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MR, VR und AR sorgen für eine effizientere Zusammenarbeit zwischen Menschen und Maschinen

Die Baubranche sieht sich zunehmend mit mehr Daten konfrontiert. Neue Technologien können hier Abhilfe schaffen.

Von Arbeitnehmern, die sich Sorgen um die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes machen, bis hin zu apokalyptischen Zukunftsszenarien einer Welt, in der Roboter sich die Menschheit untertan machen: Beim Thema Künstliche Intelligenz haben Unkenrufe derzeit Konjunktur. Dabei gibt es angesichts der Datenmengen, die unsere Welt überfluten, zumindest für Architekten, Planer und Ingenieure überhaupt keinen Grund zur Panik – und umso mehr Anlässe zur Begeisterung.

Richtig ist, dass Technologien von Virtueller Realität (VR) über Augmented Reality (AR) bis hin zu Mixed Reality aktuell voll im Trend liegen. Jedoch werden sie menschliche Arbeitskräfte keineswegs überflüssig machen, sondern die Zusammenarbeit zwischen Menschen und Maschinen verbessern.

Die rapide voranschreitende Entwicklung von VR (immersives Erleben einer vollkommen künstlichen Welt), AR (Überlagerung der gebauten Umwelt mit einer digitalen Informationsschicht) und MR (eine interaktive Kombination beider Technologien) täuscht leicht darüber hinweg, dass diese Technologien immer noch in den Kinderschuhen stecken. Viele der Geräte, die uns heute revolutionär erscheinen, werden morgen ungefähr so kultig sein wie die erste Generation der Mobiltelefone – große Klötze mit Spiralkabeln, die man noch in einem Aktenkoffer mit sich herumschleppte.

Mit dem Vormarsch der Künstlichen Intelligenz und verwandter Technologien stehen der industrialisierten Welt radikale Veränderungen bevor. Enorme Rechenleistungen, neuartige Möglichkeiten der grafischen Darstellung und optimierte Eingabeoberflächen werden nicht nur die Effizienz und Produktivität menschlicher Arbeitskräfte steigern, sondern auch unsere Fähigkeit, die in unserer Umgebung enthaltenen Daten und Informationen zu erfassen und auszuwerten.

Mit VR lassen sich Fehler bereits in der Bauplanung erkennen.
Mit VR lassen sich Fehler bereits in der Bauplanung erkennen.

Stellen Sie sich etwa eine Welt vor, in der zur Planung eines Gebäudes weder Baupläne noch physische Prototypen nötig sind. Stattdessen werden sich Menschen und Maschinen eine Kombination aus AR/VR, maschinellem Lernen, Künstlicher Intelligenz, Robotertechnik, fortschrittlichen Fertigungstechniken und generativer Gestaltung zunutze machen, um Verknüpfungen zwischen digitalen Informationen und der gebauten Umwelt herzustellen. Dadurch werden Planer und Ingenieure zunehmend zur Auswertung schwer verständlicher und komplexer Eingaben befähigt, die sich laufend aktualisieren – und sie werden in die Lage versetzt, diese Informationen im räumlichen Kontext ihrer Arbeit nutzbar zu machen.

Neuartige Arbeitsplätze und Einsatzorte

Planer, Ingenieure, Hersteller und Bauhandwerker sehen sich einer Flut digitaler Informationen ausgesetzt. Ihre Arbeit nimmt ständig an Komplexität zu, gleichzeitig schrumpfen die Gewinnspannen, und im Laufe der nächsten fünf bis zehn Jahre werden sie viele altbewährte Methoden und Abläufe komplett umstellen müssen.

Aktuell wird in der Bauwirtschaft vielfach noch mit analogen Daten gearbeitet, und viele Architekten nutzen 2D-Simulationen zur Erstellung von Eingabeplänen. Dabei kann die Darstellung von Architekturkonzepten in 3D – ob als Augmented Reality auf der Baustelle oder als Virtual Reality im Zuge einer Entwurfsprüfung – alle relevanten Informationen sehr viel besser veranschaulichen.

Die immersive Erfahrung eines VR- bzw. AR-Modells ermöglicht Projektbeteiligten aus unterschiedlichen Fachgebieten und Umfeldern, einen bereits realisierten Entwurf zu simulieren bzw. einen noch in der Planung befindlichen Entwurf zu ergänzen. Dies trägt zur Effizienzsteigerung sowie zur besseren Nachvollziehbarkeit bei und führt so dazu, dass Entscheidungen auf fundierter Informationsbasis gefällt werden und die Produktivität bei gleichzeitig sinkender Fehlerquote steigt.

Oft genug kommt es vor, dass Architekten eine Simulation einfach abnicken: „Sieht super aus!“ Wenn man ihnen jedoch genau dasselbe BIM-Modell in VR zeigt, fällt ihnen dann plötzlich auf: „Mensch, die Decke ist zu niedrig“ oder „Hier stimmt doch was nicht“.

Insbesondere im Bauwesen tun sich mit AR vollkommen neue Möglichkeiten auf. Mithilfe von Datenhelmen oder -brillen (oder auch einem Mobiltelefon bzw. Tablet) können Bauunternehmer und -ingenieure das BIM-Modell sozusagen über das physische Gelände legen, im Zuge einer Begehung potentielle Probleme aufdecken und Kommentare hinzufügen, die dann automatisch in das digitale Modell integriert werden.

Visualisiert man Daten, lässt sich das Unsichtbare sichtbar machen.
Visualisiert man Daten, lässt sich das Unsichtbare sichtbar machen.

Durch Visualisierung von Daten in AR und VR lässt sich das Unsichtbare sichtbar machen. Zur Durchführung einer Belastungsanalyse nach der Finite-Elemente-Methode (FEM) etwa hätte ein Ingenieur früher eine Tabellenkalkulationssoftware verwendet. Heute kann er stattdessen eine Gradientenkarte über den Entwurf legen und daran ablesen, an welchen Stellen ein Bruchrisiko besteht. Dadurch entsteht zugleich eine neue Feedbackschleife.

Vorteile für die Prototypenentwicklung und Schulung

Dank der neuen Technologien lassen sich Einsparungen bei harten wie bei weichen Projektkosten erzielen, indem weniger physische Objekte produziert werden müssen. So wird beispielsweise im Automobilbau derzeit noch mit Prototypen aus Ton gearbeitet. In Zukunft könnten stattdessen virtuelle Prototypen zur Unterstützung der entsprechenden Entscheidungsprozesse herangezogen werden. Statt physische Prototypen zu testen und die dabei gewonnenen Erkenntnisse dann manuell in die Entwürfe einzupflegen, ließen sich notwendige Änderungen direkt am VR-Modell vornehmen, sodass ihre Ergebnisse wiederum unmittelbar überprüfbar wären. Hersteller würden dadurch Werkstoffe, Zeit und Geld sparen.

Auch im Arbeitsalltag eines Architekten kann VR-Technologie für mehr Effizienz sorgen. Nehmen wir ein einfaches Beispiel – den Entwurf für ein Deckenschienensystem in einem Krankenhaus. Ein kleiner Fehler bei der Berechnung der Entfernung zwischen Notaufnahme und OP kann hier unter dem Strich einen Riesenunterschied machen. Ein VR-Modell würde den Architekten in die Lage versetzen, die Folgen seiner Entscheidungen im Voraus besser abzusehen.

AR-Technologie wiederum kann zur Schulung bzw. Umschulung von Fabrikarbeitern oder Baubeschäftigten eingesetzt werden. Wenn Arbeitnehmer in den Ruhestand treten, gehen dem Unternehmen oft branchenspezifische Fachkenntnisse aus jahrzehntelanger Berufspraxis verloren. Zukünftig könnten diese Kenntnisse in Form von AR-Daten erfasst und bei der Ausbildung der nächsten Generation von Fachkräften eingesetzt werden.

Abgleich mit der Realität. Mit AR ist das möglich.
Abgleich mit der Realität. Mit AR ist das möglich.

Eine Technologie im Frühstadium

Bislang haben die meisten Menschen die neuen AR-, VR- und MR-Technologien nur aus der Zuschauerperspektive erlebt – sei es als Demoversion oder zur Visualisierung eines bereits fertig gestellten Entwurfs. Wie aber lassen sie sich in den gesamten Prozessablauf vom Entwurf über die Simulation bis hin zur Produktschulung integrieren? Dies erfordert zunächst die Zentralisierung und Verknüpfung von Daten in den entsprechenden Umgebungen.

Die Umstellung von Großrechnern auf Desktop-Computer veränderte die Arbeitswelt grundlegend. Inzwischen kommen zunehmend Mobilgeräte zum Einsatz, und Daten werden nicht mehr auf unternehmenseigenen Servern, sondern in der Cloud gespeichert. In der nächsten Welle der IT-Revolution werden Geräte endgültig obsolet und die Welt (bzw. der menschliche Körper) als Schnittstelle und Ausgabebildschirm dienen, sodass neue Formen der Dateneingabe, neuartige Modalitäten, Anzeigeoptionen, Optiken, Simulationen und neue Möglichkeiten des Datenflusses entstehen.

Damit einhergehen wird eine Designwende von Tablet-basierter AR oder verkabelter VR hin zu zunehmend kleinformatigen Headsets. Bis zur Marktreife voll funktionsfähiger immersiver Hologramme werden wohl noch fünf bis zehn Jahre vergehen. Doch bereits in den nächsten ein bis zwei Jahren ist mit einigen bahnbrechenden Neuerungen im Bereich der Unternehmensanwendungen zu rechnen.

Wenn es so weit ist, gewinnen Planer und Ingenieure dank VR-, AR- und MR-Technologien nicht nur eine ganz neue Perspektive auf die Dinge, die das A und O ihrer beruflichen Tätigkeit ausmachen, sondern auch die Möglichkeit, sie anderen Projektbeteiligten effektiver zu vermitteln. Auf diese Weise entsteht ein Dialog, in dem alle Beteiligten ihre jeweiligen Prioritäten einbringen und dadurch einen Beitrag zur Optimierung des Endprodukts leisten.

VR, AR und MR verleihen Architekten, Planern, Ingenieuren, Herstellern und Bauunternehmern übermenschliche Kräfte, mit denen sie das Unsichtbare sichtbar machen, bislang ungeahnte Leistungen erbringen und zuverlässige Voraussagen über die zu erwartenden Ergebnisse abgeben können.

Dieser Artikel wurde aktualisiert. Die ursprüngliche Veröffentlichung war im September 2017.

 

Über den Autor

Brian Pene ist bereits seit mehr als 21 Jahren bei Autodesk tätig und trägt heute den Titel des Director of Emerging Technology. Zu seinen vorherigen Funktionen im Unternehmen gehören Senior Product Designer, Customer Solutions Expert und Technology Evangelist. In seiner aktuellen Rolle beschäftigt er sich mit der Frage, wie sich neuartige Technologien und Markttrends so miteinander kombinieren lassen, dass dadurch neue Möglichkeiten für die Entwicklung innovativer Planungs-, Geschäfts- und Technologielösungen entstehen. Pene verfügt über mehr als 15 Jahre Planungs- und Software-Engineering-Erfahrung – sowohl im Rahmen der Forschung als auch der Projektarbeit. Er arbeitete unter anderem an Anwendungen in den Bereichen Augmented und Mixed Reality, Echtzeit-3D-Visualisierung und -Simulation, virtuelle Welten, spielbasierte Lernwerkzeuge, algorithmisches Design und Datenvisualisierung. Ungeachtet seiner diversen Aufgaben bei Autodesk ist Pene der Meinung, dass Technologie eigentlich nur ein Werkzeug für uns ist: Es soll den Menschen dabei unterstützen, schneller das gewünschte Ziel zu erreichen, und ihm mehr Alternativmöglichkeiten für eine bessere Entscheidungsfindung bieten.

Profile Photo of Brian Pene, Autodesk Director - DE