Implantat für Implantat rückt 3D-gedrucktes Titan in die Welt der Medizin vor
In Filmen wie „Terminator“, „Nemesis“ und „American Cyborg“ waren außerirdische Roboter, deren Gliedmaßen, Schädel und sogar ein Gehirn sich nach Verletzungen selbst regenerieren konnten, keine Seltenheit. Diese Science-Fiction-Figuren regenerierten ihre Körper, ohne darüber nachzudenken. Dreißig Jahre nach der Premiere des ersten „Terminator“-Films scheint diese Science-Fiction nun zur menschlichen Wirklichkeit zu werden.
Dank 3D-gedrucktem Titan sind kybernetische chirurgische Implantate, die wie Erfindungen aus den „Terminator“-Filmen anmuten, jetzt Realität. Sowohl in der biomedizinischen Technik als auch im medizinischen 3D-Druck werden laufend rasante technologische Fortschritte erzielt, die bereits zur Korrektur von vererbten und erworbenen Missbildungen an den empfindlichsten Bereichen des Körpers eingesetzt werden: an Schädel, inneren Organen, Knochen und Sehnen. Rückenwirbel, Schädel– und Kieferknochen sowie Hüftknochen, Schienbein- und Oberschenkelknochen wurden alle schon einmal mit Implantaten aus additiver Fertigung ersetzt.
Novax DMA in Buenos Aires und CEIT Biomedical Engineering im slowakischen Bratislava zählen zu den Innovatoren im Bereich biomedizinische Technik. Als relativ junges Unternehmen konzentriert sich CEIT Biomedical Engineering – wie auch die 3D-Abteilung von Novax – auf maßgefertigte chirurgische Implantate aus 3D-gedrucktem Titan. Obwohl Novax seit 1993 am Markt ist, arbeitet man dort erst in den letzten Jahren mit 3D-Druck aus Titan.
„Dass wir Implantate jetzt nicht nur entwerfen, sondern direkt drucken können, eröffnet uns viele Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile“, sagt Dr. Daniel Fiz, Gründer von Novax DMA. „Bisher haben wir additive Technologie nur im Planungsprozess eingesetzt, wo sie sich als sehr nützlich erwies. Aber wir waren nicht in der Lage, das endgültige Produkt für den Patienten herzustellen. Ich bin mir sicher, dass herkömmliche Maschinen bei Implantat-Herstellern wie uns in absehbarer Zeit durch 3D-Drucker mit Titan ersetzt werden.“
Dr. Radovan Hudak, Mitinhaber von CEIT Biomedical Engineering, stimmt dem zu: „Subtraktive Verfahren mit CNC-Maschinen sind sehr kompliziert in der Anwendung und es ist unmöglich, mit herkömmlichen Fräsmaschinen so dünne Wände zu erzeugen, wie sie zur Herstellung von porösen Strukturen in verschiedenen Formen benötigt werden. Mit additiver Fertigung hingegen lassen sich völlig freie Formen und Oberflächen erzeugen.“
Da die Osseointegration (Einheilung) ein besonders schwieriger Bereich der medizinischen Implantat-Technologie ist, sind diese porösen Strukturen der Schlüssel zum Erfolg. Knochen sind unterschiedlich gestaltet und haben abhängig von ihrer Gewichtsbelastung eine unterschiedliche Dichte. Deshalb stellte die Fertigung von Implantaten, die vom Körper akzeptiert und integriert werden, bislang eine erhebliche Hürde dar.
„Unsere Knochen haben von Natur aus an belasteten und unbelasteten Stellen eine unterschiedliche Porosität“, sagt Fiz. „Biochemische Prozesse sorgen dafür, dass Knochenzellen je nach Bedarf in unterschiedlichen Bereichen des Körpers die Material- und Mineraldichte im Knochengewebe anpassen. Meiner Meinung nach gibt es nur zwei Möglichkeiten, Implantate zu gestalten, deren poröse Struktur die Osseointegration begünstigt. Eine davon wäre, mit Methoden wie Plasmaspritzverfahren oder Beschichtung eine poröse Oberfläche auf das Implantat aufzubringen, eine andere, Autodesk Within Medical zu verwenden.“
Weiter erklärt er: „Mithilfe dieser Software ist es uns möglich, die Porosität von Knochenimplantaten genau zu bestimmen und quasi beliebig komplexe Formen zu erzeugen. Es war sehr schwierig, mit herkömmlichen Beschichtungsmethoden die Porosität zu steuern, und die Poren miteinander zu verbinden, war eine echte Herausforderung. Jetzt können wir poröse Vernetzungen schaffen, die Abmessungen jeder einzelnen Pore bestimmen und die Porendichte in verschiedenen Teilen des Implantats festlegen. Das bedeutet, dass wir ein Implantat anfertigen können, das dem echten Organ sehr viel ähnlicher ist.“
Wie Fiz können auch Hudak und sein Team Gitterstrukturen entwickeln, die leichter sind, für eine bessere Osseointegration sorgen und eine höhere Lebensdauer haben als andere Implantate. „Bis vor drei Jahren war die Herstellung von unterschiedlich geformten Implantaten noch hoch kompliziert – jetzt geht es nicht mehr darum, ob wir eine Form anfertigen können, sondern wie schnell wir unsere Produktion ausweiten können“, sagt Hudak.
Zu den beeindruckendsten Erfolgen von CEIT Biomedical Engineering zählt ein Implantat bei einem Patienten, dessen Schädel nach einem verheerenden Sturz zu 34 Prozent beschädigt war. Nachdem es anhand der medizinischen Scans des Patienten ein 3D-Modell erzeugt hatte, fertigte das Team im 3D-Druck aus einer Titanlegierung ein Implantat, welches von Chirurgen mit 21 Schrauben am Schädel des Patienten fixiert wurde. Nach neun Jahren im Rollstuhl zeigte der Patient innerhalb von drei Monaten deutliche Verbesserungen sowohl in der Kommunikation als auch der Mobilität. Mittlerweile lebt er ein völlig unabhängiges Leben. Einen weiteren Erfolg hatte das Team mit einem Implantat (siehe Abb.), mit dem zu 86 Prozent beschädigtes Gesichtsknochengewebe ersetzt wurde.
Und Novax ersetzte bei einem Patienten mit einem seltenen Osteochondrom drei Rückenwirbel. „Die Operation war äußerst erfolgreich“, sagt Fiz. „Die aus Kunststoff gedruckten Prototypen, die Computersimulationen und das Implantat-Design waren perfekt.“
Der Einsatz des 3D-Drucks in der Medizin hat bereits eine Vielzahl von lebensrettenden und lebensverbessernden Implantaten möglich gemacht. So hat ein Chirurgenteam in Brasilien einer 23-jährigen Frau nach einem schweren Schädelbruch 3D-gedruckte Titanplatten implantiert. Ein 64-jähriger Krebspatient erhielt einen 3D-gedruckten Kiefer, und in Spanien bekam ein Krebspatient ein Brustkorbimplantat aus Titan.
Wie wird die Entwicklung in den Bereichen additive Fertigung, biomedizinische Technik und medizinische Implantate weitergehen? „Ich bin überzeugt, dass unsere Branche im nächsten Schritt das Konzept des 4D-Drucks aufgreift“, erklärt Fiz. „Damit können wir einen minimal-invasiven Ansatz verfolgen, bei dem vereinfachte geometrische Formen implantiert werden, die am Bestimmungsort durch Reize veranlasst werden, sich in ihre endgültige komplexe Struktur auszuformen. Langfristig sehe ich Implantate, die ihre Form an die mechanischen Anforderungen des Körpers anpassen können.“
Und Hudak sagt: „Es werden ständig neue Werkstoffe, Techniken und Maschinen entwickelt, die die Welt in einem rasantem Tempo verändern. Im Bereich der Entwicklung innovativer medizinischer Implantate ist dies eine wirklich aufregende Zeit.“