förderband gegeben, das durch einen Ofen läuft. Die Konsistenz des Teiges variiert von Keks zu Keks, gleiches gilt für die Höhe der Kekse. Das wiederum hat Auswirkungen auf Backzeit und Aussehen. Wenn man den Teig drucken kann, hat jeder Keks dieselbe Form und Höhe. Er lässt sich präziser backen, bräunt gleichmäßiger und Sie haben so gut wie keine Produktionsabfälle.“