Einfach wundervoll: 4 Grundsätze für erlebnisorientiertes Produktdesign
Erinnern Sie sich noch an Adobe Photoshop 1.0? Mir ist die erste Version des beliebten Bildbearbeitungsprogramms nur zu gut im Gedächtnis geblieben. Hier nahm sogar ein simples Rotieren von Bildelementen so viel Zeit in Anspruch, dass man getrost Mittagspause machen konnte, bevor die Aktion abgeschlossen war.
Damals gab man sich bereits zufrieden, wenn Technologie einfach nur funktionierte. War dies der Fall, wurden selbst die frustrierendsten Nutzungserlebnisse verziehen. Kurz gesagt: Man passte sich an das Produkt an. Heute sieht alles ganz anders aus. Die Welt hat sich verändert. Verbraucher haben sich verändert. Wir erwarten heute – sowohl im digitalen als auch physischen Bereich – maßgeschneiderte Produkte, die nicht nur einwandfrei funktionieren, sondern auch ein erstklassiges und angenehmes Nutzungserlebnis bieten.
“Kein statisches Endresultat, sondern ein aktiver Prozess.”
Befassen wir uns zunächst etwas näher mit dem Wort „wundervoll“. Wie soll man bitteschön Schraubenzieher, Betonmischer oder Windkraftanlagen herstellen, die von Verbrauchern als „wundervoll“ empfunden werden? Unabhängig vom Produkt muss hierzu beim Designen das Nutzungserlebnis oberste Priorität haben. In manchen Fällen setzt dies nicht nur eine Umwälzung des Design-Prozesses, sondern eventuell sogar des ganzen Unternehmens voraus. Wenn Sie beim Produktdesign einen erlebnisorientierten Ansatz einführen wollen, empfehlen wir Ihnen, mit den folgenden vier Grundsätzen zu beginnen:
1. Schaffen Sie ein Gemeinschaftsgefühl.Wenn Sie in Ihrem Unternehmen ein Team für erlebnisorientiertes Design auf die Beine stellen möchten, müssen Sie zunächst sicherstellen, dass Ihre Mitarbeiter verstehen, was „Design“ eigentlich bedeutet. Das Wort Design beschreibt kein statisches Endresultat, sondern einen aktiven Prozess, an dem das gesamte Team beteiligt ist. Ermutigen Sie jeden Mitarbeiter dazu, aktiv am Produktdesign teilzunehmen, Ideen beizusteuern, eigenständig die Initiative zu ergreifen oder mit Kollegen die Köpfe zusammenzustecken, Ideen und Konzepte zu diskutieren und effektiv zusammenzuarbeiten.
Achten Sie darauf, dass das gesamte Unternehmen in den Designprozess eingebunden ist. Dazu gehören Forscher, UX- und UI-Designer, visuelle Designer, Markendesigner und Marketingexperten. Vereinen Sie all diese Mitarbeiter zu einem riesigen Designteam. Es nützt nichts, beim Produktdesign auf eine strenge, aber im Endeffekt arbiträre Rollenverteilung zu pochen. Erlauben Sie stattdessen jedem einzelnen Mitarbeiter, aktiv an der Entwicklung neuer Produkte mitzuwirken. Sie werden sehen, dass jeder einzelne von ihnen basierend auf seinen Erfahrungen und seiner Weltansicht etwas Einzigartiges beisteuern kann. Hier gilt: Je mehr Köpfe, umso mehr Ideen – und umso bessere Lösungen.
Um die Zusammenarbeit zu fördern und ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen, können Sie Slack verwenden, E-Mails verschicken, vierteljährliche Betriebsversammlungen mit sämtlichen Mitarbeitern organisieren, eine Happy Hour für Designer veranstalten (diese sind besonders beliebt) oder auch Vorlesungen halten. Es geht darum, Ihre Mitarbeiter sowohl physisch als auch virtuell zusammenzubringen. Wenn es um Zusammenarbeit und das Teilen von Arbeit geht, sollte zudem der Nutzen eines guten alten Anrufs nicht unterschätzt werden. Doch auch Videokonferenzsysteme wie Skype oder GoToMeeting sind in diesem Zusammenhang durchaus sinnvoll. Je besser es Ihnen gelingt, Kollegen Ihre Ideen zu veranschaulichen, umso besser werden die Ergebnisse sein.
Der letzte Schritt auf dem Weg zu Ihrer neuen Design-Community besteht darin, Ihrem Team die Methoden und Prinzipien des sogenannten Human Centered Design näherzubringen. Das führt zu einem größeren Einfühlungsvermögen und Verständnis gegenüber den Leuten, die letztendlich von Ihrem Produkt profitieren.
2. Stellen Sie Ihre Kunden in den Mittelpunkt. Kunden sind nicht einfach nur Nutzer. Sie sind Menschen und sollten dementsprechend behandelt werden. Streichen Sie das Wort „Nutzer“ aus Ihrem Vokabular – es ist ohnehin nichtssagend. Behandeln Sie Ihre Kunden stattdessen in jedem Aspekt Ihrer Tätigkeiten als Menschen und betonen Sie die entscheidende Bedeutung von Recherche als Innovationstool, das es ermöglicht, ein möglichst optimales Produkt zu schaffen. Das Durchführen von Recherchen muss dabei nicht unbedingt zu Ihrer Berufsbeschreibung gehören. Um Informationen über Ihre Kunden zu sammeln, muss Recherche einfach nur Teil Ihrer Unternehmenskultur werden und sowohl quantitative Daten (das „Was“) als auch qualitative Daten (das „Warum“) umfassen.
Zu diesem Zweck ist es eine gute Idee, Programme und Initiativen ins Leben zu rufen, die einen möglichst direkten Kundenkontakt ermöglichen. Warum nicht etwas Feldforschung betreiben und Kunden zum Beispiel direkt im Geschäft interviewen? Sie werden gar nicht glauben, wie viel schneller es Ihnen gelingen wird, Ihre Produkte zu verbessern, wenn das gesamte Produktteam über dieselben Informationen verfügt und dieselben Wahrnehmungen teilt. Sie möchten in kurzer Zeit messbare Ergebnisse erzielen? Dann hören Sie sich einfach ein paar Kundenbeschwerden an – ich versichere Ihnen, dass sich die Änderungen in Rekordzeit einstellen werden.
Sorgen Sie dafür, dass das gesamte Unternehmen Zugriff auf die Ergebnisse Ihrer Kundenforschung hat. Das können Sie auf unterschiedliche Weise tun. Sagen wir’s mal so: Wenn Sie Leuten einen guten Grund zum gemeinsamen Essen und Trinken geben, werden sie garantiert zahlreich erscheinen. Sie können aber auch eine Vorlesungsreihe organisieren, in der Sie Ihre Erkenntnisse erläutern, oder eine Webseite einrichten, auf der Ihre Mitarbeiter die Forschungsergebnisse leicht durchsuchen und einsehen können. Wofür auch immer Sie sich entscheiden, wichtig sind in diesem Zusammenhang vor allem Zugänglichkeit und Transparenz.
3. Schaffen Sie ganzheitliche Kundenerlebnisse.Bieten Sie Ihren Kunden durchgehend einheitliche Erlebnisse oder machen sich die Barrieren innerhalb Ihres Unternehmens bemerkbar? Wenn Sie ganzheitliche Kundenerlebnisse schaffen wollen, müssen Sie zunächst sämtliche Touchpoints zwischen Kunden und Ihrem Unternehmen identifizieren – dabei handelt es sich um jene vorhersehbaren Kontaktpunkte, die für Ihr gesamtes Unternehmensportfolio gelten. Wir bei Autodesk nutzen Tools wie Customer Journey Maps, um solche ganzheitlichen Kundenerlebnisse zu schaffen. Wenn jemand Ihr Produkt kauft, Ihre Website besucht oder Ihren Kundensupport kontaktiert, sollten sich die jeweiligen Erlebnisse nahtlos gegenseitig ergänzen, ohne dass dabei jegliche Verwirrung oder Unstimmigkeit aufkommt.
Wie können Sie gewährleisten, dass Ihre Mitarbeiter Bestellungen zeitnah abwickeln und gleichzeitig Wert auf einheitliche, zusammenhängende End-to-End-Erlebnisse legen? Und wie verdeutlichen Sie ihnen, welchen Beitrag – und sei er noch so gering – sie jeweils zum Gesamtbild leisten? Hierzu können Sie zum Beispiel Mitarbeitern, die an verschiedenen Produkten oder in verschiedenen Abteilungen arbeiten, die Aufgabe geben, gemeinsam eine Lösung für wichtige Probleme innerhalb des Unternehmens zu finden. Diese Herangehensweise hilft Ihnen zum einen, Barrieren abzubauen, zum anderen führt sie zu besseren Produkterlebnissen, da bekannte Vorurteile über Produkte bei der Produkterlebnisstrategie beachtet werden.
Sie können auch spezielle Arbeitsgruppen ins Leben rufen: Finden Sie heraus, wer unter Ihren Mitarbeitern leidenschaftlich gerne Recherchen nachgeht, wer visuelles Design liebt und wer sich besonders für Informationsarchitektur interessiert. Diese Mitarbeiter können unter sich zusammenkommen und sogar eigene Richtlinien auf die Beine stellen. Ihr Job besteht darin, festgefahrene Betriebsgepflogenheiten zu verbessern, damit das Unternehmen in Zukunft noch bessere Produkte entwickeln kann.
4. Setzen Sie auf Qualität. Es liegt in Ihrer Verantwortung, positive Produkterlebnisse zu schaffen, die bei den Leuten ankommen. Dazu sollten Sie Minimum Viable Products, das heißt Produkte mit minimalen Anforderungen und Eigenschaften, grundsätzlich ablehnen und stattdessen versuchen, Minimum Lovable Products herzustellen. Was ist damit gemeint? Nun, wenn Sie bei der Herstellung Wert auf handwerkliche Qualität und Anwenderfreundlichkeit legen, werden Kunden Ihre Produkte nicht einfach nur mögen, sondern regelrecht lieben – und seien wir ehrlich, ein paar fanatische Befürworter können Ihrer Marke doch nur guttun, nicht wahr?
Minimal Lovable Products lassen sich im Prinzip mit drei Stichwörtern beschreiben: Nutzen, Einfachheit und Qualität. Überlegen Sie, ob Sie Kunden ein Produkt anbieten, das ihnen einen echten Mehrwert bietet, oder aber ein Produkt, das einfach nur coole Funktionen hat. Ihre Produkte sollten so simpel und anwenderfreundlich wie möglich sein. Komplexität ist einfach, da sie immer weiter ausgebaut werden kann. Simplizität ist da weitaus schwerer. Zu guter Letzt ist es natürlich auch wichtig, dass Ihr Produkt qualitativ hochwertig ist, hält, was es verspricht, und die emotionalen Attribute hervorruft, die ein großartiges Produkt ausmachen.
Die gute Nachricht lautet: Diese vier Grundsätze haben das Potenzial, Ihr Unternehmen grundlegend zu verändern. Sie führen dazu, dass Design jeden Aspekt Ihrer Unternehmenskultur durchdringt und dass Mitarbeiter enger zusammenarbeiten. Also, worauf warten Sie noch? Setzen Sie noch heute Ihre Design-Superkräfte frei und beginnen Sie mit der Entwicklung erstklassiger Produkte, die für ein absolut wundervolles Nutzungserlebnis sorgen.