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Mit Drohnen Zeit und Geld sparen – was können die fliegenden Helfer auf der Baustelle?

Two workers in hard hats operate a drone by tablet.

Der wachsende Hype um Drohnen ist bereits seit Jahren ungebrochen. Zum Schnäppchenpreis von weniger als 100 Euro erhältliche Modelle für den Privatgebrauch haben die Verkaufszahlen förmlich explodieren lassen: Lag der weltweite Jahresumsatz 2014 noch bei 6,4 Milliarden USD, soll sich diese Zahl bis 2020 schätzungsweise auf satte 38 Milliarden USD belaufen.

Für Verbraucher liegt der Reiz in den günstigen Geräten an sich, die in jeden Rucksack passen und sich wie ein Spielzeughelikopter per Fernsteuerung bedienen lassen. Das gesteigerte Interesse seitens von Unternehmen – allen voran Bauunternehmen – lässt sich hingegen auf Fortschritte im Software- und Datenbereich zurückführen.

Eine Handvoll Unternehmen widmen sich mittlerweile der Entwicklung von Apps und Cloud-Diensten für Drohnen, die der Erhebung von Daten und Bildmaterial zur Verwendung auf Baustellen dienen. Das Ganze funktioniert folgendermaßen: Eine über ein Tablet betriebene App ermöglicht die Programmierung automatischer Flugrouten innerhalb eines bestimmten Gebiets. Während ihres Fluges macht die Drohne Aufnahmen des entsprechenden Bereichs und lädt diese in eine cloudbasierte Photogrammetrie-Software hoch, die auf Basis des unbearbeiteten Bildmaterials Karten und Modellstrukturen erstellt. Diese werden schließlich über eine Web-Plattform zur Verfügung gestellt.

Die hochgeladenen Daten werden zu TIFF-Dateien und anderen Bildformaten, topografischen Karten, Punktwolken sowie 3D-Gittermodellen verarbeitet. Das Ergebnis ist eine originalgetreue digitale Abbildung der Baustelle, die die Verhältnisse vor Ort beinahe in Echtzeit und mit einer Genauigkeit im Zentimeterbereich widerspiegelt. Diese kann nicht nur tagtäglich aktualisiert werden, sondern ist darüber hinaus mit Autodesk BIM 360 sowie GIS kompatibel. So lassen sich Infrastrukturen noch in der Konstruktionsphase mit den Modellen der Architekten und Planer abgleichen, um eventuell erforderliche Baumaßnahmen zu ermitteln und mögliche Fehler aufzudecken, bevor sie zu kostspieligen dauerhaften Problemen werden.

A closeup of DroneDeploy’s Live Map application.
Die Live Map von DroneDeploy bietet unmittelbare Einblicke in Daten, die auf der Baustelle von Drohnen erhoben und anschließend ins Internet hochgeladen werden. Mit freundlicher Genehmigung von DroneDeploy.

Wie der auf Verarbeitungs-Software für Drohnen-Bilddaten spezialisierte Anbieter DroneDeploy betont, sei der Einsatz von Drohnen auf Baustellen im Laufe des vergangenen Jahres um ganze 200 Prozent gestiegen. Für Gil Mildworth, der sich in seiner Rolle als Vizepräsident für Geschäftsentwicklung bei SiteAware täglich mit dem Thema Baudaten befasst, steht fest: „Es ist heute unbestritten, dass Drohnen der Baubranche einen Mehrwert bieten. Der Schlüssel zum Erfolg besteht darin, aus den erfassten Daten im Rahmen eines integrierten Bauprozesses praktische Einblicke zu gewinnen.“

Bill Bennington, US-weiter Qualitätsbeauftragter bei PCL Construction, war vor zwei Jahren an der Entwicklung des internen Drohnenprogramms des Unternehmens beteiligt. Mittlerweile beaufsichtigt er in den USA und Kanada dreißig zertifizierte Piloten. Trotz des heutigen Erfolgs legte das Programm zunächst einen holprigen Start hin. „Zu Beginn suchten Projektteams verzweifelt nach Problemen, die man mithilfe von Drohnen lösen könnte, um die ursprünglichen Investitionskosten zu rechtfertigen“, erinnert sich Bennington. „Aber heute machen wir uns keine Gedanken mehr darüber, ob sich die damit verbundenen Investitionen auszahlen. Wir wissen, dass Drohnen ein Segen für Projektteams sind, die sich im Rahmen ihrer täglichen Kommunikations- und Koordinationstätigkeiten maßgeblich auf Luftbilddaten verlassen.“

Wie effizient ein Bauprojekt abläuft, wird in erster Linie von drei Rahmenbedingungen bestimmt: Zeit, Qualität und Kosten. Dass Drohnen im Hinblick auf jeden dieser Faktoren Vorteile bergen, leuchtet ein. Im Gegensatz zu Menschen sind sie in der Lage, Baustellen in kürzester Zeit zu überqueren – ohne Hindernisse wie Gräben und Lastwagen umgehen oder mühevoll Gerüste emporsteigen zu müssen.

Wie Bennington weiter ausführt, nutzt PCL die webbasierte Drohnenplattform Site Scan, um in Form von 3D-Gittermodellen und 3D-Punktwolken vorliegende Luftbilddaten in Virtual- und Augmented-Reality-Umgebungen zu visualisieren. Wenn es an der Zeit ist, ein umgesetztes Projekt mit dem entsprechenden Modell abzugleichen, lädt das Projektteam die Gitterstruktur- bzw. Punktwolkendateien herunter und öffnet sie in Autodesk-Software wie Revit oder ReCap. „3D-Gittermodelle und Punktwolken waren lange Zeit Leuten vorbehalten, die sich mit anspruchsvoller, kostspieliger Software auskannten“, fährt er fort. „Heute stehen sie hingegen jedem einzelnen Projektmitarbeiter zur Verfügung.“

A drone captures site data above Uber’s new headquarters in San Francisco.
Generalunternehmer Trubeck vertraut auf Drohnen, um im Rahmen der Bauarbeiten des neuen Firmensitzes von Uber in San Francisco wichtige Daten zu erheben. Mit freundlicher Genehmigung von 3DR.

Auch Hugh McFall, Leiter für Produktmarketing bei 3DR, weiß aus eigener Erfahrung, in welchem Ausmaß Drohnen zur Optimierung von Bauprozessen beitragen können: Durch den Einsatz der von 3DR entwickelten App Site Scan konnte das Arizona Department of Transportation die Vermessungsarbeiten im Rahmen einer Brückenreparatur, die andernfalls mindestens einen ganzen Tag in Anspruch genommen hätten, in gerade einmal 30 Minuten abschließen. Auf ähnliche Weise war das Unternehmen Arcadis in Katar dank Site Scan in der Lage, die notwendigen Volumenberechnungen für die Konstruktion einer Autobahn zehnmal schneller abzuwickeln. Und auch der Generalunternehmer Trubeck erstellt im Rahmen der Konstruktion des neuen Uber-Firmensitzes in San Francisco erfolgreich Baubestandsmodelle und Fortschrittsberichte anhand von Drohnendaten.

Cloudbasierte Photogrammetrie-Lösungen, die von Drohnen erhobene Daten in verwertbare Formate verwandeln, ersparen darüber hinaus einiges an manuellem Aufwand. So müssen Daten zur Echtzeit-Verarbeitung über die photogrammetrische Software von DroneDeploy beispielsweise nicht in die Cloud hochgeladen werden: Die Funktion Live Map generiert völlig ohne Internetverbindung automatisch 2D-Karten, während die Drohne sich in der Luft befindet, um Nutzern umgehend entsprechende Einblicke zu gewähren.

Nach Hochladen der Bilddaten auf eine webbasierte Plattform stehen diese sämtlichen Projektteams zur Verfügung, wobei der Zugang einzelner Benutzer durch gestaffelte Berechtigungen und Zugriffsbeschränkungen geregelt wird. „Dank der Drohnendaten können sogar Personen, die sich nicht auf der Baustelle befinden, an einem Projekt mitwirken“, erklärt Mike Winn, CEO von DroneDeploy.

Verschiedene Arten von Kameras eröffnen überdies neue Möglichkeiten und Funktionen. So eignen sich Wärmebildkameras etwa besonders zur Überprüfung von Solaranlagen, zur Ortung von Wärmelecks oder wasserdurchlässigen Stellen an Gebäudehüllen sowie zur Überwachung erhärtender Betonstrukturen.

A PCL drone maps landscape contours to help contractors manage runoff.
PCL setzt Drohnen zur Bestimmung von Geländekonturen ein, um Oberflächenabfluss vorzubeugen und ausreichend Freiraum für vorhandene Versorgungsleitungen und -anlagen zu bewahren. Mit freundlicher Genehmigung von PCL Construction.

Doch damit nicht genug: Drohnen können die Sicherheit auf der Baustelle bereits verbessern, lange bevor der erste Spatenstich erfolgt oder die ersten Schweißfunken durch die Luft sprühen. Wie Bennington erläutert, stellen von Drohnen erhobene Daten und Bilder sowohl bei der Ausarbeitung von Logistikplänen für Baustellen als auch bei der Einweisung neuer Bauarbeiter in bestehende Sicherheitsprotokolle ein wichtiges Hilfsmittel dar. Statt mit dem Finger auf eine banale, wenig aufschlussreiche Karte zu zeigen, könne er Mitarbeitern anhand äußerst realitätsgetreuer, detaillierter 3D-Abbildungen mit einem Projekt vertraut machen.

Doch auch für Nivelliermessungen und die Bestimmung bestehender Geländekonturen greift das Team von PCL auf Drohnen zurück. So lässt sich sowohl Oberflächenabfluss vorbeugen als auch ausreichend Freiraum für vorhandene Versorgungsleitungen und -anlagen einplanen. Der wohl offenkundigste Vorteil in Sachen Sicherheit besteht jedoch darin, dass Bauarbeiter keine unfertigen Strukturen erklimmen müssen, um Qualitätsprüfungen durchzuführen. „Stürze sind die häufigste Unfallursache auf Baustellen“, so McFall. „Der Einsatz von Drohnen vermeidet dieses unnötige Risiko und bietet eine simple und kosteneffiziente Möglichkeit, die Sicherheit von Teams im Außendienst zu gewährleisten.“

Ein logischer nächster Schritt besteht in der physischen Interaktion zwischen Drohnen und Strukturen – bereits heute übernehmen die fliegenden Helfer das Enteisen von Windkraftanlagen. Für Bauunternehmen und auf Drohnendaten spezialisierte Firmen besteht das drängendste Anliegen zurzeit jedoch darin, Datenerhebung und Arbeitsabwicklung möglichst sinnvoll aufeinander abzustimmen.

„Der Einsatz von Drohnen bietet eine simple und kosteneffiziente Möglichkeit, die Sicherheit von Teams im Außendienst zu gewährleisten.“
– Hugh McFall, Leiter für Produktmarketing bei 3DR

Die beste Möglichkeit, einen noch größeren Nutzen aus Drohnen zu ziehen, sieht McFall in der Entwicklung zusätzlicher Automatisierungsschritte. Aus dieser Überlegung heraus entstand das Konzept der „Drohne in der Box“: Zu einer festgelegten Zeit öffnet sich ein Behälter, eine darin enthaltene Drohne fliegt eine vorprogrammierte Flugroute ab und übermittelt währenddessen Daten an eine zentrale Verarbeitungsanlage, bevor sie wieder landet und automatisch über Solarzellen aufgeladen wird – alles völlig ohne menschliche Hilfe. „Das ist das Maß an Automatisierung, das wir anstreben“, erklärt McFall. Noch steht diesem Vorhaben vielerorts die herrschende Gesetzeslage entgegen: Sowohl in den USA als auch in Deutschland dürfen unbemannte Flugobjekte ausschließlich in Sichtweite eines Piloten betrieben werden.

Unterdessen geht Mildworth seinerseits der Frage nach, inwiefern maschinelles Lernen Vorteile in Zusammenhang mit drohnenbasierter Überwachungstechnik bieten könnte. „Ich glaube, der nächste Schritt besteht darin, den gesamten Prozess noch stärker zu automatisieren, sodass die Analyse auf künstlicher Intelligenz basiert“, meint er. In einem solchen Szenario würden maschinelle Lernprotokolle eine Reihe von Empfehlungen und Prioritätseinstufungen in Bezug auf Probleme erstellen, die auf der Baustelle gelöst werden müssten. Die Protokolle wären in der Lage, aus vergangenen Projekten zu lernen und die gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen zukünftiger Aufträge anzuwenden. So könnten Drohnen Projektteams zum Beispiel darüber in Kenntnis setzen, wenn eine wichtige Frist abzulaufen droht, Berechnungen auf der Baustelle nicht den Angaben entsprechen oder Bauarbeiter keine Schutzhelme tragen.

„Wir sind auf dem besten Weg in eine Zukunft, in der man eine Drohne einfach abheben lässt und sich die Daten nicht einmal ansehen muss“, meint Winn. „Stattdessen wird man vermutlich einfach über erforderliche Maßnahmen informiert.“

Keine Frage: Die Welt der Drohnendaten durchläuft einen radikalen Umbruch. Was in Winns Zukunftsvision anklingt, ist kein Endprodukt in Form von Karten oder Bildaufnahmen – diese werden lediglich einen Teil eines größeren Ganzen ausmachen. Das Ergebnis wird vielmehr in einer Reihe von Kernpunkten und Fragen bestehen, auf die der Benutzer aufmerksam gemacht wird. „Daten sind ein nützliches Hilfsmittel“, so Winn. „Noch nützlicher wären sie jedoch, wenn sie von Computern nicht nur verarbeitet, sondern auch interpretiert und verstanden werden könnten.“