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Bosch macht seine Fabriken in vier Schritten fit für die Zukunft

Bosch bringt das menschliche Element zurück in die Fließbandproduktion. Mit freundlicher Genehmigung von Bosch.

Im Laufe der Zeit hat sich die Fertigungsindustrie neu erfunden.

Das ist zum Überleben auch notwendig – gerade bei einem seit 130 Jahren bestehenden Traditionshersteller wie Bosch, der einer der wichtigsten Automobilzulieferer ist. Zu diesem Zweck setzt man im Bosch-Werk im französischen Mondeville, das wichtige Produktionsabläufe im Bereich Autoelektronik beherbergt, zur Produktivitätssteigerung in allen Fertigungsstätten auf digitale Tools und vernetzte Systeme.

Bei der Schaffung einer zukunftsfähigen Produktion geht es jedoch um weit mehr als bloße Weiterentwicklung, um wettbewerbsfähig zu bleiben: Aktuelle Herausforderungen wie hohe Energie- und Arbeitskosten müssen angegangen werden, ohne Fortschritt und Beständigkeit aus den Augen zu verlieren. Lesen Sie nun, in welchen vier Schritten Bosch seine Fabrik in Mondeville fit für die Zukunft gemacht hat.

Das Werk in Mondeville. Mit freundlicher Genehmigung von Bosch.

1. Umsetzen der digitalen Transformation zugunsten von Diversifikation

„Wir sind schrittweise von der Massenproduktion zur automatisierten Fertigung innovativer Produkte übergegangen“, sagt Théophile Guettier, Projektmanager für 3D-Design in Bosch Mondeville. Der ursprünglich auf die Herstellung von Autoelektronik ausgerichtete Standort durchlief eine digitale Transformation. So wurden die Voraussetzungen geschaffen, um Firmen zu unterstützen, die in Rekordzeit kleinere und mittlere Produktionsabläufe automatisieren wollen.

„Der Einsatz bestimmter Softwareprogramme in der Fertigung hat alles verändert“, meint Pierre Bagnon, Leiter der Electronic Manufacturing Services (EMS). „Die Programme versetzten uns in die Lage, das Know-how unserer Arbeiter zu reproduzieren und zugleich die Kenntnisse aller Beteiligten zu erweitern.“

Inzwischen setzt Bosch Mondeville sein Know-how im Bereich Autoelektronik auch in bestimmten anderen Nischenmärkten ein – etwa bei der Herstellung aktiver Phased-Array-Antennen für das Unternehmen Sigfox, das Funkkonnektivität für das Internet der Dinge anbietet, sowie bei der Produktion exzellenter Hi-Fi-Lautsprecher für Devialet.

Im Werk Mondeville setzt man auf das Konzept „Fertigung als Dienstleistung“ und verfolgt so das Ziel, dem Devialet-Produktionssystem Stärke und Nachhaltigkeit zu verleihen. Diese Zusammenarbeit, die Präzisionsfertigung mit Hochleistungsmaterialien erfordert, markiert einen Wendepunkt für den Standort Mondeville (Gewinner des von L’Usine Nouvelle, einem französischen Wochenmagazin für Business und Technologie, verliehenen Preises „Fabrik des Jahres 2017“).

Bosch client management
Entwickler und Vertriebsmitarbeiter werden anhand der Anliegen bestimmten Kunden zugewiesen. Mit freundlicher Genehmigung von Bosch.

2. Stärken der Zusammenarbeit zwischen Menschen und digitalen Technologien

Die digitale Technologie, die Bosch früher vorwiegend zu Forschungszwecken einsetzte, hat nun Einzug in die Werkhallen gehalten, wo dutzende Angestellte in kleinen Produktionsabläufen Produkte fertigen. „Es mag seltsam scheinen, aber dank der digitalen Technologien haben wir wieder mehr Handarbeit“, sagt Bagnon.

Obwohl die Zahl der Bediener pro Werkstatt durch die Automatisierung abnahm, hat die digitale Technologie das menschliche Element in die Fließbandproduktion zurückgebracht. Konkret gelangt ein Produkt erst in die Hände des Bedieners, nachdem es durch seinen RFID-Chip identifiziert wurde. Sobald die Editierstation vernetzt ist, erscheinen die Fließbandreihen auf einem Bildschirm. Lichtleiter erleichtern dem Bediener die korrekte Platzierung der Teile in der richtigen Reihenfolge; dies ermöglicht eine manuelle Montage, bei der sich das Fehlerrisiko auf ein möglichst geringes Niveau reduzieren lässt.

„Sicher haben die Bediener einen Blick fürs Detail, aber zusätzlich wird der Produktionsablauf auch elektronisch überwacht“, erklärt Bagnon. „Sensoren auf der Montagebank kommunizieren per Ultraschall mit dem System. Wird beispielsweise ein Teil in der falschen Reihenfolge montiert, erscheint auf dem Bildschirm eine Fehlermeldung zur Warnung des betreffenden Bedieners.“

Derzeit arbeiten über 600 Angestellte in diesem neuen digitalen Arbeitsumfeld. „Unsere Aktivitäten wachsen weiter konstant“, meint Bagnon. „Viele unserer Kunden können ihre Produktpalette erweitern und auch bei Kleinserien einen qualitativ hohen Produktionsablauf beibehalten.“

3. Enge Kooperation mit den Kunden von Anfang an

„Die Kleinserienfertigung mit hohem Innovationsgrad bietet uns die Möglichkeit, unser Serviceangebot zu erweitern“, sagt Bagnon über das Werk in Mondeville, wobei er unterstreicht, dass Software-Tools wie Autodesk Fusion 360 und Meshmixer hierfür von entscheidender Bedeutung waren. „Von Anfang an war es uns möglich, neue Produktionsabläufe aufgrund früherer Einstellungen in kurzer Zeit und ohne großen Aufwand zu automatisieren.“

Die Ingenieur- und Produktentwicklungsteams von Bosch haben gemeinsam mit den Betreibern der Anlage eine Produktionsoptimierung durchgeführt. So wurden Konzepte für vorausschauende Instandhaltung und andere smarte Tools zur Unterstützung der Arbeiter eingeführt, darunter die Bosch APAS Produktionsassistenten, vernetzte Behälter für Bulk-Komponenten und Ähnliches mehr. „Wir mussten rasch auf neue Kunden eingehen, die zuvor noch nicht mit Bosch zusammengearbeitet hatten“, berichtet Bagnon. „Durch die Unterstützung aller beteiligten Stellen unseres Werks haben wir unser neues Büro eigens für diese Art von Kooperation aufgebaut.“

Bosch stellte neue Entwickler und Vertriebsmitarbeiter ein, um die Bosch- Organisationsstruktur den Kundenbedürfnissen anzupassen. Durch die Umstrukturierung des Produktionsstandorts haben sich die Teams von Bosch Mondeville in der Entwurfs- und Gestaltungsphase vorrangig auf diese neuen Kundenbeziehungen konzentriert. Die Bosch-Teams tauschen mit den Kunden Informationen über die jeweiligen Produktionseinschränkungen aus und schaffen so die Voraussetzungen für mehr Produktivität. Jetzt kann Bosch in Mondeville sowohl große Mengen als auch stark an den Kundenwünschen orientierte Kleinserien produzieren.

Bosch APAS collaborative robot
Die APAS Produktionsassistenten von Bosch tragen zur Verbesserung der Produktion bei. Mit freundlicher Genehmigung von Bosch.

4. Einbindung von fortgeschrittenen Produktionstechniken in ein Startup-Umfeld

Die Eingliederung einer „FabLab“-ähnlichen digitalen Werkstatteinheit in die Produktion hat Bosch die Flexibilität verliehen, die zur Zusammenarbeit mit einem erweiterten Kundenkreis nötig ist. Die digitale Werkstatteinheit funktioniert genau wie ein Startup-Unternehmen, in dem sowohl Bosch-Angestellte als auch externe Kunden wie Safran, Zodiac Aerospace und Agrial kooperieren.

Dieser Ansatz erlaubt es Bosch Mondeville nicht nur, neue Produkte zu entwickeln, die auf dem vorhandenen Katalog basieren, sondern auch schneller auf dringende Anfragen zu reagieren und neue Teile herzustellen, die zunehmend technisiert und innovativ sind.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Boschs Expertise auf dem Gebiet des 3D-Drucks hat die Umsetzung eines Projekts zur Fertigung individueller Schienen für die Medizinindustrie begünstigt. „Für dieses Projekt benötigten wir eine Software, mit der wir wie Bildhauer arbeiten konnten, und Meshmixer bietet die Möglichkeit, organische Formen umzusetzen“, erläutert Bagnon. „Anhand von medizinischen Aufnahmen können wir mit dieser Lösung ein Produkt entwerfen, das dem Körper des Patienten vollständig angepasst ist.“

Bosch strebt gemeinsam mit Devialet nach Exzellenz

Devialet ist ein 2007 gegründetes Startup-Unternehmen für Soundsysteme mit Sitz in Paris. Die Originaltechnologie der Firma, Analog Digital Hybrid (ADH), ist eine patentierte Audioverstärker-Erfindung, die zur Schließung der Lücke zwischen analoger und digitaler Soundtechnologie beigetragen hat und eine Klangqualität ohne Entstellung, Sättigung oder Rauschen gewährleistet.

2010 präsentierte Devialet eine Hi-Fi-Verstärker-Serie und stellte Anfang des Jahres 2015, nach erfolgreichem Downsizing seiner Technologie, die kompakten Phantom-Boxen vor, die für eine ultradichte physische Klangwirkung entworfen wurden.

Im Bestreben sein Produkt effektiver zu vertreiben, hat Devialet die Entwicklung und Produktion der Phantom-Boxen vorangebracht, die seit Dezember 2015 in den Apple Stores erhältlich sind. Um die Herausforderungen der Massenfertigung zu meistern, ist Devialet im Jahr 2016 für die Herstellung der Phantom-Boxen eine Kooperation mit dem Bosch-Werk Mondeville eingegangen.

Über den Autor

Maxime Thomas ist ein französischer Fachjournalist im Bereich Radio. Zu seinen Lieblingsthemen zählen die digitale Transformation und ihre direkten Auswirkungen auf Wirtschaft und Handel.

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